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# taz.de -- Wehrdienstdebattte im Bundestag: Pistorius zeigt sich gesprächsber…
> SPD und Union verkünden im Bundestag, nochmal miteinander reden zu
> wollen. Grüne kritisieren, dass niemand wisse, wie es weitergeht. Linke
> bezweifeln Bedarf.
Bild: Zeigt sich gesprächsbereit: Boris Pistorius, Bundesminister der Verteidi…
Berlin afp/dpa/taz | Im Koalitionsstreit um seine Wehrdienst-Pläne hat sich
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gesprächsbereit gezeigt.
Über mögliche Änderungen könne nun im parlamentarischen Verfahren
diskutiert werden, sagte Pistorius bei der ersten Lesung seines
Gesetzesentwurfs im Bundestag. Er bekräftigte dabei, dass er ab 2027 die
Musterung ganzer Jahrgänge für nötig hält: „Wir müssen wissen, wer unser
Land im Spannungs- und Verteidigungsfall mit welchen Qualifikationen
verteidigen kann.“
Am Dienstag war ein im Parlament ausgehandelter Kompromissvorschlag zu
Änderungen an dem Gesetzentwurf [1][in letzter Minute gestoppt worden].
Pistorius hatte in der SPD-Fraktion dazu „erhebliche Bedenken“ geäußert.
Dem Minister zufolge war ein Hauptgrund für seinen Widerstand die fehlende
flächendeckende Musterung, die nach seinen Plänen ab Mitte 2027 kommen
soll.
[2][Die Diskussion der vergangenen Tage] habe gezeigt, dass es
unterschiedliche Vorstellungen bei der Wehrdienst-Frage gebe, sagte
Pistorius. Er sei „offen dafür“, darüber im parlamentarischen Verfahren zu
sprechen. Der SPD-Minister begrüßte ausdrücklich die Diskussion der
vergangenen Tage: „Alles weniger als eine leidenschaftliche, offene, auch
hitzige Debatte über eine solche Frage wäre für mich eine Enttäuschung
gewesen“, sagte er.
Die Bundeswehr benötigt bis 2035 nach Nato-Vorgaben rund 80.000 zusätzliche
Soldaten und deutlich mehr aktive Reservisten. Pistorius will dafür ab dem
kommenden Jahr einen neuen freiwilligen Wehrdienst schaffen. Im ersten Jahr
ist die Teilnahme an der Musterung noch freiwillig, ab Juli 2027 würde sie
für alle 18-Jährigen verpflichtend. Der Gesetzentwurf sieht auch vor, zu
einer Wehrpflicht umzuschwenken, wenn sich nicht genügend Freiwillige
melden, nennt dafür aber keine konkreten Zielvorgaben.
Der Union reicht dies aber nicht aus. Sie fordert feste Rekrutierungsziele
und einen Automatismus, um zur Wehrpflicht zurückzukehren, sollten diese
Ziele nicht erreicht werden.
## Röttgen: Gleiche Chance, gleiches Risiko
Unionsfraktionsvize Norbert Röttgen (CDU), der an der Erarbeitung des
Los-Vorschlags beteiligt war, verteidigte diesen. Wenn es die militärische
Aufgabe sei, aus einem Jahrgang mit mehreren 100.000 Männern für den
militärisch notwendigen Bedarf einige 10.000 zu ermitteln, stelle sich die
Frage der Wehrgerechtigkeit, die der Bundestag beantworten müsse. Diese
Frage sei im Gesetzentwurf bisher nicht beantwortet. „Nach dem
Zufallsverfahren trifft jeden Mann die gleiche Chance, das gleiche Risiko“,
sagte er. In dieser Gleichheit liege die Fairness. Man sei aber offen für
andere Vorschläge, betonte auch Röttgen.
Die SPD-Verteidigungspolitikerin Siemtje Möller, die ebenfalls an den
Alternativvorschlägen zu Pistorius' Gesetzentwurf beteiligt war, sagte, man
werde eine für alle Seiten tragfähige Lösung finden.
## Opposition spricht von Schlamassel
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sprach von einem Schlamassel.
„Keiner weiß, wie es jetzt weitergeht“, sagte sie.
Die Linken-Abgeordnete Desiree Becker kritisierte die Bundesregierung: „Sie
schüren Angst und Unsicherheit bei den jungen Menschen.“ Sie stellte in
Zweifel, dass die Bundeswehr wirklich 80.000 zusätzliche Soldaten brauche.
Die AfD kritisierte die Pläne ebenfalls. Die Partei ist allerdings selbst
gerade unentschieden: Sie ist laut ihrem Grundsatzprogramm eigentlich für
eine Wiedereinsetzung der Wehrpflicht, fordert das aber aktuell nicht
offensiv ein, da es vor allem in den eigenen ostdeutschen Landesverbänden
Widerstand dagegen gibt.
## Merz wiederholt sich
Bundeskanzler Friedrich Merz wiederholte am Morgen in einer
Regierungserklärung im Bundestag, man wolle die Bundeswehr zur „stärksten
konventionellen Armee in der Europäischen Union machen“ und fügte hinzu:
„Uns leitet dabei ein klarer Grundsatz: Wir wollen uns verteidigen können,
damit wir uns nicht verteidigen müssen.“
Die strittigen Fragen im Gesetzentwurf sollen nun im üblichen
parlamentarischen Verfahren geklärt werden. Wie bei jedem
Gesetzgebungsverfahren sind Expertenanhörungen und weitere
Ausschussberatungen geplant, bis der Bundestag am Ende über einen
voraussichtlich geänderten Gesetzentwurf abstimmt. Anschließend ist noch
der Bundesrat am Zug. Erklärtes Ziel ist weiterhin, dass das
Wehrdienstgesetz zum 1. Januar in Kraft tritt.
16 Oct 2025
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