| # taz.de -- Olympische Spiele der Arbeiterbewegung: Sportler, hört die Signale! | |
| > Vor 100 Jahren wurde Frankfurt am Main zum Schauplatz der Ersten | |
| > Arbeiterolympiade – ein Ereignis, das Klassenbewusstsein auf die Bühne | |
| > brachte. | |
| Bild: Zur Eröffnung der 1. Internationalen Arbeiter-Olympiade versammelten sic… | |
| Paul Schuster war dabei, an diesen vier Tagen im Sommer 1925. Der damals | |
| 20-jährige Gewerkschafter und gelernte Modellschreiner nahm als Fußballer | |
| an der ersten Internationalen Arbeiterolympiade in Frankfurt am Main teil. | |
| Das war vor 100 Jahren, [1][am 24. Juli. Fast 100.000 Menschen waren in das | |
| „Große Frankfurter Stadion“ gekommen,] das damals als eine der modernsten | |
| Sportstätten der Welt galt. | |
| Es war faktisch die Eröffnung des späteren Waldstadions, das heute | |
| „Deutsche Bank Park“ heißt, zuvor einige Jahre lang „Commerzbank-Arena�… | |
| Schon diese Umbenennungen erzählen eine Geschichte. | |
| An die [2][Arbeiterolympiade] erinnert sich heute kaum noch jemand. Zum | |
| Glück haben Paul Schuster, der 1998 starb, und andere Teilnehmer oft von | |
| ihr erzählt. Es war die „gewaltigste Kundgebung, die Frankfurt, ja | |
| vielleicht Deutschland je erlebt hat“, wie das Offenbacher Tageblatt | |
| schrieb. Und das ist noch sehr bescheiden ausgedrückt: Es war eines der bis | |
| dahin größten Sportereignisse der Welt. | |
| Viel Presse kam. Selbstverständlich waren die Blätter, die der SPD | |
| gehörten, vor Ort. Und die auch im Arbeitersport konkurrierende KPD-Presse | |
| schaute ebenfalls genau hin. Die bürgerliche Frankfurter Zeitung war mit | |
| vier Sonderkorrespondenten vertreten. Sie sahen Sport, den sie so nicht | |
| kannten. Und zwar auf einem Niveau, das sie nicht für möglich gehalten | |
| hatten. | |
| Am 25. Juli, schon morgens um 8 Uhr, fand das „Langsamfahren“ statt. Mit | |
| dem Fahrrad musste eine Strecke von 100 Metern absolviert werden. Ohne | |
| umzufallen, ohne abzusetzen, ohne rückwärts zu fahren. Gewonnen hatte | |
| Valentin Stieber aus Güntersleben bei Würzburg in einer Zeit von 14 Minuten | |
| und 22 Sekunden. „Immerhin ist auch dies interessant“, vermerkte der | |
| sozialdemokratische Vorwärts leicht irritiert. Die 37.000 Zuschauer in der | |
| Radrennbahn waren schlicht begeistert. | |
| ## Es ging nicht um das Gewinnen | |
| An einem anderen Tag erlebten die Besucher, wie der Main beleuchtet wurde, | |
| „verschönt durch lampiongeschmückte Schwimmer und Ruderboote“, war die | |
| Frankfurter Zeitung beeindruckt. Daneben gab es auch solche Wettbewerbe: | |
| Tauziehen in drei Gewichtsklassen, ein 10-Kilometer-Straßengehen, und in | |
| der Frauenleichtathletik wurde zum allgemeinen Stolz ein Weltrekord | |
| aufgestellt. Die deutsche 4x100-Meter-Staffel gewann in 51,3 Sekunden | |
| deutlich vor den Finninnen, deren Team damals sonst beinah alles in der | |
| Leichtathletik dominierte. | |
| [3][Offiziell anerkannt wurde dieser Weltrekord jedoch nicht, denn es war | |
| ja Arbeitersport]. Also etwas ganz anderes als der Sport, der in Verbänden | |
| wie dem Deutschen Fußball-Bund oder der Deutschen Turnerschaft betrieben | |
| wurde. Seit Ende des 19. Jahrhunderts war die Bewegung gewachsen, und mit | |
| den Konflikten zwischen SPD und KPD spaltete sich auch der Arbeitersport. | |
