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# taz.de -- Drogenszene in Berlin: Der nächste Drogen-Hotspot
> Der Nelly-Sachs-Park in Schöneberg wirkt wie eine Idylle. Für die
> Anwohner ist er eine tickende Zeitbombe, bedingt durch Drogenhandel und
> Konsum.
Bild: Der Nelly-Sachs Park von seiner schönen Seite. Die andere scheut Fotogra…
Berlin taz | Wo früher eine zerschlissene Matratze lag, liegen jetzt drei.
Drumherum Essensreste, Erbrochenes, in einer Ecke Kot. Notlager wie das in
der Potsdamer Straße gibt es in Berlin viele, und sie werden immer mehr.
Abgemagerte Menschen mit offenen Wunden, die vor aller Augen auf einer
Alufolie erhitzte, undefinierbare Stoffe inhalieren, vegetieren dort
sprichwörtlich vor sich hin.
Bislang waren die Hotspots zumeist auf Wrangelkiez, Kottbusser Tor,
[1][Leopoldplatz] und Neukölln, entlang der U-Bahnlinie U 8 konzentriert.
Jetzt gibt es sie auch in Schöneberg. Im Nelly-Sachs-Park am Bülowbogen und
dem angrenzenden Wohngebiet spitzt sich die Lage seit gut einem halben Jahr
immer mehr zu. Am Dienstag machte die Anwohnerschaft ihrem Ärger über die
Zustände Luft.
Oliver Schworck (SPD), Jugend- und Gesundheitsstadtrat von
Tempelhof-Schöneberg, hatte zu dem Erfahrungsaustausch eingeladen.
Mitgebracht hatte er Vertreter von Polizei und Ordnungsamt, die
Landesdrogenbeauftragte, Parkläufer und Drogennotdienst. „Wir werden
versuchen, die Belastungen zu reduzieren“, versprach Schworck. Aber eine
grundsätzliche Lösung des Problems sehe er nicht. Dazu gebe es in Berlin zu
viele obdachlose, süchtige Menschen. Der Stadtrat, noch deutlicher werdend:
„Ja, ich gebe es zu. Sie werden immer mehr.“
## Zwischen Leben und Tod
Für Außenstehende wirkt der neben dem Gleisdreieckpark gelegene
Nelly-Sachs-Park mit einem Teich und Kinderspielplatz fast idyllisch. Von
einer tickenden Zeitbombe sprechen dagegen Anwohner. Das Thema polarisiert,
die Stühle im Saal der evangelischen Luthergemeinde am Bülowbogen reichten
am Dienstag kaum aus.
Drogenhandel und Konsum erfolge in aller Öffentlichkeit. Auch in der
angrenzenden Blumenthalstraße lägen die Konsumenten in den Türen. „Sie
schaffen es nicht mal mehr in den Park.“ Menschen, die aussähen, als seien
sie „in einer Zone zwischen Leben und Tod“.
Ein Mieter und eine Mieterin aus der Blumenthalstraße 14 berichteten, in
ihrem Wohnhaus werde aus einer Wohnung heraus mit Drogen gedealt. Der
Polizei sei das bekannt. Diverse Anzeigen hätten Anwohner gestellt, über
100 Beweisfotos lägen vor. Längst hätte diese Drogenumschlagswohnung
geschlossen werden müssen.
„Warum sitzt der Mann nicht längst im Knast“, so ein Zwischenruf, der mit
Applaus bedacht wurde. Wildfremde hielten sich stundenlang im Hausflur auf,
erzählte der Mieter, der sich als Sonderpädagoge outet. Eigentlich habe er
ein Herz für Menschen, aber er fühlte sich in seinem eigenen Haus nicht
mehr sicher.
## Keine Auskunft zu Ermittlungen
Die Polizei sei dankbar für alle Hinweise, aber zu laufenden Ermittlungen
dürfe sie sich nicht äußern, antwortete eine Beamtin. Auch sie bestätigte,
was keiner im Raum bestreitet: „Auch wir haben festgestellt, dass sich
viele Konsumenten hier niederlassen, das zieht sich bis zur
Kurfürstenstraße und Frobenstraße.“
Der Kiez ist bekannt für eine alteingesessene Straßenprostitution. Auf die
Belastungen, die für die Anwohnerschaft damit einhergehen, hatte Schworck
eingangs angespielt, als er sagte: „Danke, dass der Kiez auch mit Vielfalt
umgehen kann.“ Aber die Toleranz hatte an diesem Dienstag ihre Grenzen.
Nicht nur die Drogengeschäfte in der Blumenthalstraße 14 waren Thema, auch
die öffentliche Wall-Toilette am Eingang des Nelly-Sachs-Parks. Längst
werde diese nicht mehr als Toilette, sondern als Druckraum, Schlafstätte
und zum Wäschewaschen genutzt, hieß es. Verdreckt und verkotet sei sie, zu
bedauern seien die Reinigungskräfte.
Warum die Toilette nicht längst geschlossen sei? Das sei sie, aber sie
werde immer wieder aufgebrochen, antwortete eine Mitarbeiterin des
Grünflächenamts. Warum die Toilette dann nicht einfach abgerissen werde,
fragte jemand. Oder besser noch, warum der Park nicht bewacht werde? „Klar,
wäre das eine Lösung, eine Toilette bewachen zu lassen“, gab Schworck
zurück. Aber er habe noch nicht mal genug Personal, um eine
Jugendfreizeiteinrichtung im Bezirk einzurichten.
## Vertreibung ist keine Lösung
Auch in der Yorckstraße, nicht weit weg vom Nelly-Sachs-Park, gebe es eine
Drogenszene. Die dortige Toilette sei deshalb geschlossen worden. „Lokale
Probleme lassen sich so vielleicht reduzieren, aber sie verschwinden
nicht“, erklärte Schworck. Seit neun Jahren suche er in Schöneberg einen
Drogenkonsumraum. Vergebens.
Die Landesdrogenbeaufragte Heidi Mutter wies darauf hin, dass es in ganz
Berlin überhaupt [2][nur fünf Konsumräume] gibt. „Wir hätten gerne mehr,
aber wir finden keine Räume.“ Sehr komplex sei das alles, sagte Mutter. „Es
gibt diese Drogenabhängigen, sie sind in der Stadt. Vertreibung ist keine
Lösung. Wo dürfen sie eigentlich sein, im innerstädtischen Raum?“
Eine von vielen Fragen, die an diesem Abend offenbleiben. Im Januar will
man sich wieder treffen. Die Beleuchtung des Parks, die immer wieder
ausfällt, wird bis dahin hoffentlich repariert sein. Auch für die
Fortführung des Parkläuferprojekts, das Ende 2025 ausläuft, macht sich der
Bezirk stark.
[3][Das Projekt steht auf der Kippe]. Im Haushaltsansatz für 2026/27 hatte
Umweltsenatorin Ute Bonde (CDU) den Posten für die Parkbetreuung in Berlin
von 6 Millionen Euro auf null gesetzt. Dieses Geld verwenden die Bezirke
unter anderem für die Parkläufer. In den kommenden Tagen soll das
Abgeordnetenhaus entscheiden, ob es weitergeht. Auch im Nelly-Sachs-Park.
12 Nov 2025
## LINKS
[1] /Wie-geht-es-weiter-am-Leopoldplatz/!6091177
[2] /Offene-Drogenszene-in-Berlin/!5946659
[3] /Parkmanagement-in-Berlin/!6107685
## AUTOREN
Plutonia Plarre
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