| # taz.de -- Schlafforscherin über Hitze: „Eis essen und Aperol-Spritz trinke… | |
| > Ab 25 Grad Celsius leidet der Schlaf, sagt die Schlaftherapeutin | |
| > Christine Blume von der Uni Basel. Da helfen nur Klimaschutz und lauwarme | |
| > Fußbäder. | |
| Bild: Hauptsache kalt: Eine Schwangere sucht Kühlung bei einem nassen Waschlap… | |
| taz: Frau Blume, kann die Klimakrise unseren Schlaf beeinträchtigen? | |
| Christine Blume: Je wärmer es im Schlafzimmer ist, desto schwieriger wird | |
| es mit dem Schlafen. Ganz besonders betrifft das Menschen im Globalen | |
| Süden, aber auch in unseren Breitengraden nimmt die Zahl der Hitzetage und | |
| der Tropennächte seit Jahren zu. In diesen sinkt die Außentemperatur nicht | |
| unter 20 Grad. | |
| taz: Ab welchen Temperaturen kostet das Klima uns den Schlaf? | |
| Blume: Aus Studien wissen wir, dass Temperaturen im Schlafzimmer von 25 bis | |
| 26 Grad einen Kipppunkt darzustellen scheinen. Spätestens wenn diese | |
| erreicht werden, schlafen wir schlechter. Aber wenn wir über eine Zunahme | |
| heißer Nächte sprechen, sollten wir nicht nur auf die Tropennächte schauen. | |
| In Städten entstehen Hitzeinseln, Gebäude heizen auf, sodass auch bei | |
| nächtlichen Außentemperaturen von 18 oder 19 Grad Innenräume deutlich | |
| wärmer bleiben. Und dann braucht es mehrere kühle Nächte in Folge, damit | |
| auch die Schlafzimmertemperatur wieder sinkt. Und da sind wir beim nächsten | |
| Problem, denn durch den Klimawandel steigen die nächtlichen Temperaturen | |
| sogar stärker als die am Tag. | |
| taz: 25 Grad tagsüber empfinden die meisten noch als angenehm. Warum ist | |
| das beim Schlafen eine anstrengende Temperatur? | |
| Blume: Die Körpertemperatur schwankt über den Tag hinweg wie auch die | |
| Umgebungstemperatur. Abends kühlt der Körper ab, vor allem, indem er Wärme | |
| an die Umgebung abgibt. Die Phase, in der die Körpertemperatur am | |
| schnellsten sinkt, ist meist auch die, in der wir einschlafen. In wärmeren | |
| Nächten wird die Wärmeabgabe allerdings erschwert. Das behindert auch den | |
| Einschlafprozess. Höhere Temperaturen führen außerdem dazu, dass man nachts | |
| öfter aufwacht und auch länger braucht, um wieder einzuschlafen. Ein | |
| möglicher Grund dafür ist, dass der Körper in heißen Nächten unter Stress | |
| steht, auch unser Herz schlägt beispielsweise schneller. Und Stress ist nie | |
| gut für den Schlaf. | |
| taz: Können wir uns an wärmer werdende Nächte gewöhnen? | |
| Blume: [1][Wenn wir uns an hohe Temperaturen gewöhnen könnten], dann sollte | |
| überall auf der Welt eine Erhöhung von einem Grad genau den gleichen Effekt | |
| haben. Also eine Erhöhung in Island von 12 auf 13 Grad sollte den gleichen | |
| Effekt haben wie beispielsweise in Indien von 30 auf 31 Grad. Studien | |
| zeigen aber, dass ein Anstieg der Temperaturen sich bei den Menschen in | |
| wärmeren Regionen stärker auf den Schlaf auswirkt als bei Menschen, die in | |
| kühleren Regionen leben. Daraus haben die Forschenden einer Studie | |
| geschlussfolgert: Wenn überhaupt, gewöhnen wir uns nur in begrenztem Ausmaß | |
| an steigende nächtliche Temperaturen. Hinzu kommt, dass der Körper | |
| normalerweise recht gut darin ist, Nächte mit wenig Schlaf in der folgenden | |
| Nacht auszugleichen. Das tut unser Körper auch dadurch, dass er mehr | |
| Tiefschlaf produziert. Dieser Mechanismus funktioniert bei hohen | |
