# taz.de -- +++ Krieg in Nahost +++: Verhandlungen über Waffenruhe in Gaza ste… | |
> Knackpunkt ist wohl das Ausmaß des israelischen Abzugs. Iran will unter | |
> bestimmten Bedingungen doch mit der IAEO zusammenarbeiten. | |
Bild: Wie weit wird das israelische Militär abziehen? Israelisches Militär an… | |
Doha Gaza Tel Aviv dpa | afp | Die indirekten Gespräche zwischen Israel und | |
der Hamas über eine 60 Tage lange Waffenruhe im Gaza-Krieg sind | |
informierten Kreisen [1][zufolge ins Stocken geraten]. Beide Seiten machen | |
sich demnach gegenseitig für den mangelnden Fortschritt verantwortlich. | |
Ziel der Gespräche in der katarischen Hauptstadt Doha ist eine Waffenruhe | |
und die Freilassung von zehn lebenden Geiseln aus der Gewalt der Hamas | |
sowie die Übergabe von Leichen mehrerer Verschleppter. | |
Wie die Deutschen Presse-Agentur in Kairo aus Hamas-Kreisen erfuhr, stellt | |
das Ausmaß des israelischen Truppenabzugs aus Gaza während der Feuerpause | |
einen zentralen Streitpunkt dar. Die israelische Delegation in Doha habe | |
diesbezüglich „neue Landkarten“ auf den Tisch gelegt, sagte ein | |
Hamas-Vertreter. Israelischen Medienberichten zufolge besteht die | |
israelische Führung darauf, das Militär in einem weitflächigen Areal im | |
Süden des Gazastreifens zu belassen. (dpa) | |
## „Humanitäre Stadt“ – oder Internierungslager? | |
Israels Verteidigungsminister Israel Katz hatte erst zu Wochenbeginn | |
gesagt, dass Israel im südlichen Gazastreifen – auf den Trümmern der | |
Grenzstadt Rafah - [2][eine „humanitäre Stadt“] für 600.000 durch den Kri… | |
vertriebene Palästinenser errichten wolle. Kritiker sprechen von einem | |
Internierungslager, mit dem langfristig eine Zwangsdeportation verbunden | |
sein könnte. Israel spricht davon, Palästinensern eine „freiwillige | |
Ausreise“ zu ermöglichen. | |
Für die Hamas ist ein Verbleib israelischer Truppen in einem derart großen | |
Gebiet inakzeptabel. Bei früheren Waffenruhen hatte sich Israels Militär | |
schrittweise aus allen Bevölkerungszentren im abgeriegelten Küstengebieten | |
zurückgezogen. Es verblieb in einer etwa einen Kilometer breiten Pufferzone | |
entlang der Grenzen des Gazastreifens. | |
Die Hamas verlangte ursprünglich, dass Israel auch bei der neuen Waffenruhe | |
seine Truppen auf diesen Stand zurückzieht. Ein Hamas-Vertreter sagte der | |
dpa, seine Organisation habe in Doha in dieser Frage „Flexibilität“ | |
bewiesen und Bereitschaft zur Akzeptanz eines ausgedehnteren Verbleibs | |
israelischer Streitkräfte in Gaza signalisiert – wenn auch nicht in dem | |
Ausmaß, wie von Israel gefordert. (dpa) | |
## Landkarten für den Verhandlungstisch | |
Am späten Samstagabend verdichteten sich Hinweise, dass Israel am Sonntag | |
mit einer veränderten Landkarte zu den Vermittlern in Doha gehen könnte. | |
Dies berichtete der israelische Fernsehsender Channel 12 unter Berufung auf | |
einen namentlich nicht genannten Offiziellen eines anderen Landes. Ob sich | |
damit die Differenzen bei den Verhandlungen überbrücken lassen, war | |
zunächst nicht klar. Als Vermittler fungieren Diplomaten aus Katar, Ägypten | |
und den USA. | |
Israel hatte der Hamas zuvor vorgeworfen, durch ihre „kompromisslose | |
Haltung“ die Gespräche in Doha zu „sabotieren“, zitierte die israelische | |
Zeitung „Jediot Achronot“ einen israelischen Offiziellen. „Israel zeigte | |
Bereitschaft zu Flexibilität, während die Hamas (…) in Positionen verharrt, | |
die es den Vermittlern nicht erlauben, zu einem Abkommen zu gelangen“, | |
sagte der Beamte dem Blatt zufolge. Die Verhandlungen würden aber | |
weitergeführt, fügte er hinzu. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben | |
beider Konfliktparteien ist derzeit nicht möglich. (afp) | |
## Tausende demonstrieren für Geiselfreilassung | |
Tausende Menschen demonstrierten unterdessen in Tel Aviv und anderen | |
israelischen Städten für die Freilassung aller Geiseln, die die Hamas im | |
Gazastreifen festhält. „Das Zeitfenster, um alle 50 Geiseln, die Lebenden | |
und die Toten, nach Hause zu bringen, ist jetzt offen – aber nicht mehr | |
lange“, sagte Eli Scharabi als Redner auf der zentralen Kundgebung in Tel | |
Aviv einem Bericht der Zeitung „Haaretz“ zufolge. | |
