# taz.de -- Die Wahrheit: Der Stein, der vor Freude brüllt | |
> Einer der durchgeknalltesten Pfaffen der an durchgeknallten Pfaffen nicht | |
> armen Geschichte Irlands war der Frauen- und Engländerhasser John Fahy. | |
Am 19. Juli war John Fahys 56. Todestag. Das wäre nicht weiter | |
bemerkenswert, wenn Fahy nicht ein völlig durchgeknallter Pfaffe gewesen | |
wäre und seit den zwanziger Jahren bis zu seinem Tod 1969 die irische | |
Regierung geärgert hätte. | |
Ein örtlicher Polizeibeamter schrieb 1931 in einem geheimen Memo über ihn: | |
„Ich neige dazu, zu glauben, dass Pater Fahy nicht normal ist. Tatsache ist | |
aber, dass er in der Lage ist, erheblichen Schaden anzurichten, weil er | |
offenbar für die Irisch-Republikanische Armee und andere illegale | |
Bewegungen aktiv ist.“ | |
Landesweit bekannt wurde er, als er im Februar 1929 einen | |
Gerichtsvollzieher daran hinderte, Rinder von einer Bäuerin namens Bridget | |
Nevin zu beschlagnahmen, die ihre Pacht nicht bezahlt hatte. Fahy ließ die | |
Rinder frei, und sie wurden nie wiedergefunden. Bei seiner Verhaftung | |
erklärte er, dass er stolz auf seine Tat sei, weil das irische Volk nicht | |
verpflichtet sei, „den englischen Landbesitzern“ Pacht zu zahlen. | |
Die Regierung in Dublin überlegte noch, ob man ein peinliches | |
Gerichtsverfahren gegen den Priester einleiten solle, als Fahys | |
Vorgesetzter, Bischof John Dignam, erklärte, dass die Regierung gut beraten | |
wäre, die Anklage fallen zu lassen. Dignam berief sich auf das kanonische | |
Recht und erklärte, dass nicht der Staat, sondern er die Autorität über | |
Fahy habe. Die Polizei vermutete, dass der Bischof ähnliche politische | |
Ansichten hatte. | |
Konnte man Fahys Aktionen gegen englische Landbesitzer, deren Reichtum von | |
den Pachteinnahmen der Ländereien stammte, die man den Einheimischen | |
geraubt hatte, noch politisch legitimieren, so drehte der Geistliche im | |
Lauf der Zeit immer mehr durch. Er gründete eine Organisation namens Lia | |
Fáil, den „Stein des Schicksals“, und eine gleichnamige Zeitung. Dieser | |
Stein auf dem Hügel von Tara in der Grafschaft Meath, der als Krönungsstein | |
für die Hochkönige von Irland diente, soll vor Freude gebrüllt haben, wenn | |
der rechtmäßige Hochkönig seine Füße daraufstellte. | |
Fahy behauptete in seiner Zeitung, dass die meisten Übel Irlands eindeutig | |
den Frauen angelastet werden könnten, da unpatriotische Männer von Müttern | |
hervorgebracht würden, die aufgrund ihrer geringeren Intelligenz nicht in | |
der Lage seien, „die richtige Philosophie zu vermitteln“. | |
Der irre Pfaffe fantasierte von einer irischen Luftwaffe, die mit | |
Atomwaffen Nordirland zerstören würde. Er wollte alle Ausländer ausweisen, | |
die Auswanderung für illegal erklären, Juden, Freimaurer sowie Protestanten | |
einsperren und eine 100.000 Mann starke Armee aufbauen, um das britische | |
Empire zu zerschlagen. | |
Das britische Empire hat sich selbst erledigt, die irische Armee könnte | |
nicht mal eine Frittenbude verteidigen, und um unerwünschte Ausländer | |
kümmern sich rechtsradikale Organisationen, die Fahys Ideen an andere | |
Kleingeister verhöcken. | |
21 Jul 2025 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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