| nächtlichen Temperaturen aber nicht mehr. Auch das spricht gegen einen | |
| kurzfristigen Gewöhnungseffekt. Insgesamt können wir also von einer nicht | |
| unerheblichen Beeinträchtigung unseres Schlafs ausgehen. | |
| taz: Welche Personen sind besonders stark betroffen? | |
| Blume: Es gibt zwei Risikogruppen: Frauen und ältere Menschen. Sie sind | |
| öfter von Schlafstörungen betroffen. Frauen haben zudem mehr | |
| Unterhautfettgewebe, was die Wärmeabgabe erschwert. Die Hitze kommt da als | |
| erschwerender Faktor hinzu. Aus einer gesellschaftlichen Perspektive muss | |
| man eigentlich noch von einer dritten Risikogruppe sprechen, nämlich von | |
| Menschen mit einem niedrigeren sozioökonomischen Status. Diese leben | |
| häufiger in dicht besiedelten Gebieten mit mehr Hitzeinseln oder in denen | |
| zusätzlich Lärmbelastung eine Rolle spielt. Menschen, die beispielsweise an | |
| einer Hauptverkehrsstraße wohnen, haben so häufig nur die Wahl zwischen | |
| Lärm- oder | |
| Hitzebelastung. | |
| taz: Was sollten wir tun, um unseren Schlaf vor der Hitze zu schützen? | |
| Blume: Wir könnten natürlich schlussfolgern: Wenn es vor allem um eine | |
| kühlere Umgebungstemperatur geht, installieren wir einfach alle | |
| Klimaanlagen. Das ist aber eine wenig nachhaltige Lösung, da diese am Ende | |
| auch wieder zur Erderwärmung beitragen und in Bezug auf den Schlaf darüber | |
| hinaus oft auch eine Lärmbelastung darstellen. Wir sollten gerade in | |
| Städten also eher den Blick auf Projekte richten, die versuchen, die | |
| Entstehung von Hitzeinseln zu verhindern, und dass sich Fassaden von | |
| Häusern überhaupt so stark aufheizen. Zum Beispiel durch Fassadenbegrünung | |
| oder Entsiegelung von Flächen. | |
| taz: Was kann denn jeder und jede ganz persönlich im Alltag tun? | |
| Blume: Wir können den Körper beim Abkühlen unterstützen. Eis essen und | |
| kühlen Aperol-Spritz trinken helfen dabei leider nicht, sondern belasten | |
| den Körper zusätzlich. Aber mit einer lauwarmen Dusche oder einem lauwarmen | |
| Fußbad können wir dem Körper die Wärmeabgabe erleichtern. Außerdem sollten | |
| wir viel trinken und darauf achten, dass wir zum Schlafen Bekleidungsstoffe | |
| wählen, die die Feuchtigkeit vom Körper ableiten und schnell trocknen. | |
| Tagsüber sollten wir uns nicht den ganzen Tag in Innenräumen aufhalten.taz: | |
| Warum? | |
| Blume: Tageslicht ist für unseren Schlaf wichtig. Wenn wir uns diesem | |
| entziehen, weil wir uns den ganzen Tag in Innenräumen vor der Hitze | |
| schützen, dann kann auch das unseren Schlaf beeinträchtigen. Hitzeschutz | |
| ist natürlich wichtig, aber wenn wir in den kühlen Morgenstunden zu Fuß | |
| oder mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen und die Mittagspause im Schatten im | |
| Park statt in der klimatisierten Cafeteria verbringen, dann kann das den | |
| Schlaf verbessern. | |
| taz: [2][Ist es denn überhaupt ein Problem], wenn viele Menschen insgesamt | |
| schlechter schlafen? | |
| Blume: Ganz kurz gesagt: Der Schlaf ist ein wichtiger Gesundheitsfaktor. | |
| Vor allem ist er modulierbar. Wir können ihn also, anders als | |
| beispielsweise unsere Gene, beeinflussen. Schützen wir das Klima, schützen | |
| wir also auch unseren Schlaf und unsere Gesundheit. | |
| 10 Aug 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Charlotte Kranenberg | |
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