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# taz.de -- Turnen und Missbrauch: Die andere Meisterin
> Meolie Jauch gehört nicht zum Kader des Deutschen Turner-Bunds. Aber bei
> den Meisterschaften gewann sie. Ob sie zur WM fährt, steht noch nicht
> fest.
Bild: Turnt nur noch in der 2. Bundesliga, gehört aber immer noch zur deutsche…
„Ich wusste, ich kann meine Übung, aber ich bin echt überwältigt“, sagte
Meolie Jauch am Samstag, nachdem es ihr gelungen war, als letzte Starterin
des Barrenfinals die deutschen Meisterschaft an diesem Gerät für sich zu
entscheiden.
Meolie Jauch hatte bereits 2023 als 16-Jährige im deutschen WM-Aufgebot
gestanden. Seitdem ist viel passiert: Im April 2024 riss ein Kreuzband, die
Olympiasaison war passé. Im Oktober sagte sie in einem Podcast über den
Trainer, der sie im Bundesstützpunkt Stuttgart im Juniorenalter betreut
hatte: „Ich bin immer mit Angst ins Training gegangen“, und erklärte im
Dezember auf Instagram ihren Rückzug vom Leistungssport: „Nicht, weil ich
nicht mehr kämpfen will, nicht, weil mein Körper nicht mehr kann – sondern
weil es mental nicht mehr geht.“ In der Turnhalle fühle sie sich nicht mehr
wohl.
Es folgten viele Schilderungen [1][massiven Machtmissbrauchs], in deren
Folge die leitende Stützpunkttrainerin Marie-Luise M. und besagter Trainer
Giacomo C. entlassen wurden. Er hatte bei Olympia in Paris [2][Helen
Kevric] betreut, die wegen einer Verletzung an der Patellasehne in Dresden
nicht antrat. Auch die weiteren Kaderturnerinnen aus Stuttgart, die dort
mittlerweile von US-Startrainerin Aimée Boorman betreut werden,
verzichteten auf einen Start.
„Ich wusste nicht, ob ich weiterturnen möchte,“ sagt Meolie Jauch
rückblickend: „Ich habe mir dann NeckarGym mal angeschaut, und diese
Atmosphäre in der Halle, die hat mich so gecatcht, das war echt schön, und
ich wusste, dass Hasi da trainiert.“ Hasi, das ist Trainerin Ghazal
Seilsepour, die aktuell nebenberuflich im Verein NeckarGym Nürtingen
arbeitet, rund 30 Kilometer vom Bundesstützpunkt entfernt.
Dort hatte sie die siebenjährige Jauch die ersten Turnschritte gelehrt und
dann fast fünf Jahre lange betreut. 2021 wurde Seilsepours Vertrag als
Landestrainerin nicht verlängert, sie wechselte in den Schuldienst. Nach
Jauchs Verletzung sei es nicht einfach gewesen, man habe ihr den Rahmen
gegeben, alles in ihrem Tempo zu machen, und sie habe absolutes Vertrauen
in ihre Athletin. „Meo weiß, was sie tut, und sie ist unglaublich,
besonders im Wettkampf.“
## Rücktritt vom Rücktritt
Dass sie noch mal antreten würde, war nicht geplant. „Erst mal wollte ich
gar nicht irgendeinen Wettkampf turnen“, erzählt Jauch, „nicht mal
Bundesliga.“ Dann startete sie doch, für Nürtingen in der 2. Bundesliga,
und ihre Übung wurde immer besser. „Es ist auf jeden Fall noch Luft nach
oben“, weiß Jauch: „Es fehlt noch mein Abgang, und ich habe schon das Ziel,
den wieder in die Übung einzubauen.“ Mit einem Tsukahara-Abgang wäre ihre
Übung 5,7 Punkte wert und damit aktuell die schwierigste im deutschen
Kader.
Im offiziellen Kader ist Meolie Jauch aber nicht mehr. Für den Start in
Dresden bekam sie eine Ausnahmegenehmigung. Nun steht im Oktober eine WM
an, bei der lediglich Titel an den einzelnen Geräten vergeben werden.
Auf ihr erfolgreiches Comeback angesprochen, sagt [3][Bundestrainer Gerben
Wiersma], er sei „really happy“ für sie, aber nicht überrascht. „Sie ha…
nicht mit dem Turnen aufgehört, sondern nur den Rückzug von der
internationalen Bühne verkündet“, so seine Erinnerung. „Ich bin immer off…
für ein Treffen“, sagt Wiersma für den Fall, dass Meolie Jauch sich intern
für die WM qualifizieren wolle.
Ob sie diese Chance tatsächlich bekäme, wird von Wiersmas Goodwill
abhängen, da sie als Nicht-Kaderathletin nicht automatisch an den
anstehenden Qualifikationen teilnehmen darf, sondern eingeladen werden
müsste. „Das ist sicherlich in Betracht zu ziehen“, formuliert Wiersma
überraschend zurückhaltend.
„Ich sag niemals nie, ich lass es auf mich zukommen,“ so Jauch mit Blick
auf die WM. In den letzten Monaten habe sie nur dreimal die Woche
trainiert, nicht wie früher in Stuttgart zehnmal, und endlich auch gelebt.
Der Titel zeige ihr: „Man muss sich nicht zu Tode trainieren und mit
Schmerzen in den Wettkampf, es geht auch nachhaltig.“
3 Aug 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Sandra Schmidt
## TAGS
Turnen
Missbrauch
Gewalt im Sport
Leistungssport
Turnen
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