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# taz.de -- Rechte Proteste in Großbritannien: Keine Hotels für Asylsuchende
> Erneut organisiert die britische Rechte landesweite Proteste. Gefordert
> wird die Schließung von Hotels, in denen Geflüchtete auf Staatskosten
> leben.
Bild: Orpington, UK, am 22. August: Demonstration gegen die Unterbringung von A…
London taz | Erneut ist es am Wochenende im Vereinigten Königreich zu
landesweiten Protesten gegen die Hotelunterbringung von Asylbewerbern
gekommen. Unter Slogans wie [1][„Abolish Asylum System“] gehen seit
Freitagabend in den englischen Städten Bristol, Liverpool, Oxford, Leeds,
Cheshunt, Exeter, Tamworth, Cannock, Nuneaton, Wakefield, Newcastle,
Horley, Bournemouth und Portsmouth, im schottischen Perth und Aberdeen, im
walisischen Cardiff und Mold und im nordirischen Antrim teils Hunderte von
Menschen auf die Straße.
Gegenproteste antirassistischer Netzwerke, vor allem von der Gruppe
[2][„Stand Up to Racism“], stellten sich ihnen entgegen. Oft waren letztere
größer. [3][In Bristol] und Liverpool kam es fast zu Reibereien. Da war es
nur ein kleiner Trost, dass in den Docklands von London, wo es bereits vor
Wochen zu Protesten gekommen war, rechte Aktivist:innen nicht mehr als
zehn Personen mobilisieren konnten. Zahlreiche Menschen wurden
festgenommen.
Beflügelt wurden die erneuten Proteste vor allem durch eine
[4][gerichtliche Verfügung] vom vergangenen Dienstag, wonach bis zum 12.
September Asylbewerber aus dem Bell Hotel in Epping geräumt werden müssen.
In dem kleinen, relativ abgelegenen Ort neben einem riesigen Wald östlich
von London [5][hatten die neuen Antiflüchtlingsproteste im Juli begonnen],
nachdem ein im Bell Hotel untergebrachter äthiopischer Asylbewerber, der
kurz vorher mit einem Boot über den Ärmelkanal gekommen sein soll, der
sexuellen Nötigung eines 14-jährigen Mädchens angeklagt worden war. In
Horley in Südengland gab es einen ähnlichen Fall, wo ein 26-jähriger
Einwanderer vergangene Woche der sexuellen Übergriffe auf drei Frauen
schuldig gesprochen wurde.
Die von den Konservativen geführte Kommunalbehörde von Epping Forest legte
Beschwerde gegen die Umwidmung des Hotels zur Flüchtlingsunterkunft ein und
listete alle möglichen Bedenken auf: Sicherheit, die Kosten der
Polizeimaßnahmen, Verkehrschaos, das Wohl der gemeinschaftlichen
Beziehungen. Sie bekam Recht, weil die Besitzer des Hotels keinen Antrag
zur Nutzungsveränderung bei der Gemeinde gestellt hatten.
## Kosten in Milliardenhöhe für den Staat
Andere Gemeinden wollen sich nun an Epping ein Beispiel nehmen und
ebenfalls die Schließung von Flüchtlingshotels erzwingen – nicht nur
konservativ geführte, sondern auch solche von der rechtspopulistischen
Reform UK und auch von der regierenden Labour-Partei. Die Unterbringung von
Asylsuchenden in Hotels gehen auf die Politik der konservativen
Vorgängerregierung zurück, die nach dem starken Anstieg der Zahlen von
Bootsflüchtlingen aus Frankreich keine andere Möglichkeit sah. Inzwischen
kostet das den Staat umgerechnet rund 2,4 Milliarden Euro pro Jahr. Heute
tun die Tories so, als sei es nicht ihr Problem und hoffen, dass man es
ihnen abkauft.
Die seit Juli 2024 amtierende Labour-Regierung hat angekündigt,
Hotelunterbringungen bis 2029 zu beenden, doch es sind immer noch 210 im
ganzen Land. Laut der letzten Statistik des Innenministeriums sind derzeit
32.000 Asylsuchende auf Staatskosten in Hotels untergebracht, unter anderem
in bekannten Hotelketten wie Holiday Inn, Radisson, Marriott und Sheraton.
Zudem wurde jetzt bekanntgegeben, dass seit Labours Regierungsübernahme
110.000 Menschen Asyl in Großbritannien beantragt haben.
Was die Proteste dieses Wochenende zusätzlich anheizte, war die
[6][Ankündigung von Labour-Innenministerin Yvette Cooper] am Freitag, gegen
die richterliche Verfügung in Epping Berufung einlegen zu wollen, um statt
einer schnellen Räumung „ordentliche Maßnahmen“ durchzuführen. Auf der
Straße hatte man für „ordentliche Maßnahmen“ eher weniger Verständnis.
## Nigel Farage stellt sich an die Spitze des Protests
Obendrein feuerte Reform-Führer Nigel Farage die Proteste an und rief dazu
auf, dass es Leute im ganzen Land Epping nachmachen sollten.
[7][In einem Interview verkündete Farage], dessen Partei seit Monaten alle
britischen Meinungsumfragen anführt, dass seine Partei im Falle einer
Regierungsübernahme tägliche Abschiebeflüge starten und Asylsuchende
ansonsten in britische Überseegebiete verfrachten werde.
Zunehmend an Akteptanz gewinnt auch die Idee eines Austritts
Großbritanniens aus der Europäischen Menschenrechtskonvention – das fordern
nicht nur Reform UK und die Mehrheit der Konservativen, sondern sogar
[8][der frühere Labour-Innenminister David Blunkett empfiehlt] jetzt
Labour-Premierminister Starmer einen kurzfristigen Ausstieg aus Teilen der
Konvention, um Personen leichter abschieben zu können.
24 Aug 2025
## LINKS
[1] https://x.com/WGthink/status/1958643324752936965
[2] https://standuptoracism.org.uk/
[3] https://x.com/SkyNews/status/1959309571500998965
[4] /Gerichtsentscheid-in-Grossbritannien/!6108378
[5] /1-Jahr-Messerangriff-in-Southport-/!6099433
[6] https://www.telegraph.co.uk/news/2025/08/22/bell-hotel-epping-yvette-cooper…
[7] https://www.thetimes.com/uk/politics/article/nigel-farage-interview-reform-…
[8] https://www.telegraph.co.uk/politics/2025/08/22/suspend-echr-pave-way-migra…
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
## TAGS
Großbritannien
Schwerpunkt Flucht
Unterbringung von Geflüchteten
Nigel Farage
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Geflüchtete
Messerangriff
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