# taz.de -- Fingierte Metoo-Vorwürfe gegen Grünen: Urteil über Gelbhaar fäl… | |
> Die Grünen beenden die Aufarbeitung ihrer MeToo-Affäre, ohne die Vorwürfe | |
> gegen den Ex-Abgeordneten aufzuklären. Für die Zukunft haben sie | |
> Vorsätze. | |
Bild: Am Ende der Karriere: Für die Grünen geriet der Fall Stefan Gelbhaar zu… | |
Berlin taz | Sie haben sich Zeit gelassen: Fast ein halbes Jahr ist es her, | |
dass MeToo-Vorwürfe in den Wahlkampf der Grünen platzten und die Karriere | |
des Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar beendeten. Nachdem sich die | |
heftigsten Vorwürfe schon kurz darauf [1][als fingiert herausgestellt | |
hatten], setzte die Partei eine Untersuchungskommission ein. Am Donnerstag | |
veröffentlichte der Bundesvorstand schließlich eine Kurzform des | |
Untersuchungsberichts – und einen eigenen Beschluss, der Konsequenzen | |
daraus benennt. | |
Befrieden werden die Papiere aber wohl weder die parteiinterne Debatte um | |
den Fall Gelbhaar noch die um den allgemeinen Umgang mit | |
Belästigungsvorwürfen. Denn erstens liefert der Bericht keine endgültige | |
Aufklärung im konkreten Fall. Zweitens bleibt zunächst offen, welche | |
strukturellen Konsequenzen die Grünen für die Zukunft ziehen. Die | |
Kommission macht dazu zwar umfangreiche Anregungen. Der Vorstand will als | |
Konsequenz daraus aber zunächst eine weitere Arbeitsgruppe einrichten, die | |
„konkrete Umsetzungsvorschläge“ erarbeitet. | |
Im Dezember 2024 waren parteiintern erstmals Belästigungsvorwürfe gegen den | |
Berliner Bundestagsabgeordneten Gelbhaar aufgekommen. Mutmaßliche | |
Betroffene wurden an die Ombudsstelle der Bundespartei verwiesen, die vor | |
einigen Jahren für solche Fälle eingerichtet wurde. Deren Mitglieder | |
informierten wiederum unverzüglich Teile des Bundesvorstands. Auf Basis von | |
nicht verifizierten Vorwürfen wurde ein Gespräch mit Gelbhaar geführt, der | |
darauf hin seine Kandidatur für die Landesliste zur Bundestagswahl | |
zurückzog. | |
Sein Pankower Kreisverband, der ihn eigentlich schon als Direktkandidat | |
nominiert hatte, ließ ihn ebenfalls fallen. Zwischenzeitlich [2][berichtete | |
der RBB detailliert über einzelne, strafrechtlich relevante Vorwürfe.] Sie | |
stellten sich später als falsch heraus, Gelbhaars Bundestagskarriere war | |
dennoch beendet. | |
## Kommission widerspricht Nietzard | |
Die Kommission, die der Bundesvorstand mit der Aufarbeitung beauftragte, | |
bestand aus nur zwei Personen: Jerzy Montag und Anne Lütkes, beide | |
JuristInnen und ehemalige Grünen-PolitkerInnen. In ihrem Bericht schreiben | |
sie, dass es zumindest einzelnen Personen, die hinter Meldungen an die | |
Ombudsstelle steckten, um eine „Instrumentalisierung für parteipolitische | |
Zwecke“ gegangen sei. Eine Aussage über „den Wahrheitsgehalt der einzelnen… | |
Meldungen solle damit aber nicht getroffen werden. | |
Eindeutiger urteilt das Duo über den internen Umgang mit den Vorwürfen. | |
Dass die Ombudsstelle sofort und auf dünner Faktenbasis den Bundesvorstand | |
eingeschaltet hat, nennt die Kommission „verfrüht und somit einen Fehler“. | |
Dahinter sieht die Kommission strukturelle Schwächen: Die Ombudsstelle der | |
Grünen sei nicht in der Parteisatzung verankert, „legitimierte | |
Verfahrensregelungen“ oder Regeln zur „Auswahl und Amtsdauer der | |
Ombudspersonen“ fehlten. Es sei problematisch, dass die Ombudsstelle aus | |
Angestellten der Parteizentrale bestehe – und somit aus Personen, die | |
beruflich und finanziell von der Partei abhängig sind. | |
## Unschuldsvermutung gilt auch für Ombudsverfahren | |
Jette Nietzard, Sprecherin der Grünen Jugend, hatte im Januar noch mit der | |
Bemerkung für Aufsehen gesorgt, für parteiinterne Fälle gelte keine | |
Unschuldsvermutung. Dem widerspricht die Kommission jetzt implizit: Für die | |
Zukunft fordern sie eine „beschlusslegitimierte rechtsstaatlich normierte | |
Verfahrensordnung“. Die Unschuldsvermutung sei dabei ein „tragendes | |
Element“ und in Zukunft müsse sich das im Regelwerk wiederfinden. | |
Die neue Arbeitsgruppe, die der Bundesvorstand jetzt ankündigt, soll sich | |
bei der Erarbeitung neuer Strukturen an den Vorschlägen der Kommission | |
orientieren. Explizit betont der Vorstand aber auch, dass neue Regeln nicht | |
nur der Rechtsstaatlichkeit, sondern auch feministischen Ansprüchen | |
gerechten werden soll: „Einseitig“ wolle man Widersprüche zwischen beidem | |
nicht auflösen. | |
12 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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