# taz.de -- +++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Israels Regierung feuert Gener… | |
> Gali Baharav-Miara war Netanjahu schon lange zu kritisch und muss | |
> deswegen nun gehen. Doch der Oberste Gerichtshof stellt sich dagegen. | |
Bild: Protest gegen die Entlassung von Baharav-Miara sowie die noch immer in Ga… | |
## Generalstaatsanwältin Baharav-Miara gefeuert | |
Das israelische Kabinett hat am Montag einstimmig beschlossen, | |
Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara zu entlassen. Das teilte | |
Justizminister Yariv Levin in einer Erklärung mit. | |
Die von der Regierung angestrengte Entlassung wird von Kritikern – und | |
Baharav-Miara selbst – als rechtswidrig bezeichnet. Der Oberste Gerichtshof | |
hat nach Angabe der Times of Israel entschieden, dass das Verfahren zur | |
Entlassung von Baharav-Miara nun auf seine Rechtmäßigkeit geprüft werden | |
müsse. Erst danach sei die Entlassung auch rechtskräftig. | |
Die Entlassung kommt nicht überraschend und ist doch ein einschneidender | |
Moment für das Verhältnis von Politik und Justiz: Die Regierung des | |
rechtskonservativen Premier Benjamin Netanjahu steht seit ihrem Amtsantritt | |
im Konflikt mit Baharav-Miara. Wiederholt wurde ihr vorgeworden, dass sie | |
Entscheidungen, Ernennungen und Gesetze der Regierung aus politischen | |
Gründen blockiert habe. | |
Einige Beispiele: Sie ging vor gegen die Ernennung eines vorbestraften | |
Nationalreligiösen als stellvertretenden Ministerpräsidenten und | |
Gesundheitsminister, gegen die Einführung der Todesstrafe für Terroristen, | |
gegen eine geplante Kampagne der Informationsministerin zur Erklärung der | |
von der Regierung geplanten Justizreform. Und gegen die von der Regierung | |
mit voller Kraft vorangetriebene Justizreform selbst. | |
Bis zum [1][7. Oktober 2023] war die von der Regierung geplante | |
Justizreform das wohl beherrschende Thema der israelischen Politik. In der | |
Reform sägte die Regierung an der Unabhängigkeit und Effektivität des | |
Justizsystems im Allgemeinen: Die Besetzung des Obersten Gerichts sollte | |
künftig in den Händen der Regierung liegen; dessen Fähigkeit, Gesetze zu | |
verhindern würde deutlich eingeschränkt, und die Knesset könnte mit einer | |
simplen Mehrheit selbst vor Gericht gestoppte Gesetze wieder einführen. | |
Die Position der Generalstaatsanwältin in Israel ist eine besondere: Sie | |
ist zugleich Rechtsberaterin der Regierung, die Gesetzesvorhaben auf ihre | |
konstitutionelle Rechtmäßigkeit prüft, sowie Kopf des öffentlichen | |
Anklagesystems. Mit dieser dualen Position geht Macht einher. | |
Kommunikationsminister Shlomo Karhi drängt nun darauf, „sofort“ einen | |
Ersatz für die Gefeuerte zu bennen. Karhi ist Teil der Likud-Partei von | |
Netanjahu und gilt als Initiator des Verfahrens, um Baharav-Miara zu | |
feuern. [2][Aus der Opposition] kommt hingegen Widerstand: So hat Yesh | |
Atid, die Partei von Oppositionsführer Yair Lapid, beim Obersten | |
Gerichtshof gegen die Regierungsentscheidung vorgesprochen. Auch auf den | |
Straßen gab es vor wie nach der Entscheidung Proteste, unter anderem vor | |
dem Büro des Premiers in Jerusalem. (Lisa Schneider, taz) | |
## Dringlichkeitssitzung über Lage der Geiseln in Gaza | |
Nach der Veröffentlichung von Propagandavideos ausgehungerter Geiseln | |
beschäftigt sich der UN-Sicherheitsrat nach israelischen Angaben mit den | |
weiterhin von islamistischen Palästinenserorganisationen im Gazastreifen | |
festgehaltenen Menschen. Der Sicherheitsrat werde am Dienstag zu einer | |
Dringlichkeitssitzung „über die schlimme Lage der Geiseln in Gaza | |
zusammenkommen“, erklärte der israelische Botschafter bei den Vereinten | |
Nationen, Danny Danon. | |
Derweil [3][forderte das Außenministerium der Palästinensischen | |
Autonomiebehörde auf X] den Sicherheitsrat auf, „seiner Verantwortung gemäß | |
dem Völkerrecht nachzukommen, indem er eine sofortige Waffenruhe | |
durchsetzt“. | |
Zuvor hatten die Hamas und die mit ihr verbündete Gruppe Islamischer | |
Dschihad [4][Propagandavideos von seit Oktober 2023 gefangen gehaltenen | |
