| # taz.de -- Augenzeugenbericht Flüchtlingsrettung: „Einen Tag länger und wi… | |
| > Unter schwierigen Bedingungen rettet SOS Humanity im Mittelmeer ein in | |
| > Not geratenes Boot mit Menschen auf der Flucht. Nicht alle haben | |
| > überlebt. | |
| Bild: Ein Zelt des Roten Kreuz in Lampedusa, Archivaufnahme vom 14. August | |
| An Bord mit SOS Humanity taz | Es war am Nachmittag des 3. Oktober, als die | |
| Crew der Humanity 1, das Rettungsschiff von [1][SOS Humanity], etwa 60 | |
| Seemeilen südlich von Lampedusa ein Boot in Seenot erspähte. Die umgehend | |
| eingeleitete Rettung gestaltete sich äußerst schwierig: Wellengang von bis | |
| zu drei Metern Höhe trieb das nicht seetüchtige Gummiboot immer wieder ab. | |
| Verängstigt von den hohen Wellen, gerieten einige der sichtlich | |
| entkräfteten Passagiere in Panik. Mindestens einer von ihnen ging über | |
| Bord. Die Einsatzkräfte konnten ihn nicht mehr retten. | |
| Die restlichen 41 Personen, darunter zwei Frauen, ein Kleinkind und acht | |
| unbegleitete Minderjährige, wurden erfolgreich geborgen. Die Mehrzahl von | |
| ihnen stammt aus Sudan, insbesondere der [2][Region Darfur, wo seit April | |
| 2023 Krieg herrscht] und es seither immer wieder zu genozidalen Morden an | |
| Angehörigen bestimmter ethnischer Gemeinschaften kommt. | |
| Auch andere Menschen aus von Armut und Konflikten geprägten Ländern waren | |
| an Bord, etwa Gambia, Mali und Eritrea. | |
| ## Notruf an Italiens Behörden blieb unbeantwortet | |
| Begonnen hatten die Menschen ihre Überseefahrt laut eigener Aussage am 29. | |
| September in Libyen. Gegenüber der taz berichteten einige von ihnen, am | |
| Morgen der Rettung einen Notruf an die italienischen Behörden abgesetzt zu | |
| haben. Der sei unbeantwortet geblieben. Andere berichteten von mehreren | |
| über Bord gegangenen Personen während der Überfahrt. | |
| Fünf Tage verbrachten sie auf See, ohne Wasser und Nahrung, erzählten sie. | |
| „Einen Tag länger und wir wären alle gestorben!“, sagt einer von ihnen im | |
| Gespräch. Entsprechend verheerend war der Gesundheitszustand der | |
| Geretteten. | |
| Neben schweren Hautverätzungen durch das tagelange Verharren im mit | |
| Meerwasser-Benzin-Gemisch gefüllten Boot litten sie an starken | |
| Unterkühlungen und Dehydrierungen. Mehrere Personen kollabierten nach der | |
| Bergung. | |
| Ein medizinischer Evakuierungsversuch mithilfe der italienischen | |
| Küstenwache blieb erfolglos, da aufgrund des Wellengangs kein Kontakt | |
| zwischen den beiden Schiffen hergestellt werden konnte. Eine Evakuierung | |
| per Helikopter aus Malta scheiterte ebenso wetterbedingt. | |
| In der Zwischenzeit taten die Rettungskräfte alles, um die Betroffenen zu | |
| stabilisieren. Zwei von ihnen schienen jedoch bereits so entkräftet, dass | |
| alle Maßnahmen erfolglos blieben. Nach stundenlangen Reanimationsversuchen | |
| musste der Arzt an Bord den Tod beider Personen feststellen. | |
| ## Wo dürfen die Geretteten an Land? | |
| Spät in der Nacht unternahm die italienische Küstenwache einen zweiten | |
| Evakuierungsversuch. Diesmal mit Erfolg: Fünf Personen wurden zur | |
| medizinischen Versorgung [3][nach Lampedusa] gebracht. Für weitere | |
| Überlebende, obwohl mehrheitlich in ebenfalls kritischem Zustand, wurde | |
| eine Evakuierung behördlich nicht genehmigt. | |
| Zudem wiesen die italienischen Behörden dem Schiff zunächst einen Hafen in | |
| Bari zu, etwa vier Tage Fahrt vom Rettungsort entfernt. Nach Einspruch der | |
| Crew erhielten sie schließlich Freigabe für einen Hafen in Sizilien. | |
| Am Morgen des 5. Oktober gingen alle Überlebenden in Porto Empedocle von | |
| Bord. 39 Menschen konnten so in Sicherheit gebracht werden. Zwei Menschen | |
| starben, bis zu sieben weitere werden vermisst. | |
| 6 Oct 2025 | |
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| [2] /Krieg-in-Sudan/!6106266 | |
| [3] /Flucht-uebers-Mittelmeer/!6107094 | |
| ## AUTOREN | |
| Saskia Jaschek | |
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