| Die Arbeiterolympiade in Frankfurt war sozialdemokratisch geprägt. | |
| Gemeinsam war allen Arbeitersportlern die Ablehnung der Spiele des | |
| [4][Internationalen Olympischen Komitees (IOC)]. Die Arbeiter-Turnzeitung | |
| lobte die Frankfurter Veranstalter, die „mehr vom Volkssport und | |
| internationalen Sportsgeist verstehen als die, die in Deutschland sich | |
| erlauben, im Rattenfängergeist die große Flöte zu spielen, und innerlich | |
| doch wirklich arm sind in ihrem hohlen Nationalstolz“. | |
| Internationalismus war zentral. „Als beim Einmarsch der Nationen die | |
| Franzosen mit einer wuschelköpfigen Französin, die das Schild 'France’ | |
| getragen hatte, in das Stadion einmarschierten, da sprangen 40.000 Menschen | |
| vor Begeisterung auf“, berichtete Paul Schuster Jahrzehnte später. „Das war | |
| für mich also das größte Erlebnis, dass 40.000 Menschen dem Todfeind oder | |
| dem Erzfeind Frankreich so viel Sympathie entgegen brachten, als diese | |
| Franzosen einmarschierten.“ | |
| ## Es wurde gemeinsam die „Internationale“ gesungen | |
| Vor den Wettkämpfen wurden nicht die Nationalhymnen gespielt, sondern alle | |
| sangen gemeinsam die „Internationale“. Auch die Sportarten sollten | |
| möglichst anders sein. Das Langsamradfahren war nur ein Beispiel. Im | |
| [5][Radsport] fanden zudem Wettkämpfe im Reigenfahren statt: Da mussten | |
| Figuren vorgeführt werden, teils sehr artistisch als „Steuerrohrreigen“, | |
| bei dem man nur auf dem Hinterrad fährt. | |
| [6][Arbeitersport] wandte sich gegen den [7][„Rekordsport“], gegen das | |
| „Höher, schneller, weiter“ des bürgerlichen olympischen Sports. Mit dem | |
| Begriff „Sporttaylorismus“ wurde die Ähnlichkeit von sportlichem Training | |
| und industrieller Fließbandfertigung angegriffen. [8][Arbeitersport] wollte | |
| den Kapitalismus überwinden und verstand sich als Teil einer neuen, einer | |
| sozialistischen Kultur. | |
| „Systemwettstreit“ war der wohl bemerkenswerteste neue Sport, der | |
| dargeboten wurde. Systemwettstreit war extra für diese Olympiade | |
| ausgetüftelt worden. Es war kompliziert und ambitioniert oder, wie die | |
| Frankfurter Zeitung urteilte, „seltsam und bedeutend zugleich“. Jedem | |
| Teilnehmerland wurde hier die Aufgabe gestellt, „sein heimatliches | |
| Übungssystem“ vorzuführen, wie es im Regelbuch hieß. Ein Kampfgericht | |
| sollte dann entscheiden, ob die Übungsstunde, die gezeigt wurde, einen | |
| Einblick in den Trainingsalltag jedes Teilnehmerlandes ermöglichte und ob | |
| dies dort auch „als Ideal der körperlichen Erziehung für die Allgemeinheit | |
| empfunden wird“. Aus den Erfahrungen, die in der ganzen Welt mit Turnen und | |
| Sport gemacht wurden, sollte nämlich das Beste herausgefiltert werden: für | |
| die Körperkultur einer neuen Zeit. | |
| Allein, diesen Kram namens Systemwettstreit verstand kaum jemand. Die | |
| Organisatoren waren enttäuscht: „Lag es nun daran, dass die Aufgabe, die | |
| der internationale technische Ausschuss gestellt hatte, nicht noch eine | |
| spezialisierte Erläuterung enthielt, oder lag es an der Schwierigkeit der | |
| sprachlichen Verständigung überhaupt, kurz, es stellte sich jedenfalls | |
| heraus, dass die Nationen die Aufgabe ganz verschieden verstanden hatten.“ | |