Scharabi (53) war selbst 16 Monate lang Geisel in den Tunneln der Hamas in | |
Gaza. Nach seiner Freilassung Anfang Februar dieses Jahres musste er | |
erfahren, dass seine Frau und seine beiden kleinen Töchter beim Massaker | |
der Terroristen aus dem Gazastreifen am 7. Oktober 2023 ermordet wurden. | |
Die Familie hatte im Kibbuz Beeri gewohnt, nahe der Gaza-Grenze im Süden | |
Israels. Der Leichnam seines entführten Bruders Jossi wird noch in Gaza | |
festgehalten. | |
An Israels Regierungspolitiker gewandt, sagte Scharabi in seiner Ansprache: | |
„Ihr wurdet gewählt, um diesem Volk zu dienen. Mit Demut, mit | |
Bescheidenheit. Es war Arroganz, die das Unheil über uns brachte – und wir | |
dürfen nicht mehr zu diesem Verhaltensmuster zurückkehren.“ | |
Nach offiziellen israelischen Angaben werden noch 50 aus Israel entführte | |
Menschen im Gazastreifen festgehalten, davon sollen mindestens 20 noch am | |
Leben sein. Die Proteste richteten sich gegen die Regierung von | |
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, weil diese aus Sicht der | |
Demonstranten den Prozess der Geiselfreilassung in die Länge zieht. | |
Erst im Laufe der angestrebten 60-tägigen Feuerpause sollen die Seiten über | |
eine dauerhafte Einstellung der Kampfhandlungen und die Freilassung der | |
letzten Geiseln verhandeln. Eine Aussicht auf Freilassung haben diese nur, | |
wenn es dabei zu einer Einigung kommt. (dpa) | |
## Netanjahus Koalitionszwänge | |
Kritiker werfen Netanjahu vor, ein Kriegsende hinauszuzögern und so sein | |
eigenes politisches Überleben sichern zu wollen. Seine Regierungskoalition | |
schließt rechtsextreme und ultra-religiöse Parteien ein, die eine | |
militärische Besatzung des Gazastreifens fordern, um dort israelische | |
Siedlungen zu errichten. | |
Israel setzte derweil seine Angriffe gegen Stellungen, Bunker, Tunnel und | |
Waffenlager der Hamas an mehreren Stellen des Gazastreifens mit großer | |
Intensität fort. Allein im nördlichen Grenzort Beit Hanun bombardierten | |
Dutzende Kampfjets 35 „Terrorziele“ der Islamisten, wie es in einer | |
Mitteilung der israelischen Armee hieß. | |
Seit Samstagmorgen seien mindestens 129 Palästinenser bei israelischen | |
Angriffen getötet worden, berichtete die palästinensische | |
Nachrichtenagentur Wafa am späten Samstag unter Berufung auf die | |
Krankenhäuser in Gaza. 33 Menschen seien beim Versuch, an humanitäre Hilfe | |
zu gelangen, ums Leben gekommen. Auch diese Angaben, die nicht zwischen | |
Zivilisten und Kämpfern unterscheiden, ließen sich nicht unabhängig | |
überprüfen. Das israelische Militär bestritt in einer früheren Mitteilung, | |
dass seine Soldaten auf Hilfesuchende geschossen hätten. (dpa) | |
## Iran rudert teilweise zurück | |
Im Streit um sein Atomprogramm will der Iran die Zusammenarbeit mit der | |
Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) „in neuer Form“ fortsetzen. Die | |
Zusammenarbeit sei „nicht beendet, sondern wird eine neue Form annehmen“, | |
sagte der iranische Außenminister Abbas Araghtschi am Samstag. Nach | |
Angriffen Israels und der USA auf Atomanlagen und andere Ziele im Iran | |
hatte Teheran die Zusammenarbeit mit der UN-Aufsichtsbehörde Anfang Juli | |
ausgesetzt. | |
Nach der Aussetzung der Zusammenarbeit durch Teheran hatten die Inspekteure | |
der IAEA den Iran verlassen. Künftige Anfragen der Organisation zur | |
Überwachung der iranischen Atomanlagen sollten „von Fall zu Fall geprüft | |
werden“, erklärte Araghtschi am Samstag vor ausländischen Diplomaten. | |
Entscheidungen darüber würden „unter Berücksichtigung von | |
Sicherheitsaspekten“ vom Obersten Nationalen Sicherheitsrat des Iran | |
gefällt. | |
Israel hatte am 13. Juni einen Großangriff auf den Iran gestartet und | |
tagelang insbesondere Atom- und Militäranlagen in dem Land bombardiert. | |
[3][Der Iran griff Israel daraufhin mit Raketen und Drohnen an.] Die USA | |
schalteten sich schließlich an der Seite Israels in den Krieg ein und | |
bombardierten die iranischen Atomanlagen Fordo, Natans und Isfahan. Nach | |
zwölf Tagen Krieg trat am 24. Juni eine Waffenruhe zwischen Israel und dem | |
Iran in Kraft. (afp) | |
13 Jul 2025 | |
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