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# taz.de -- Wegen Steuerbetrug: Britische Vize-Premierministerin Rayner steht v…
> Erst undurchsichtiger Immobilienbesitz, jetzt auch noch ein
> Steuervergehen: Der Ruf der populären Labour-Politikerin Angela Rayner
> ist beschädigt.
Bild: Die stellvertretende Premierministerin Angela Rayner muss ihr Amt wohl au…
Berlin taz | Großbritanniens Labour-Premierminister Keir Starmer kämpft
gerade gegen viele Probleme. Miese Umfragewerte, der Höhenflug des
Rechtspopulisten Nigel Farage mit seiner Partei „Reform UK“, ein
bevorstehender Sparhaushalt mit neuen Sozialkürzungen. Jetzt hat er ein
weiteres Problem: seine eigene Stellvertreterin.
Seit [1][Angela Rayner] am Mittwoch zugeben musste, dass sie beim Kauf
einer Immobilie in Hove an Englands Südküste 40.000 Pfund (gut 45.000 Euro)
zu wenig Steuern gezahlt hat, steht das Aus einer der populärsten
Labour-Politikerinnen im Raum. Zur Last gelegt wird der 45-Jährigen nicht
nur dieses Steuervergehen. Sie hat schon in der Vergangenheit für
Irritationen mit undurchsichtigen Immobilienbesitzverhältnissen gesorgt.
Und nachdem Rayner zu Oppositionszeiten, vor [2][Labours Wahlsieg 2024],
bei Steuersünden konservativer Politiker immer als Erste und Lauteste
Rücktritte gefordert hatte, muss sie sich nun fragen lassen, wie sie es mit
sich selbst hält.
Bei Labour ist Rayner eine Ausnahmeerscheinung, obwohl sie eigentlich für
das steht, wofür Labour gerne stehen würde, wenn sich die britische
Arbeiterklasse noch mit dieser Partei identifizieren würde. 1980 in
Stockport bei Manchester in eine bitterarme Familie geboren – ihre Mutter
war Analphabetin, einmal die Woche ging man zur Oma zum Baden und
Richtig-Essen, erzählte sie später in einem Interview –, wuchs sie in der
sozialen Spaltung der Thatcher-Ära ganz unten auf. Mit 16 wurde sie
schwanger und verließ die Schule ohne Abschluss. Später schaffte sie die
Ausbildung zur Pflegerin, sie engagierte sich gewerkschaftlich, und 2015
wurde sie für Labour ins Unterhaus gewählt. In ihrer Jungfernrede gestand
sie, sie könne kaum in die Fußstapfen ihrer illustren Labour-Vorgänger
treten – schon gar nicht mit ihren bunten Schuhen mit hohen Absätzen.
Rayner erlebte viel, was andere nicht gut wegstecken würden. Eine erneute
Schwangerschaft endete mit einer Frühgeburt nach nur 23 Wochen, die
fälschlicherweise als spontaner Abort behandelt wurde; das Baby wog unter
einem halben Kilo, erlitt eine Hirnblutung und lag die ersten sechs Monate
zwischen Leben und Tod. Es stößt nun in der Öffentlichkeit besonders sauer
auf, dass Angela Rayner das Entschädigungsgeld, das der staatliche
Gesundheitsdienst NHS ihr für Fehler bei dieser Geburt gezahlt und angelegt
hat, zum Kauf eines dritten Eigenheims für 800.000 Pfund (fast eine Million
Euro) verwendet hat und darauf auch noch Steuern sparen wollte, indem sie
die Luxuswohnung mit Meerblick fälschlicherweise zu ihrem Hauptwohnsitz
erklärte.
Aber das passt zu dieser stählern und authentisch auftretenden Politikerin.
Wo Starmer hölzern und unbeholfen auftritt, ist Rayner wortgewandt und
schlagfertig, mit einem aggressiven Witz. Zuweilen wirkt sie wie eine
Labour-Antwort auf [3][Boris Johnson] mit einem ähnlich chaotischen
Auftritt und ähnlich unbekümmertem Umgang mit dem Chaos im eigenen Leben.
Starmer machte sie schon als Oppositionsführer zu seiner Stellvertreterin,
die sich anders er selbst mit reichen Tories anlegte und diese als
„Abschaum“ bezeichnete. Das war und ist ganz nach altlinkem Geschmack,
obwohl sie sich selbst gar nicht als Linke sieht.
Jetzt hat sich Rayner in einen Skandal manövriert, auf den sie mit
Totalabwehr und Halbwahrheiten reagiert und auch damit an Boris Johnson
erinnert. Der Ethikbeauftragte der Regierung untersucht ihr Steuervergehen
– so was war aus ihrer Sicht früher ein Rücktrittsgrund. Ob sie das
politisch übersteht, war am Donnerstag offen. Beschädigt ist sie auf jeden
Fall.
4 Sep 2025
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## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Labour Party
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