| Trauriges Fazit im Abschlussbericht: „Es war kein Systemwettstreit.“ | |
| Alles andere, außer diese merkwürdige neue Disziplin, funktionierte aber | |
| gut. Die „Lebende Schachpartie“ etwa war vom Arbeiter-Schachbund eigens für | |
| die Olympiade konzipiert worden. „Die nachstehende Partie führt uns in die | |
| Zeit der großen französischen Revolution im Jahre 1789“, hieß es zur | |
| Erläuterung des Spiels mit menschlichen Figuren. „Sie zeigt, wie nach und | |
| nach die herrschenden Klassen im Kampfe gegen die Unterdrückten ihre | |
| Machtpositionen verlieren, und die letzteren durch Opferung ihrer besten | |
| Kämpfer zur Herrschaft gelangen.“ Mit dem ersten Zug e2-e4 begannen die | |
| vorrevolutionären Unruhen, nach dem 24. Zug war der König matt. | |
| ## Arbeiterolympiade war kein Kuriosum | |
| Noch mehr Kultur wurde geboten, nicht nur im Rahmenprogramm mit seinen | |
| Ausstellungen und Theaterdarbietungen. Es gab ein eigens für die | |
| Arbeiterolympiade komponiertes Weihespiel „Kampf um die Erde“, das 1.200 | |
| Arbeitersänger und -sängerinnen vortrugen: „Neuer Mensch / Du siehst die | |
| Wunden / offen noch / an deiner Erde. / Sie zu heilen / rüste dich / mach | |
| dich stark“. Ein „Festzug der Nationen“ mit mehr als 100.000 | |
| Arbeitersportlern sowie Trommlern und Spielmannszügen mit Transparenten, | |
| auf denen „Nieder mit dem imperialistischen Krieg!“, „Kämpft für den | |
| Achtstundentag!“ oder „Meidet den Alkohol!“ stand, zog durch Frankfurt. U… | |
| zum Abschluss der Olympiade sangen 100.000 Arbeitersportler die | |
| „Internationale“. | |
| Die Zahlen beweisen es: Die Internationale Arbeiterolympiade war kein | |
| Kuriosum. Es war eins der größten Sportfeste der Welt, und es stellte nicht | |
| nur die Organisatoren, sondern auch die Stadt Frankfurt, regiert von dem | |
| liberalen jüdischen Bürgermeister [9][Ludwig Landmann], vor große | |
| Herausforderungen. | |
| Die vielen Teilnehmer und Besucher mussten ja essen und irgendwo schlafen. | |
| „Bei der heutigen Wohnungsnot, die durch die Inflationszeit und die | |
| schlechte Bautätigkeit sich nicht vermindert, sondern vergrößert hat, ist | |
| es außerordentlich schwer, eine Besucherzahl von nahezu hunderttausend | |
| Personen in einer Stadt und deren Umgebung unterzubringen“, schrieb die | |
| Volkswacht. | |
| 103 Frankfurter Schulen wurden als „Massenquartiere“ angeboten. Täglich | |
| wurden bis zu 25.000 Eintopfgerichte zum Selbstkostenpreis ausgegeben, für | |
| die die Infrastruktur der Schulspeisung genutzt werden durfte. Die Stadt | |
| half viel: Nicht nur das Waldstadion, auch die daneben liegende Radrennbahn | |
| und das Stadionbad wurden neu errichtet. Für deren Bau war ein | |
| Beschäftigungsprogramm aufgelegt worden, in dem auch etliche | |
| Arbeitersportler Lohn und Brot fanden. | |
| Ganz reibungslos verlief allerdings die Zusammenarbeit nicht. Im | |
| offiziellen Pressedienst der Arbeiterolympiade wurde bemängelt, „dass nicht | |
| alle Kräfte der Stadtverwaltung in unserem Interesse angewandt werden. Eine | |
| bürgerliche Olympiade hätte mehr Verständnis gefunden“. | |
| ## Es ging ums gegenseitige Kennenlernen | |
| Mit der Reichsbahn hatten die Veranstalter 40 Sonderzüge vereinbart, die | |
| allerdings sehr einfach waren. Die Volksstimme fühlte sich an die Waggons | |
