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# taz.de -- Abschluss einer Kolumne: Last of Haushalt, oder: Wo ist hier, wann …
> Männer über 50 sollen dazu neigen, auf ihr Leben zurückzublicken. In
> seiner letzten Kolumne bleibt der Autor deshalb lieber im Hier und Jetzt.
Bild: Das Geschirr zerschellt, der Besen wird geholt und das Leben läuft weiter
Eine Haushaltskolumne kann eigentlich nur unspektakulär enden. Selbst als
mein Vater einmal in seinem Leben den Geschirrschrank einräumte und beim
Öffnen dann natürlich alles auf meine Mutter niederdonnerte und am Boden
zerschellte – am Ende gibt es einen oder zwei, die meckern, dann wird der
Besen geholt, der Mülleimer gefüllt, wird neues Geschirr gekauft und
eingeräumt, und nach kurzer Zeit geht alles wieder seinen Gang, auf und
nieder, bis die Lebenslinie irgendwann keine Ausschläge mehr zeigt.
Aber so weit in die Zukunft wollen wir nicht gehen, so dramatisch nicht
werden. Irgendwo habe ich kürzlich gelesen, dass Männer schon ab Mitte 50
zum Lebensrückblick neigen. Da ist was dran, und ich möchte mich bemühen,
im Hier und Jetzt zu bleiben, auch wenn das nicht immer ein Vergnügen ist
und meinem Naturell nicht entspricht.
Und wo wäre das Hier? „Die Ursprungssituation ist die, dass es eine
gesellschaftliche Institution gibt, die im Namen der Sachlichkeit gegründet
ist. Das ist der Journalismus“, [1][hat Diedrich Diederichsen mal
geschrieben]; und er hat recht. Der spießbürgerliche Traum vom
literarischen Künstlertum mancher Journalist:innen (und ihrer Chefs)
mündete in seinen gleichzeitigen Spitzenreiter und Endpunkt Claas Relotius.
Und die Wichtigtuerei journalistischer Politikberatung – die … (Partei
einsetzen) sollte, die … (Bewegung einsetzen) darf nicht – rangiert immer
nah an der Lächerlichkeit.
Und das Jetzt? Für mich bedeutete das in den letzten Jahren, dass ich nicht
mit Schablonen agiere, mit historischen oder moralischen Zirkelschlüssen,
was immer nur heißen kann: [2][dass ich mir Mühe gebe, das nicht zu tun.]
Die beiden Hauptkonflikte, an denen sich zeigt, ob das gelingt, sind der
Ukraine- und der Gazakrieg. Beide sind aus einer deutschen Perspektive –
und, ach, ich bin’s eben – hochmoralisch und erinnerungspolitisch besetzt.
So wie ich kein Verständnis mehr habe für Politiker, die [3][sich immer
noch nach Moskau einfliegen] lassen, so habe ich durchaus Verständnis für
diejenigen, deren Geduld mit (m)einer [4][grundsätzlich
israelsolidarischen] Perspektive angesichts der humanitären Katastrophe in
Gaza und im Westjordanland erschöpft ist.
## Der Haushalt als Leerraum
Der Haushalt bleibt, zwischen all diesen Zumutungen der Gegenwart, zwischen
den Traumata der Vergangenheit und den Schwarzen Schwänen der Zukunft, ein
Leerraum, ein Ort der Meditation, den ich jeder Yogasitzung und jedem Gym
vorziehe.
Vom Julienneschneiden bis zum Griesbreirühren, vom Vakuumieren bis zum
Kinderfahrradaufpumpen, vom Wespennestentfernen bis zum Blumenkaufen für
die tollen Kitaerzieher:innen – all diese im weitesten Sinne
Sorgearbeiten sind so notwendig wie verführerisch: Man kann sich ihnen
entziehen, was immer heißt, dass wer anderes sie erledigen muss; man kann
sich in ihnen aber auch verlieren, was auf Dauer in die Depression führt.
Wer in einem traditionellen Haushalt aufgewachsen ist, weiß, wie sich diese
Anteile auf die Geschlechter zumeist verteilten. Es amüsiert mich insofern
immer, wenn ich Statistiken zur Geschlechtergerechtigkeit beim Einkommen
und beim [5][Anteil an der Care-Arbeit] lese – ich arbeite sozusagen auf,
was mein Vater versäumt hat (ich vermisse dich trotzdem sehr, Papi, und
hoffe, du kommst bald aus dem Fegefeuer).
So, dit war dit, wie der Berliner sagt. Hier ist Schluss, die Hausarbeit
geht weiter.
4 Aug 2025
## LINKS
[1] /Sky-Doku-ueber-Claas-Relotius/!5921348
[2] /Die-Deutschen-und-der-Krieg/!6059911
[3] /Alkoholkonsum-und-Moskau-Connections/!6084321
[4] /Linke-im-Nahost-Konflikt/!6002060
[5] /Buecher-ueber-Vaeter-und-Care-Arbeit/!5686648
## AUTOREN
Ambros Waibel
## TAGS
Kolumne Das bisschen Haushalt
Care-Arbeit
Geschlechtergerechtigkeit
Social-Auswahl
Reden wir darüber
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