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# taz.de -- Indigene Basketballerinnen aus den USA: Sieben Weltmeisterinnen unt…
> Ein indigenes Team tritt bei der Weltausstellung 1904 als „World Champion
> Girls Basketball Team“ an. Es wird gefeiert – und erfolgreich
> assimiliert.
Minnie Burton, Genie Butch, Genevieve Healy, Belle Johnson, Nettie Wirth,
Emma Sansaver, Katie Snell – außerhalb der USA sind die Namen der sieben
jungen Frauen, die 1904 Basketball-Weltmeisterinnen wurden, kaum bekannt.
Wobei, so ganz stimmt das nicht, denn die Geburtsnamen dieser Spielerinnen
sind auch dort unbekannt.
Die Mädchen traten bei der WM nämlich als Team der [1][„Fort Shaw Indian
School“,] eines der vielen Internate, in denen indigene Kinder zwangsweise
assimiliert wurden. Dazu gehörte, dass sie neue englische Namen bekamen,
unter denen sie fortan bei den Behörden geführt wurden, ihre Sprachen nicht
mehr sprechen und ihre Traditionen nicht mehr pflegen durften.
Die Schulen waren auf die Kultur der Mehrheitsgesellschaft ausgerichtet,
wozu zwangsweise die Christianisierung gehörte. Und die Prügelstrafe, die
in allen Bildungsanstalten wie das Mundauswaschen mit Seife üblich war, war
auch hier Alltag – in vielen Internaten für indigene Kinder kam es zudem zu
schwereren Misshandlungen.
Die Kinder und Jugendlichen wurden dort vormittags in den klassischen
Schulfächern wie Englisch, Rechnen, Geschichte unterrichtet, nachmittags
standen für die Mädchen Fächer wie Kochen, Nähen, Haushaltsführung und
Handarbeiten auf dem Programm. Auf dem Lehrplan für Jungen standen
handwerkliche Unterweisungen, die sie zur Arbeit als Schmiede, Schreiner,
Tischler oder Farmer befähigen sollten.
## Ungerechtes Sportprogramm
Auch Sport zählte zum Programm: Während die Jungen Basketball und Football
spielten und Leichtathletik betrieben, wurde für Mädchen zunächst nur
„Körperkultur“ angeboten. Das änderte sich 1897, als die indigene
Mitarbeiterin Josephine Langley als Indoorsportart während des Winters ein
Basketball-Training im Tanzsaal des Forts ansetzte.
Keines der 1902 etwa 16 bis 18 Jahre alten Mädchen hatte zuvor Basketball
gespielt, aber sie waren nicht ungeübt im Shinney und Double Ball, zwei
indigenen Sportarten. Sie spielten nun wie die Jungen 20 Minuten ohne Pause
auf dem kompletten Feld.
Schnell wurden die sieben späteren Weltmeisterinnen zu den
Stammspielerinnen von Fort Shaw, in der Saison 1902/03 gewannen sie neun
von elf Spielen gegen andere Schulen. Im folgenden Jahr erwies sich das als
hinderlich, denn sie fanden kaum noch Gegnerinnen – und führten ihre
Ballkünste stattdessen in Shows vor, bei denen sie zusätzlich
Mandolinenkonzerte gaben und Gedichte aufsagten.
1904 fand dann die [2][Weltausstellung in St. Louis] statt, bei der nicht
nur neue technische Errungenschaften präsentiert wurden, sondern auch alter
Rassismus: Im Rahmen sogenannter anthropologischer Tage wurden Menschen
ausgestellt, angeblich um die Evolution der Menschheit von „Wilden“ über
„Barbaren“ hin zur „Zivilisation“ zu zeigen.
## Alle Partien gewonnen
Das Team aus Fort Shaw spielte während der Ausstellung Partien gegen Teams
aus dem ganzen Land – und gewann alle. Das schnelle Passspiel, die präzisen
Würfe und die auffällige Disziplin beeindruckten. Im Finale trat man gegen
die favorisierten St. Louis All-Stars an. Fort Shaw gewann deutlich und
wurde anschließend als „World Champion Girls Basketball Team“
ausgezeichnet. Für die indigenen Communities, aus denen die Spielerinnen
stammten, war der Erfolg ambivalent: Einerseits war man stolz darauf, dass
sie die neue Sportart so gut beherrschten, andererseits waren ihre Siege
Teil [3][des Assimilierungskonzepts.]
Danach geriet ihre Geschichte in Vergessenheit, bis sie 2008 im Buch „Full
Court Quest“ von Linda Peavy und Ursula Smith neu erzählt wurde. Die
wirklichen Namen der Spielerinnen konnten auch die Autorinnen nicht mehr
ermitteln.
9 Oct 2025
## LINKS
[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Fort_Shaw_Indian_School_Girls_Basketball_Team
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Louisiana_Purchase_Exposition
[3] /Indigene-in-den-USA/!5854397
## AUTOREN
Elke Wittich
## TAGS
Kolumne Erste Frauen
Basketball
Indigene
American Pie
Sportgeschichte
Schwerpunkt Rassismus
Kolumne Erste Frauen
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