| erinnert, die 1914 die Männer zur Front gekarrt hatten. „Damals fuhren sie | |
| ihre Menschenlasten gegeneinander zum Kampf, hetzten sie in blutige | |
| Zerfleischung“, heißt es, „diesmal brachten sie die Massen zu einem Fest | |
| der Einheit, zu einer Kundgebung des Friedens.“ Doch ausgehandelte | |
| Preisermäßigungen für Zugtickets wurden von der Reichsbahndirektion für | |
| nichtig erklärt. Begründung: Zwischenzeitlich seien ja die Löhne erhöht | |
| worden. | |
| Ähnliche Erfahrungen machten die Veranstalter mit der Post. Ein Poststempel | |
| wurde als Werbung für die Olympiade vertraglich vereinbart, doch die Post | |
| kündigte dies einfach. „Als Grund wird angegeben“, heißt es im | |
| Olympiade-Pressedienst, dass dort ein „Artikel mit parteiischer Tendenz | |
| veröffentlicht“ worden sei. Dies sei der Beweis, dass die Olympiade nicht | |
| politisch neutral sei. „Für uns wird durch dieses Verhalten der Post nur | |
| der Wille gestärkt“, kommentierte der Pressedienst trotzig, „die Olympiade | |
| zu einer imposanten Kundgebung zu machen.“ | |
| Den angereisten Teilnehmern und Besuchern sollte viel geboten werden. Die | |
| Naturfreunde, die Tourismusorganisation der Arbeiterbewegung, organisierten | |
| Wanderungen durch den Taunus, und auch Bootsfahrten auf dem Main und dem | |
| Rhein wurden angeboten. Stolz verkündeten die Veranstalter, dass es | |
| gelungen war, „60 Prozent Preisermäßigung von der Dampfschifffahrt zu | |
| erlangen, so dass die Rheinfahrt nur auf 3 Mark zu stehen kommt“. | |
| Insgesamt wurde im Nachhinein geschätzt, dass es 450.000 Zuschauer und | |
| Teilnehmer dieser Arbeiterolympiade gab. An den vielen Massenfreiübungen | |
| nahmen 100.000 Menschen teil. Allein im Turnen waren es 17.000 Teilnehmer. | |
| Und im [10][Fußball] trugen 40 Mannschaften etwa 260 Spiele aus, für die | |
| Plätze in ganz Frankfurt und Umgebung gefunden wurden. Auch Paul Schuster | |
| und seine Freie Turnerschaft Bockenheim kickten hier mit. | |
| Bei den olympischen Wettkämpfen im engeren Sinne starteten immer noch etwa | |
| 3.000 Sportlerinnen und Sportler aus zwölf Verbänden, die nicht ganz | |
| identisch mit Ländern waren: So war etwa ein Verband | |
| „Tschechoslowakei-Prag“ und einer „Tschechoslowakei-Aussig“ dabei, aus … | |
| britischen Mandatsgebiet Palästina waren Sportler angereist, und auch die | |
| Freie Stadt Danzig hatte eine eigene Delegation. | |
| Als alles vorbei war, holte die [11][Frankfurter Zeitung], eines der großen | |
| bürgerlichen Blätter der Weimarer Republik, ein „Urteil des Fachmanns“ ei… | |
| Ein hoher Funktionär des deutschen bürgerlichen Sports, Wilhelm Dörr, wurde | |
| um einen Vergleich mit den Olympischen Spielen des IOC gebeten. „Es war | |
| eine Über-Olympiade im Über-Stadion“ schrieb der begeistert über das | |
| Frankfurter Fest. Er habe ein „Meisterstück“ gesehen, „das nach meinen | |
| Begriffen vorher niemand in der Welt so vollendet fertigbrachte“. | |
| Das Fußballfinale gewann [12][Deutschland] 2:0 gegen Finnland. Da zu den | |
| Besonderheiten des Arbeitersports gehörte, dass Personenkult nicht erlaubt | |
| war, fanden sich weder in den Protokollen noch in den Berichten über die | |
| [13][Fußballspiele] Namen der Torschützen oder bestimmter Spieler. Das las | |
