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# taz.de -- Rollstuhlbasketball: In neuen Rollen Richtung Medaille
> Am 10. Oktober startet in Sarajevo die Rollstuhlbasketball-EM. Für die
> deutschen Frauen heißt das, mehr Verantwortung zu übernehmen.
Bild: Die deutschen Rollstuhlbasketball-Frauen bei den Paralympics in Paris 202…
Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Spanien: In dieser Reihenfolge
spielen die deutschen Rollstuhlbasketballerinnen ab dem 10. Oktober in
Sarajevo die Gruppenphase der Europameisterschaft. Bundestrainer Josef
Jaglowski will dabei endlich wieder nach einer Medaille greifen. „Wir sind
bereit, aber uns fehlt die Spielerfahrung“, sagt er.
Seit den Paralympics in Paris hat die Mannschaft nur sechs Spiele
absolviert, je drei gegen Großbritannien und Holland. Diese beiden sind bei
der EM auch die Favoritinnen. Neben der fehlenden Spielerfahrung musste
Jaglowski in der Vorbereitung eine weitere Herausforderung meistern: In den
Vereinen der deutschen Bundesliga haben die Frauen meist eine ganz andere
Rolle als nun in der Nationalmannschaft.
[1][Rollstuhlbasketball] wird hierzulande im Mixed gespielt. Das verstärkt
den inklusiven Charakter der Sportart, bei der behinderte und
nichtbehinderte Menschen zusammenspielen. Doch das geschlechtergemischte
System birgt auch Herausforderungen. „Einige Spielerinnen stellen in ihren
Heimatvereinen hauptsächlich den Block, in der Nationalmannschaft müssen
sie dann viel häufiger werfen“, erklärt der Bundestrainer die
unterschiedlichen Rollen.
Zu Beginn der gemeinsamen Vorbereitung arbeitete Jaglowski sogar mithilfe
einer Sportpsychologin daran, dass sich die Spielerinnen trauen, mehr Würfe
zu nehmen. Mit Erfolg. Im Testspiel gegen EM-Gegner Großbritannien warf die
deutsche Mannschaft rund 60-mal auf den Korb – wenn auch noch nicht mit
zufriedenstellender Trefferquote.
## Punktebonus für die Frauen
Ein Grund, warum Frauen in den Vereinen ganz anders eingesetzt werden, ist
die Klassifizierung. Im Rollstuhlbasketball erhalten alle Spieler je nach
Grad der Beeinträchtigung eine Punktezahl zwischen 1,0 und 4,5, wobei 1,0
der stärksten Beeinträchtigung zugeteilt wird. Maximal 14 Punkte bei
Nationalteams und 14,5 Punkte bei Vereinen dürfen während eines Spiels auf
dem Feld eingesetzt werden.
Im deutschen Ligabetrieb erhalten die Frauen einen Punktabzug von 1,5
Punkten, das heißt, sie werden niedriger klassifiziert. Das soll einen
Anreiz schaffen, sie im Spiel öfter einzusetzen. Doch der Punktebonus
bringt nicht nur Chancen, das weiß auch Nationalspielerin Lena
Knippelmeyer. Als 4,5-Punkte-Spielerin wird sie in der Liga mit 3 Punkten
klassifiziert. „So habe ich immer ein bis zwei Mitspieler um mich herum,
die höhere Punkte haben und mir die Verantwortung abnehmen“, sagt sie.
Anders ist das in Großbritannien, wo es neben einer gemischten Liga auch
drei Ligen nur für Frauen gibt. In der vergangenen Saison hat Knippelmeyer
dort in der Women’s Premier League gespielt, der höchsten Frauenliga. „Hier
spielen Frauen untereinander auf einem sehr hohen Niveau und es hat mir
unglaublich viel gebracht, dort in meiner Punkteklasse verantwortlich zu
sein“, erklärt sie. In England konnte Knippelmeyer viel Selbstbewusstsein
tanken, das sie jetzt mit in die Europameisterschaft nehmen kann.
Bundestrainer Jaglowski glaubt nicht, dass der britische Weg auch in
Deutschland funktionieren würde. „Die Bundesliga dort liegt vom Niveau weit
unter unserer. Top-Vereine hier wie die Thuringia Bulls würden gute
weibliche Spielerinnen wie etwa Marie Kier nicht für eine Frauenliga
abgeben“, sagt er. Jaglowski hofft aber, dass die Vereinstrainer nach der
Europameisterschaft die Qualitäten der Spielerinnen auch im Ligabetrieb
mehr nutzen.
## Große Entfernungen, wenig Förderung
Die einzige Möglichkeit, die Frauen zusätzlich zu fördern, sieht er in der
jährlichen Deutschen Meisterschaft der Damen, bei der die Bundesländer je
ein Team stellen können. Hier sieht Lena Knippelmeyer aber noch
Nachholbedarf, denn 2025 stellten gerade mal sieben Länder ein Team. „Das
muss auf Länderebene mehr gefördert werden“, stellt sie fest.
[2][Auch insgesamt fehlt es ihr in Deutschland an der Förderung für
Rollstuhlbasketball, insbesondere für Frauen.] „In Holland haben sie unter
der Woche ein Stützpunkttraining, bei dem sich alle aus der
Nationalmannschaft treffen“, weiß sie, aber auch: Allein von den
Entfernungen her wäre das in Deutschland schwierig.
Jaglowski, der genau wie seine Co-Trainerin Gesche Schünemann in Nürnberg
lebt, will dort nun regelmäßig Nationaltrainings anbieten, doch ein System
wie in Holland wird es hierzulande wohl nie geben. Daher will sich der
Bundestrainer auch gar nicht mit den amtierenden, neunfachen
Europameisterinnen auf eine Stufe stellen. Er peilt bei der EM einen Platz
im Halbfinale an und will dann in den Kampf um die Medaillen eingreifen.
9 Oct 2025
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## AUTOREN
Nina Probst
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