Geiseln verbreitet]. Die Aufnahmen der ausgehungerten Geiseln lösten großes | |
Entsetzen aus. | |
Eines der Videos zeigt den abgemagerten Evyatar David, wie er sich in einem | |
engen Tunnel sein eigenes Grab zu schaufeln scheint. Ein anderes Video | |
zeigt, wie der Deutsch-Israeli Rom Braslavski sich Nachrichtenvideos über | |
die Hungersnot der Palästinenser im Gazastreifen anschauen muss. | |
Nach Angaben israelischer Behörden befinden sich derzeit 50 Geiseln im | |
Gazastreifen, von denen nur 20 noch am Leben sein sollen. Die Hamas hat | |
bisher humanitären Organisationen jeglichen Zugang zu den Geiseln verwehrt. | |
(afp) | |
## 🐾 Die Grausamkeit der Geiselvideos | |
Hamas und PIJ veröffentlichten zwei neue Videos der israelischen Geiseln. | |
Es ist Teil ihrer psychologischen Kriegsführung. Und die Strategie geht | |
auf, [5][kommentiert taz-Redakteur Nicholas Potter.] | |
## Netanjahu erwägt Ausweitung des Gaza-Kriegs | |
Angesichts schockierender Videos von abgemagerten Geiseln der | |
islamistischen Hamas erwägt Israels Regierung Medienberichten zufolge eine | |
Ausweitung des Gaza-Krieges zur Befreiung der Entführten. Regierungschef | |
Benjamin Netanjahu strebe danach, die Freilassung der Geiseln „auf dem Weg | |
eines militärischen Sieges“ zu erreichen, zitierten israelische Medien | |
einen namentlich nicht genannten Beamten. „Ich verstehe genau, was die | |
Hamas will. Sie will keinen Deal“, sagte Netanjahu in einer | |
Video-Botschaft. Er sei nun noch entschlossener, die Geiseln zu befreien, | |
die Hamas zu eliminieren und dafür zu sorgen, dass vom Gazastreifen nie | |
wieder eine Gefahr für Israel ausgeht, sagte Netanjahu laut Times of | |
Israel. Einzelheiten nannte er nicht. | |
Das Forum der Geisel-Familien übte deutliche Kritik an seinen Äußerungen. | |
„Seit 22 Monaten wird der Öffentlichkeit die Illusion verkauft, dass | |
militärischer Druck und intensive Kämpfe die Geiseln zurückbringen werden“, | |
zitierte die Zeitung eine Erklärung der Gruppe. „Die Wahrheit muss gesagt | |
werden: Die Ausweitung des Krieges gefährdet das Leben der Geiseln, die in | |
unmittelbarer Todesgefahr schweben. Wir haben die erschreckenden Bilder der | |
Geiseln in den Tunneln gesehen, sie werden weitere lange Tage des Grauens | |
nicht überleben“, heißt es in der Erklärung des Forums. (dpa) | |
## Hamas bereit zu Zusammenarbeit mit Rotem Kreuz | |
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hat das Internationale Komitee | |
des Roten Kreuzes (IKRK) um Hilfe bei der Versorgung der im Gazastreifen | |
festgehaltenen israelischen Geiseln gebeten. Dazu habe er mit dem Leiter | |
der IKRK-Delegation in der Region, Julien Lerisson, gesprochen, erklärte | |
Netanjahus Büro am Sonntag. | |
Die radikal-islamische Hamas ist nach eigenen Angaben zur Zusammenarbeit | |
mit dem Roten Kreuz bereit, um von ihr im Gazastreifen festgehaltenen | |
Geiseln Hilfe zukommen zu lassen. | |
Zuvor aber müsse Israel bestimmte Bedingungen erfüllen, teilte die Hamas am | |
Sonntag mit. Jede Koordinierung mit dem Roten Kreuz hänge davon ab, dass | |
Israel [6][dauerhaft humanitäre Korridore] öffne und Luftangriffe während | |
der Verteilung der Hilfe einstelle. | |
In einer Erklärung des Geisel-Familien-Forums, das die Angehörigen der | |
festgehaltenen Geiseln vertritt, hieß es, die Hamas halte seit über 660 | |
Tagen unschuldige Menschen unter unmöglichen Bedingungen fest. Bis zu deren | |
Freilassung habe die Hamas die Pflicht, sie mit allem Notwendigen zu | |
versorgen. (rtr/afp) | |
## Weitere Hungertote im Gazastreifen | |
Die der Hamas unterstellten Gesundheitsbehörden im Gazastreifen teilten | |
mit, sechs weitere Menschen seien in den vergangenen 24 Stunden im | |
Gazastreifen [7][an Hunger oder Unterernährung gestorben]. Damit steige die | |
Zahl derer, die seit Beginn des Krieges an den Folgen einer sich | |
abzeichnenden Hungersnot gestorben seien, auf 175 – darunter 93 Kinder. | |
UN-Organisationen haben Israel aufgefordert, viel mehr Hilfe in das Gebiet | |
zu lassen. Von israelischer Seite hatte es wiederholt geheißen, man müsse | |
verhindern, dass die Hilfen in die Hände der Hamas gelangten. | |
