Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Urteil gegen Bolsonaro: Jair, es ist Zeit zu gehen!
> Brasilien feiert das Urteil gegen den Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro.
> Tausende trafen sich in Rio de Janeiro zu einem außerplanmäßigen
> Karnevalsumzug.
Bild: Nach Verurteilung des Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro: Brasilianer feiern …
Rio de Janeiro taz | Es ist wie eine Mischung aus Fußballstadion und
Karneval: Bier fließt in Strömen, Trommeln dröhnen, Posaunen klingen. In
den Straßen und auf den Plätzen singen, lachen und schreien Menschenmassen
vor Begeisterung. Schon am Donnerstag der vergangenen Woche stiegen in
Brasilien die ersten Partys, nachdem der dritte Bundesrichter für eine
Verurteilung des Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro gestimmt hatte und dessen
Verurteilung damit besiegelt war. [1][Als am Freitag das Urteil auf 27
Jahre und drei Monate Haft lautete], gab es kein Halten mehr.
Tausende trafen sich in Rio de Janeiro zu einem außerplanmäßigen
Karnevalsumzug durch die Altstadt. Viele trugen schwarze Roben oder
imitierten mit Hauben die Glatze des obersten Bundesrichters Alexandre de
Moraes, der das Verfahren federführend vorangetrieben hatte.
Auch in den Straßen der Altstädte von Recife und Olinda herrschte
Karnevalsstimmung. In Belém bildeten sich kilometerlange Schlangen vor
einer Bar, die im Falle der Verurteilung Freibier versprochen hatte: 23
Fässer waren nicht genug für die Feierfreudigen. In Brasilia trafen sich
die Menschen zu Grillpartys und Sprechchören. Mit und ohne musikalische
Begleitung intonierten viele den Samba-Klassiker „Wein doch“ von Beth
Carvalho, beliebt war außerdem ein Wahlkampfsong aus dem Jahr 2022 mit dem
Refrain: „[2][Jair, es ist Zeit zu gehen!“.]
Die ausgelassene Stimmung und die allgemeine Erleichterung erinnern an das
große Aufatmen nach dem Wahlsieg Lulas gegen Bolsonaro im Jahr 2022, durch
den Brasilien um Haaresbreite einer neuen Diktatur entronnen war. Nun haben
Brasiliens Institutionen bewiesen, dass sie noch in der Lage sind, [3][die
geschwächte Demokratie zu verteidigen.]
## Bolsonaristen bleiben still
Die Bolsonaro-Anhänger waren nach dem Urteil weitgehend unsichtbar. In
Brasilia blieben fliegende Händler auf Flaggen sitzen, die sie vor den
TV-Studios des Senders Globo TV an Pro-Bolsonaro-Demonstranten verkaufen
wollten. Nur ein paar Dutzend Bolsonaristen trafen sich vor der Wohnanlage,
in der der Verurteilte unter Hausarrest steht, um mit zum Himmel erhobenen
Händen für ihren „Mythos“ zu beten.
Gleichzeitig feierten drinnen Bolsonaros Nachbarn eine Grillparty für die
Demokratie. Laut der brasilianischen CNN wollen die Fans erst dann wieder
auf die Straßen gehen, „wenn es neue Entwicklungen gibt“. Gemeint sind vor
allem weitere Sanktionen durch US-Präsident Trump.
Welche Möglichkeiten bleiben dem Ex-Präsidenten nach dem Urteil? Bolsonaro
und seine Anhänger bräuchten Hilfe und Druck von außen, um gegen das Urteil
vorzugehen. Hoffnungsträger sind dabei die USA. Auf den traditionell von
der Rechten organisierten Demonstrationen zum brasilianischen
Unabhängigkeitstag am 7. September, hissten Bolsonaristen in São Paulo eine
weit größere amerikanische Flagge, als die daneben hängende brasilianische.
„Trump, hilf uns, uns von Tyrannen zu befreien“, hieß es auf Spruchbänder…
Eine weitere Chance sehen die Rechten in einem Amnestiegesetz, das eilig
vom Kongress verabschiedet werden müsste. Und eine dritte wäre ein
Volksprotest. Für den machen Abgeordnete aus Bolsonaros Partei PL in Social
Media bereits Stimmung, indem sie die gewalttätigen Proteste in Nepal über
alles loben, die dort zum Rücktritt des Regierungschefs führten. Noch sind
in den Straßen Brasiliens keine Nachahmer zu sehen.
14 Sep 2025
## LINKS
[1] /Nach-Putschversuch-in-Brasilien/!6113490
[2] /Jair-Bolsonaro/!t5504727
[3] /Bolsonaro-zu-27-Jahren-Haft-verurteilt/!6113548
## AUTOREN
Christine Wollowski
## TAGS
Brasilien
Jair Bolsonaro
Luiz Inácio Lula da Silva
Gerichtsurteil
Karneval
Reden wir darüber
Social-Auswahl
Brasilien
Jair Bolsonaro
Jair Bolsonaro
Jair Bolsonaro
## ARTIKEL ZUM THEMA
Massenproteste in Brasilien: „Nein zum Banditen-Gesetz“
Zehntausende gehen gegen Gesetze auf die Straße, die auf Bolsonaro und
seine Anhänger zugeschnitten sind. Lula kündigt sein Veto gegen die Gesetze
an.
Bolsonaro zu 27 Jahren Haft verurteilt: Ein neues Brasilien ist möglich
Brasilien symbolisierte das Erstarken des Rechtsextremismus. Nun könnte es
für etwas anderes stehen: den richtigen Umgang mit autoriären Sehnsüchten.
Nach Putschversuch in Brasilien: 27 Jahre Haft für Bolsonaro
Das Oberste Gericht Brasiliens hat Ex-Präsident Bolsonaro wegen eines
geplanten Staatsstreichs verurteilt. Seine Anwälte wollen Berufung
einlegen.
Verhältnis zwischen USA und Brasilien: Von Lula lernen
Der Konflikt zwischen den USA und Brasilien geht über die Handelspolitik
hinaus. Doch Präsident Lula da Silva zeigt sich trotzdem gesprächsbereit.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.