# taz.de -- Friedenspreis für Karl Schlögel: „Europa gibt es wirklich“ | |
> Der Historiker Karl Schlögel erhält den Friedenspreis des Deutschen | |
> Buchhandels 2025. Schlögel gilt als einer der besten Kenner Osteuropas. | |
Bild: Karl Schlögel erhält den Friedenspreis für Historiker | |
Der deutsche Historiker und Essayist Karl Schlögel (77) erhält den | |
Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2025. Das teilte der Stiftungsrat | |
des Friedenspreises am Dienstag in Frankfurt am Main mit. Schlögel habe die | |
Kultur- und Zeitgeschichte Russlands und Osteuropas neu erzählt, indem er | |
empirische Geschichtsschreibung mit persönlichen Erfahrungen verbinde. Mit | |
Werken wie „Terror und Traum“ oder „Das sowjetische Jahrhundert“ habe | |
Schlögel Maßstäbe für eine anschauliche, lebendige Geschichtsschreibung | |
gesetzt. Schlögel gilt als einer der besten Kenner der Geschichte | |
Osteuropas. | |
Dass die Wahl auf Schlögel fiel, ist auch ein politisches Statement für die | |
ungebrochene Solidarität Deutschlands und Europas mit der Ukraine. Seit der | |
russischen Invasion im Februar 2022 ist Schlögel bei zahlreichen | |
Gelegenheiten als Gast in Talkshows und als Redner bei Demonstrationen und | |
Protestkundgebungen gegen die russische Aggression aufgetreten. Als einer | |
der Ersten habe er vor der aggressiven Expansionspolitik Wladimir Putins | |
und seinem autoritär-nationalistischen Machtanspruch gewarnt, hieß es vom | |
Stiftungsrat. | |
In der Tat war Schlögel 2014 sofort in die Ukraine gereist, um sich ein | |
Bild nach der russischen Besetzung der Krim zu machen. „Er hob früher als | |
andere hervor, dass Osteuropa zum kulturellen Bestand Gesamteuropas | |
gehört“, lobt der Stiftungsrat. Schlögel hat diese Idee eines ungeteilten | |
Europas einmal so formuliert: „Europa gibt es wirklich, es muss nicht – | |
auch wenn mit den besten Absichten – erst ausgedacht werden.“ | |
Bekannt wurde Schlögel, der 1948 in Hawangen im bayerischen Allgäu geboren | |
wurde, nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Regime in den 1990ern mit | |
seinen präzisen Beobachtungen der Transformation der osteuropäischen | |
Gesellschaften. Unter anderem schrieb er über den Berliner Polenmarkt, „an | |
der Stelle, wo heute der neue Potsdamer Platz ist, eine sandige Fläche mit | |
abgestellten Wohnwagen und einer ins Nirgendwo führenden Magnetschwebebahn, | |
Philharmonie und Staatsbibliothek wie Weltraumschiffe in einer | |
Grenzlandschaft?“ | |
Schlögel war 1966 erstmals in die damalige Sowjetunion gereist. Nach einem | |
Studium der osteuropäischen Geschichte, Philosophie, Soziologie und | |
Slawistik an der Freien Universität Berlin promovierte er dort 1981 mit | |
einer Dissertation über Arbeiterkonflikte in der Sowjetunion. | |
Weitere Aufenthalte in Moskau (1982/83) und Leningrad (1987) bildeten den | |
Hintergrund für seine intellektuelle Auseinandersetzung mit der politischen | |
Entwicklung in den postsozialistischen Ländern. Schlögel verstand daher | |
besser als andere Westler, was der Umbruch der Jahre nach 1989 bedeutete: | |
„Das Ende der [1][Sowjetunion] war eben nicht nur ein Dekorationswechsel, | |
nicht nur das Ende von politischen Institutionen und administrativen | |
Strukturen, sondern die Auflösung einer Lebensform.“ | |
Der Friedenspreis wird seit 1950 vergeben und ist mit 25.000 Euro dotiert. | |
Die Auszeichnung wird traditionell am letzten Tag der Frankfurter Buchmesse | |
in der Paulskirche verliehen. In diesem Jahr ist das der 19. Oktober. Im | |
vergangenen Jahr wurde die amerikanisch-polnische Journalistin und | |
Historikerin Anne Applebaum ausgezeichnet. | |
29 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Ulrich Gutmair | |
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