Den palästinensischen Behörden zufolge wurden am Sonntag in der | |
Küstenenklave zudem auch mindestens 80 Menschen durch israelischen Beschuss | |
und Luftangriffe getötet. Darunter seien auch Personen, die versucht | |
hätten, zu Hilfslieferungen in den südlichen und zentralen Gebieten des | |
Gazastreifens zu gelangen. (rtr) | |
## 🐾 Scharfe Worte stoppen keinen Genozid | |
Die Bundesregierung äußert sich kritischer zu Israel. Die Genozidkonvention | |
verpflichtet sie aber, zu handeln, um das Sterben in Gaza zu beenden, | |
[8][kommentiert taz-Redakteur Leon Holly] nach der Reise von Außenminister | |
Wadephul. | |
## Demos für Gaza und Gefangene im Westjordanland | |
Tausende Palästinenser haben im von Israel besetzten Westjordanland gegen | |
den Krieg im Gazastreifen und für die palästinensischen Häftlinge in | |
israelischen Gefängnissen demonstriert. Allein auf einem zentralen Platz in | |
Ramallah, wo die Palästinensische Autonomiebehörde ihren Sitz hat, | |
versammelten sich am Sonntag hunderte Menschen und schwenkten | |
palästinensische Flaggen. Auch in Städten wie Nablus und Hebron gab es | |
Proteste. Viele Regierungsangestellte hatten den Tag frei bekommen, um an | |
den Demonstrationen teilnehmen zu können. | |
Viele Demonstranten hielten Fotos von Palästinensern hoch, die von Israel | |
getötet [9][oder inhaftiert worden waren]. Die palästinensische Autorin | |
Rula Ghanem etwa demonstrierte für ihren Sohn, der im israelischen | |
Megido-Gefängnis sitzt. Er leide dort „unter vielen Dingen“, etwa einem | |
Mangel an Nahrung und Medikamenten, sagte Ghanem. Ihr Sohn habe im | |
Gefängnis zehn Kilogramm abgenommen und sich Krätze zugezogen. | |
Die Zahl der Palästinenser, die in israelischer Haft sitzen, ist seit | |
Beginn des Gaza-Krieges stark angestiegen. Einige seien wegen Gewalttaten | |
inhaftiert worden, andere aber auch wegen politischer Äußerungen in | |
Onlinenetzwerken, teilte die Palästinensische Kommission für die | |
Angelegenheiten von Häftlingen und Ex-Häftlingen mit. (afp) | |
## US-Bürger bei Siedlerangriff getötet | |
Bei Brand[10][anschlägen israelischer Siedler im besetzten Westjordanland] | |
ist nach Angaben der US-Regierung ein US-Bürger getötet worden. „Wir können | |
den Tod eines US-Bürgers in der Stadt Silwad im Westjordanland bestätigen“, | |
sagte am Sonntag ein Sprecher des Außenministeriums in Washington. Den | |
Namen des Getöteten nannte er nicht. | |
Israelische Siedler hatten im Westjordanland nach palästinensischen Angaben | |
am Donnerstag Brandanschläge auf Häuser und Fahrzeuge in Silwad verübt. Wie | |
das Gesundheitsministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde | |
mitteilte, starb der 41-jährige Khamis Ayyad an einer durch die Feuer | |
verursachten Rauchvergiftung. | |
Die Familie des Verstorbenen erklärte am Freitag in Chicago, Ayyad sei vor | |
einigen Jahren mit seiner Frau und seinen Kindern ins Westjordanland | |
gezogen, habe aber weiter für ein US-Unternehmen gearbeitet. | |
Er ist bereits der zweite US-Bürger, der im Juli bei Siedlergewalt im | |
Westjordanland getötet wurde. Zuvor war bereits ein 20-jähriger Mann bei | |
einem Familienbesuch in Sindschil zu Tode geprügelt worden. Der | |
US-Botschafter in Israel, Mike Huckabee, forderte Israel auf, diesen | |
„kriminellen und terroristischen Akt“ zu untersuchen. Zum Tod von Ayyad | |
äußerte er sich bisher nicht. Der Sprecher des US-Außenministeriums | |
erklärte: „Wir verurteilen kriminelle Gewalt aller Parteien im | |
Westjordanland.“ (afp) | |
## 🐾 Sport in Gaza: Die schwersten Tage meines Lebens | |
Maha Shabat hat Mädchenteams trainiert, und als Schiedsrichterin leitete | |
sie Fußballspiele. Nun kämpft sie ums Überleben. [11][Und schreibt einen | |
Hilferuf in der taz.] | |
4 Aug 2025 | |
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[1] /7-Oktober--ein-Jahr-danach/!6034819 | |
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[9] /Palaestinenser-in-Israels-Gefaengnissen/!6021130 | |
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## AUTOREN | |
Lisa Schneider | |
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