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# taz.de -- Riskantes Spiel von DFB-Trainer Wück: Nur die Idee zählt
> Christian Wück versucht, mit seinem Spielansatz aus dem Männerbereich den
> DFB-Frauen neue Impulse zu geben. Funktioniert hat das nie wirklich.
Bild: Kompakter, kompakter! Christian Wück hat eine Botschaft für die Spieler…
Turnierniederlagen sind im deutschen Fußball immer inakzeptabel und ein
grundsätzliches Problem. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass seit der
auch noch [1][sehr deutlichen 1:4-Niederlage gegen Schweden]
Grundsätzliches diskutiert wird. Lässt Bundestrainer Christian Wück nicht
viel zu offensiv spielen? Muss denn die Abwehrkette wirklich so hoch
schieben, dass der kleinste Fehler gleich zwangsläufig die höchste
Alarmstufe auslöst?
Wück ist genervt. Er hält die Risikodebatte für oberflächlich. Er will das
Risiko gerade dadurch minimieren, dass er das Spiel nach den Stärken seines
Teams ausrichtet, die eindeutig im Offensivbereich liegen. Unter seinen
Vorgängern Horst Hrubesch und Martina Voss-Tecklenburg verteidigten die
tiefer stehenden deutschen Abwehrreihen ebenfalls häufig dilettantisch, nur
war der Weg dann zum gegnerischen Tor viel weiter.
Das Problem, analysierte Wück, sei nicht die offensive Herangehensweise,
sondern die fehlende Kompaktheit gewesen. Die Spielerinnen hätten enger
beieinander stehen müssen. „Diese Kompaktheit wird ein Hauptschwerpunkt
werden“, kündigt er für die Trainingstage bis zum Samstag vor dem Spiel
gegen Frankreich an. Der Bundestrainer hält stoisch, andere würden sagen
unbelehrbar, an seiner Strategie fest.
Sowohl Wück als auch seine Kritikerinnen und Kritiker haben recht. Mehr
Kompaktheit wäre die Lösung des Problems, nur hat es mit der Kompaktheit
beim offensiven Verteidigen in der knapp einjährigen Amtszeit des
Bundestrainers noch nie so richtig geklappt. Quereinsteiger Wück, der zwölf
Jahre im männlichen Juniorenbereich DFB-Konzepte umsetzen half und [2][mit
der U17 im Jahr 2023 Weltmeister wurde], brachte von Beginn an fraglos
frischen Wind in den Mief bei den DFB-Frauen, der durch den jahrelangen
taktischen Stillstand entstanden war.
## Ein Lotteriespielansatz
[3][Der 4:3-Premierenerfolg im Wembleystadion] gegen England ähnelte
durchaus der vergangenen EM-Partie gegen Schweden. Nur erbrachte der
furiose Angriffsfußball in der Anfangsphase mehr eigene Tore. Danach legten
die Engländerinnen die Schwächen der deutschen Vorgehensweise bloß. Ein
Lotteriespielansatz mit ungewissem Ausgang.
Damals dachten die Beobachterinnen und Beobachter nur, wenn sich die
Abläufe und Spielmuster im Team verfestigen, würde sich das Risiko schon
minimieren. Dass dies bis heute nicht passiert ist, hat nicht nur mit
Verletzungsproblemen und wechselndem Personal gerade in der Abwehrkette in
den vergangenen Monaten zu tun. Die meisten Spielerinnen mussten sich im
DFB-Team an eine Spielidee aus der Männerfußballwelt adaptieren, die in
dieser Radikalität in ihren Vereinen nicht praktiziert wird.
Für Wück wiederum geht es nur um modernen Fußball, wie er sagt. „Egal ob
Nachwuchs, Männer oder Frauen. Es geht um Fußball. Ich mache da keine
Unterschiede, weil die Inhalte gleich sind.“
Allerdings verläuft im Männerfußball die Entwicklung genau umgekehrt. Die
Vereine, die in viel größerem Trainingsumfang akribisch mit ihren Profis
arbeiten können, setzen die innovativen Impulse, die dann später von den
Nationalteams in vereinfachter Form übernommen werden. Der Verbandsmensch
Wück will den Prozess im Frauenfußball nun von der anderen Seite aus
starten. So sagte er einmal zu den Erwartungen an seine Fußballerinnen:
„Hier geht es auch ums Verinnerlichen der DFB-Leitlinien, wie ich mich auf
welcher Position zu verhalten habe.“
Es ist zweifellos der deutlich schwierigere Weg. Und weil Wück bis kurz vor
der EM mit den Ergebnissen unzufrieden war, kamen immer mehr Spielerinnen
zu ihrem Länderspieldebüt. Das erschwerte das Verfestigen von Mustern
zusätzlich. Es fehlte ein eingespieltes Team. Wück räumte vor dem Turnier
ein: „Das ist der Knackpunkt, den wir haben.“
Die Datenanalyse von Global Soccer Network (GNS) kam anlässlich von Wücks
Kadernominierung zu dem Schluss, der Trainer habe nicht die besten
deutschen Spielerinnen berufen, sondern diejenigen, die am besten zu seiner
Spielsystem passen würden. Die Idee und DFB-Leitlinien scheinen über allem
zu stehen. Weil aber gerade im Defensivbereich die Alternativen rar sind,
scheint es eine unüberbrückbare Kluft zwischen eigenen Vorstellungen und
der Umsetzung zu geben.
Selbst wenn das kompakte, offensive Verteidigen nahezu perfekt gelingen
sollte, ist es kaum zu verhindern, dass die eher sprintschwachen Sarai
Linder oder Rebecca Knaak ein entscheidendes Laufduell bestreiten müssen.
Es ist nun gut möglich, dass Wück gegen die Angriffswucht von Frankreich
erstmals eine defensivere Ausrichtung wählt. Allein der Ausfall der
rotgesperrten Carlotta Wamser könnte ihn dazu bewegen, wie in der zweiten
Hälfte gegen Schweden erstmals auf eine Fünferkette in der Abwehr zu
setzen.
Das Problem wird nur sein, dass es in dieser Formation nun erst recht an
eingeübten Abläufen fehlt. Im Erfolgsfall wiederum, davon kann man
ausgehen, wird Wück seine ambitionierte Idee, den Frauenfußball von oben
nach unten zu verändern, erst einmal ruhen lassen.
19 Jul 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Johannes Kopp
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