| sich dann so: „Der deutsche Torwart zeigte seine hohe Klasse und war in | |
| allen Arten der Abwehr erfolgreich.“ Auch der hochgelobte „deutsche | |
| Mittelstürmer“ blieb anonym. | |
| In der fachlichen Auswertung des Finals durch die Veranstalter war von | |
| „einem überzeugenden Sieg der Deutschen wenigstens in dieser Kampfart“ die | |
| Rede, auch wenn ein Unentschieden gerechter gewesen wäre. Leicht gönnerhaft | |
| hieß es noch: „Den Finnen soll aber noch eine Anerkennung zuteil werden, | |
| und zwar für ihr ruhiges, widerspruchsloses Auftreten, auch dann noch, als | |
| der Schiedsrichter mehrere Abseitsstellungen zuungunsten der Finnen übersah | |
| bzw. falsch entschied.“ | |
| Vom sportlichen Niveau der Fußballwettbewerbe waren alle Beobachter | |
| begeistert. Das bürgerliche Fachblatt Der Fußball beispielsweise legte sich | |
| nach dem Finale fest: Die Auswahl der Arbeitersportler würde die offizielle | |
| Nationalmannschaft des DFB schlagen – und zwar „nach Belieben“. | |
| Nur: Darauf kam es niemandem an, zumindest offiziell nicht. Der | |
| Arbeitersport zielte nicht aufs Gewinnen, schon gar nicht sollten | |
| nationalistische Schlachten geschlagen werden. Es ging ums gegenseitige | |
| Kennenlernen, fremde Sportkulturen sollten entdeckt werden. „Außer Fußball | |
| werden noch andere Ballspiele vorgeführt, auch solche, die von deutschen | |
| Arbeitersportlern bisher nicht gespielt wurden“, schrieb der Pressedienst. | |
| ## Finanziell ein Desaster | |
| Entsprechend gaben die Veranstalter auch bereitwillig die Organisation in | |
| kompetentere Hände: „Beim Tennis hat Frankreich die Leitung, beim Korbball | |
| wird nach belgischen Regeln gespielt.“ Auch Wettbewerbe im Faustball und im | |
| Trommelball, ein Rückschlagspiel mit einem tamburinähnlichen Schläger, | |
| wurden ausgetragen und beim damals in Deutschland – zumindest im | |
| Arbeitersport – kaum bekannten Hockey wurde gleich das Wissen vermittelt, | |
| wie man das Wort (vermeintlich) aussprechen sollte: „Hockey (sprich: | |
| Höcki)“. | |
| Finanziell war die Erste Internationale Arbeiterolympiade ein Desaster, die | |
| Veranstalter machten jede Menge Schulden. Aber sportlich und politisch war | |
| die Bilanz großartig. Nicht nur sozialdemokratische Zeitungen, auch | |
| bürgerliche Blätter waren begeistert. Zurückhaltend war die Reaktion der | |
| kommunistischen Seite. Dieser [14][Flügel des Arbeitersports] hatte sich | |
| gegenüber der Frankfurter Olympiade zunächst unentschieden verhalten. Weil | |
| die Sowjetunion nicht eingeladen war, hatte etwa der Berliner | |
| Arbeitersport, in dem der kommunistisch geführte ASV Fichte dominierte, | |
| gegen eine Teilnahme votiert, letztlich aber waren allein von Fichte doch | |
| 174 Sportler dabei. Die Rote Fahne, Tageszeitung der KPD, schimpfte später, | |
| dass ihre „unermüdlichen Anstrengungen für die Einheitsfront“ bei den | |
| Olympiade-Veranstaltern „nicht die entsprechende Würdigung gefunden“ | |
| hätten. Der [15][Vorwärts], die Zeitung der SPD, schüttete daraufhin Häme | |
| über die Kommunisten aus: „Die blamierten Moskauer!“ | |
| 1928 veranstaltete der kommunistische Arbeitersport in Moskau sein erstes | |
| Weltfestival, die Spartakiade, eine Antwort auf die sozialdemokratische | |
