# taz.de -- Fußballshopping: Zum Stadion, Mantel kaufen | |
> In der Schweiz werden Stadien meist nicht durch Steuermittel finanziert. | |
> Einkaufszentren schaffen Abhilfe. | |
Bild: Der Kybunparks in St. Gallen: Stadion mit integriertem Einkaufszentrum | |
Den deutschen Fußballpuristen mögen die Stadionbesuche dieser Tage in der | |
Schweiz etwas merkwürdig erscheinen. Denn der Fußball spielt in den | |
Stadionbauten von Basel, Bern, Genf, Luzern, St. Gallen und Thun eher nur | |
so eine mittelwichtige Rolle. Ein [1][integriertes Einkaufszentrum] braucht | |
es mittlerweile schon, bevor in der Schweiz ein Stadion gebaut wird. | |
So könnte es schon sein, dass an diesem Mittwochmorgen in St. Gallen | |
folgendes Küchengespräch stattgefunden hat: „Wir brauchen doch eh noch ein | |
neues Bücherregal, dann gehen wir danach rüber und schauen uns Wales gegen | |
England an.“ In der Arena von St. Gallen können die Fußballerinnen dieser | |
Tage von der Interviewzone aus, die die Uefa markiert hat, das | |
Nachbargebäude des weltweit größten Möbelherstellers sehen. | |
Im Joggeli, wie die Basler ihr Stadion nennen, sind neben dem | |
Einkaufszentrum, das 32 Shops und 2 Restaurants beherbergt, noch eine | |
Altersresidenz und Büroflächen neben dem Stadion untergebracht. | |
Mantelnutzung nennen die Schweizer das. Dadurch wird der ganze Komplex erst | |
rentabel. Verrückt. In der Schweiz ist man tatsächlich der Ansicht, Fußball | |
müsse sich rechnen. Das muss doch spätestens den Stadtkämmerern in | |
Kaiserslautern, Berlin, Dresden und an vielen anderen Orten in Deutschland | |
die Sprache verschlagen, [2][wo Millionen von Steuergeldern zumindest für | |
die Instandhaltung der Arenen Jahr für Jahr ausgegeben werden.] | |
Für die Schweizer wiederum ist ein reines Fußballstadion ein Unding. In | |
Zürich, wo die beiden Spitzenvereine sich das Leichtathletikstadion teilen, | |
müht man sich seit Ewigkeiten um den Neubau einer Fußballarena ohne | |
Tartanbahn. Drei Volksentscheide hat es bereits gegeben. Der aktuelle | |
Entwurf, der eine Mehrheit hinter sich bringen konnte, hat zur | |
Querfinanzierung des Stadions zwei angrenzende 137 Meter hohe Hochhäuser | |
mit Mietwohnungen vorgesehen. Wegen diverser Störmanöver verzögert sich der | |
Baubeginn dennoch stetig. Die Errichtung von Fußballstadien ist trotz | |
fantasiereicher Ummantelungsstrategien hier wahrlich kein Selbstgänger. | |
Interessanterweise gab es auch in Deutschland Zeiten, in denen auf ganz | |
eigene Weise über mehr Rentabilität nachgedacht wurde. [3][Karl-Heinz | |
Rummenigge] sinnierte im Jahr 1989 in einem Interview mit dem Spiegel über | |
ein eingebautes Einkaufszentrum in einem neuen FC-Bayern-Tempel. Die | |
Vorzüge dieser Idee schienen ihm sonnenklar: „Die Frau, die überhaupt kein | |
Interesse am Fußball hat, geht in der Zeit einkaufen, guckt sich Geschäfte | |
an, macht, tut, was sie will. Das Kind, das auch kein Interesse hat, geht | |
ins Kino … Und der Vater geht zum Fußball und trifft sich um 17.30 Uhr mit | |
der Mutter wieder an Punkt X und fährt nach Hause. Und alle drei sind | |
glücklich und zufrieden und haben einen wunderbaren Samstag ohne Streit.“ | |
Erstaunlich eigentlich, dass der FC Bayern das bis heute noch nicht | |
umgesetzt hat. | |
10 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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