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# taz.de -- Norwegischer Fußballverband: Hort des Widerstands
> Während andere Verbände alles durchwinken, was die Fifa dem Weltfußball
> zumutet, kommt aus Norwegen Protest. Der Widerspruchsgeist hat Tradition.
Bild: Ikone im Kampf für mehr Sichtbarkeit des Frauenfußballs: Norwegens Kapi…
Berlin taz | Es ist schon ein paar Jahre her, da gehörte Norwegen noch zu
den großen Frauenfußballnationen. 1995 holte das Land den WM-Titel, 2000
den Olympiasieg. Zweimal waren die Norwegerinnen Europameisterinnen, 1987
und 1993. Bei den großen Turnieren waren die Norwegerinnen immer dabei,
auch wenn in der jüngeren Vergangenheit die großen Titel ausgeblieben sind.
Die Qualifikation für das Viertelfinale gegen Italien bei dieser EM
(Mittwoch 21 Uhr, ZDF) gehört also zu den größeren Erfolgen der jüngeren
Verbandsgeschichte. Und doch fällt der Name des Landes oft, wenn über den
Weltfußball gesprochen wird. Denn der norwegische Fußballverband ist so
etwas wie der Hort des Widerstands in der menschenrechtsvergessenen
Kommerzwelt des internationalen Fußballs.
Unvergessen ist der Auftritt von Verbandspräsidentin Lise Klaveness beim
Fifa-Kongress in der katarischen Hauptstadt Doha ein halbes Jahr [1][vor
der WM 2022 im Emirat]. Die war eigentlich als Huldigungsshow für
Fifa-Präsident Gianni Infantino gedacht, dessen Schmusekurs mit Katar darin
gipfelte, dass er zur WM-Vorbereitung seinen Wohnsitz von der Schweiz nach
Katar verlegt hat. Die deutlichen Worte der Norwegerin Klaveness
verhagelten ihm dann zumindest für ein paar Augenblicke den Tag.
Sie sprach beinahe alles an, was die kritische Fußballgemeinde seit Jahren
an der WM im Emirat am Golf kritisiert hatte. Schon die Vergabe im Jahr
2010 habe unter „inakzeptablen Umständen und mit inakzeptablen
Konsequenzen“ stattgefunden. „Es darf keinen Platz geben für Arbeitgeber,
die die Freiheit und Sicherheit der WM-Mitarbeiter nicht gewährleisten
können. Keinen Platz für Funktionäre, die nicht in der Lage sind,
Frauenwettbewerbe zu organisieren. Keinen Platz für Gastgeber, die die
Sicherheit von LGBTQ+-Personen und den Respekt für sie nicht auf einer
rechtlichen Basis garantieren können“.
## Frauenstimme in der Männerwelt
Die ehemalige Fußballerin Klaveness, [2][die nach ihrem Jurastudium über
den Posten der Sportdirektorin an die Spitze des norwegischen Verbands]
gerückt war, hatte gezeigt, dass es auch in der wie gleichgeschaltet
wirkenden Männerwelt der Fifa möglich ist, öffentlich Widerworte zu
sprechen.
Als Ende 2024 auf einem virtuellen Fifa-Kongress per Akklamation die
WM-Turniere der Männer für die Jahre 2030 und 2034 an Spanien mit Marokko
beziehungsweise Saudi-Arabien in einer gemeinsam Abstimmung als Paket per
Akklamation vergeben worden sind, legte Klaveness ein Statement vor, in der
sie das Vorgehen der Fifa mit deutlichen Worten kritisiert hat. Wie in Doha
war sie mit ihrem Protest gegen die gemeinsame Abstimmung sowie gegen den
Hinrichtungsstaat Saudi-Arabien als WM-Gastgeber allein. Einmal mehr war
die Stimme der vergleichsweise kleinen Fußballnation Norwegen deutlich zu
vernehmen.
Das hat durchaus Tradition. Ada Hegerberg, die heute 30-jährige Stürmerin,
war 2017 in einen Streik getreten und hat lange nicht für das Nationalteam
gespielt, um gegen die strukturelle Ungleichbehandlung von Männern und
Frauen im norwegischen Fußball aufmerksam zu machen. Sogar die WM 2019 in
Frankreich ließ sie ausfallen. Dabei war sie auf dem Höhepunkt ihrer
Schaffenskraft, gerade als Weltfußballerin des Jahres mit dem Ballon d’Or
ausgezeichnet. Das Anliegen war ihr wichtiger als die WM.
Dabei hatte der norwegische Verband 2017 beschlossen, Frauen und Männern
gleiche Prämien für Einsätze in der Nationalmannschaft zu zahlen. Andere
Nationen waren da noch lange nicht so weit. Weil die Regelung aber nur
möglich war, weil die Männer gnädigerweise auf einen Teil ihrer Prämien
verzichtetet haben und sich ansonsten im Fußballalltag nichts an der
Benachteiligung von Frauen geändert hatte, setzte Ada Hegerberg ihren
Streik fort. [3][Seit 2022 kickt sie wieder für Norwegen].
Als Hegerberg für die WM 2019 abgesagt hat, war die heutige Verbandschefin
Klaveness noch Sportdirektorin. Mit widerständigem Verhalten hat sie
durchaus Erfahrung.
16 Jul 2025
## LINKS
[1] /Vor-der-Fussball-WM-in-der-Wueste/!5894077
[2] /Fussballverband-in-Norwegen/!5509121
[3] /Ada-Hegerberg-wieder-Nationalspielerin/!5841443
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Fußball-EM der Frauen 2025
Equal Pay
Fußball
Fifa
Schwerpunkt Korruption
Ada Hegerberg
Fußball
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