| Arbeiterolympiade. Sie fiel nicht ganz so riesig aus wie der Frankfurter | |
| Auftakt, groß und beeindruckend war sie aber auch. Sie wurde parallel zu | |
| den bürgerlichen Olympischen Spielen 1928 in Amsterdam ausgetragen. Eine | |
| ähnliche Herausforderung versuchte Moskau drei Jahre später: 1931 fand in | |
| Wien die 2. Internationale Arbeiterolympiade statt. Zeitgleich sollte die | |
| 2. Internationale Spartakiade in Berlin stattfinden. Doch der Berliner | |
| Polizeipräsident und die sozialdemokratische Regierung Preußens verboten | |
| das Sportfest. | |
| Erst 1937, als die Nazis in Deutschland schon längst an der Macht waren, | |
| fanden Sozialdemokraten und Kommunisten zusammen – bei der 3. | |
| Internationalen Arbeiterolympiade, die im belgischen Antwerpen stattfand. | |
| Es war die letzte dieser Veranstaltungen, und auch wenn nur etwa 700 statt | |
| der erwarteten 4.000 bis 5.000 Sportler zu den offiziellen Wettkämpfen | |
| kamen, gilt Antwerpen ebenfalls als großer Erfolg. Zur Eröffnung kamen hier | |
| 100.000 Menschen. | |
| Auch Paul Schuster war in Antwerpen. 1937 war er zusammen mit Freunden auf | |
| dem Fahrrad von Frankfurt nach Belgien gefahren. Seine Freie Turnerschaft | |
| Bockenheim, ein Arbeitersportverein, war 1933 verboten worden, aber als | |
| loser Verbund trafen sich die Freunde weiter. Für die Strecke | |
| Frankfurt–Antwerpen brauchten Schuster und seine Freunde zwei Tage plus | |
| eine Nacht. Eine weitere Internationale Arbeiterolympiade hat es nie mehr | |
| gegeben. | |
| 24 Jul 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Arbeiter-in-der-Sportgeschichte/!5807954 | |
| [2] /Olympische-Spiele-der-Arbeiterbewegung/!5016005 | |
| [3] /Olympische-Spiele-der-Arbeiterbewegung/!5016005 | |
| [4] /IOC/!t5011449 | |
| [5] /Geschichte-des-Arbeitersports/!5869661 | |
| [6] /Alternative-Olympische-Spiele/!5786181 | |
| [7] /40-Jahre-taz-Leibesuebungen/!5969097 | |
| [8] /Athletica-aeterna-im-Zwielicht/!1604362/ | |
| [9] /Hundert-Jahre-Neues-Frankfurt/!6089050 | |
| [10] /Ausstellung-ueber-Arbeiterfussball/!5888365 | |
| [11] /Das-Sprachorgan-des-Kapitals/!550399/ | |
| [12] /Fussballnationalmannschaft-der-Arbeiter/!5076580 | |
| [13] /Europameisterschaft-und-Arbeiterfussball/!5778351 | |
| [14] /Arbeiter-in-der-Sportgeschichte/!5807954 | |
| [15] /Der-Vorwaerts-ist-Geschichte/!1815475/ | |
| ## AUTOREN | |
| Martin Krauss | |
| ## TAGS | |
| Sportgeschichte | |
| Arbeiter | |
| Solidarität | |
| Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
| Social-Auswahl | |
| Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
| Olympia 1936 | |
| Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Arbeiter in der Sportgeschichte: Hundert Jahre Zweisamkeit | |
| Der Arbeitersport trat an als Alternative zum bürgerlichen Turnen. Doch vor | |
| 100 Jahren begann die Spaltung in Sozialdemokraten und Kommunisten. | |
| Alternative Olympische Spiele: Das bessere 1936 | |
| Zu den Olympischen Spielen in Berlin waren gleich drei Gegenspiele geplant. | |
| In Barcelona fielen sie aus, Initiativen in New York und Prag waren | |
| erfolgreich. | |
| Olympische Spiele der Arbeiterbewegung: Gegen den Ungeist des Nationalismus | |
| Vor 90 Jahren veranstalteten Arbeiter ihre eigenen Olympischen Spiele – als | |
| Zeichen gegen die IOC-Spiele und für Völkerverständigung. |