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# taz.de -- Jungnazis in Thessaloniki: „Wir glauben an Blut“
> In der nordgriechischen Metropole hat die Polizei die extrem brutal
> auftretende „Nationalistische Jugend“ (EN) ausgehoben. Sie verbreitete
> jahrelang Angst und Schrecken.
Bild: In den Wohnungen der Jungnazis wurden u.a. Waffen wie Eisenstangen, Messe…
Athen taz | Sie jubelten über die schweren Körperverletzungen, die sie
ihren Opfern bei ihren mit schonungsloser Härte ausgeführten Angriffen
zufügten. Einer prahlte: „Mensch, ich habe einen Kerl am Kopf getroffen,
ich habe seinen Schädel aufgerissen. Sein Kopf hat stark geblutet.“ Der
andere protzte herum: „Ich habe ihm zuerst einen ordentlichen Schlag auf
den Kopf verpasst, dann drei volle Tritte in die Fresse, bis er zu Boden
fiel.“
Die Dialoge sind aufschlussreich. Abgehört wurden sie in wochenlangen
Ermittlungen der griechischen Polizei (Elas) gegen die „Nationalistische
Jugend“ (Ethnikistiki Neolaia/EN). Die hellenischen Jungnazis trieben seit
2019 ihr Unwesen in der nordgriechischen Millionenmetropole Thessaloniki.
Dort sollen sie eine Vielzahl von rassistischen Angriffen, Schlägereien,
Raubüberfällen und Diebstählen verübt haben.
Damit ist es nun vorbei. Ausgehoben wurde die rechte Terror-Gruppe bei
einer groß angelegten Operation am 7. Mai in Thessaloniki. Insgesamt 28
Mitglieder im Alter von 16 bis 28 Jahren, darunter 13 Minderjährige, wurden
festgenommen. Zwei weitere Personen werden noch gesucht, darunter ein
Minderjähriger, der sich ins Ausland abgesetzt haben soll.
## Menschenhandel und gefährliche Körperverletzung
Unterdessen sind die Jungnazis angeklagt worden. Ihnen wird unter anderem
die Bildung einer kriminellen Vereinigung, der Menschenhandel durch
Anwerbung von Minderjährigen zur Begehung von Straftaten, die Anstiftung zu
Straftaten und Gewalt mit rassistischen Motiven, gefährliche
Körperverletzung sowie die Beschädigung fremden Eigentums vorgeworfen.
Zwei EN-Mitglieder, darunter der mutmaßliche Anführer, sitzen derweil in
U-Haft. Die übrigen 26 EN-Mitglieder, darunter die 13 Minderjährigen, sind
unter strengen Auflagen wieder frei. In der umfangreichen Strafakte werden
im Detail Angriffe auf Personen der Antifa sowie Vandalismus mit
rechtsextremen Parolen in Schulen und einem Parteibüro beschrieben.
## Waffen im großen Umfang beschlagnahmt
In den Wohnungen der Jungnazis wurden Kleidung mit nationalistischen
Symbolen, Aufkleber, Druckerzeugnisse mit rassistischen Symbolen und Waffen
wie Eisenstangen, Messer, Schwerter, Metall- und Holzstangen, Jagdpatronen,
Steinschleudern und pyrotechnische Geräte beschlagnahmt.
Bisherigen Erkenntnissen zufolge nutzte der „enge Kern“ der EN in seiner
Kommunikation den Online-Dienst Telegram. In den sozialen Medien warb EN
für ihre rechtsextreme Ideologie, ständig bemühte man sich um neue
Mitglieder.
Es gab eine klare Hierarchie: erwachsene Mitglieder leiteten die jüngeren
Mitglieder an. EN nahm an sogenannten patriotischen Aufmärschen mit
sichtbaren Abzeichen der Organisation teil. Um Nazisymbole betrieb EN einen
Kult. Unverhohlen erklärte das EN-Mitglied mit dem Rufnamen „Ierakas“: „…
haben eine ideologische Basis, die uns eint. Wir glauben an Blut, an die
Idee von Blut und Erde. Sie verlangt von uns, dass wir das Bindeglied
zwischen den toten und den ungeborenen Seelen unserer (griechischen) Nation
sind.“
Der mutmaßliche EN-Anführer, ein 28-jähriger Mann, [1][stammt aus der
berühmt-berüchtigten Partei Goldene Morgenröte (Chrysi Avgi/XA]), die von
Mai 2012 bis Juli 2019 im Athener Parlament saß. Nach dem Mord am 18.
September 2013 an dem linken Hip-Hop-Sänger und antifaschistischen
Aktivisten Pavlos Fyssas durch ein XA-Mitglied wurde die gesamte
Führungsriege der Morgenröte im Oktober 2020 erstinstanzlich wegen der
Bildung einer kriminellen Organisation zu langjährigen Haftstrafen
verurteilt und kam ins Gefängnis.
Die Goldene Morgenröte ist bis dato indes nicht verboten, ebenso nicht ihre
Jugendorganisation. [2][Im Knast sitzt bis heute auch ihr
Ex-Führungsmitglied Ilias Kasidiaris]. Der 44-Jährige ist hierzulande
insbesondere unter Jungnazis beliebt, nachweislich verehren ihn auch die
EN-Mitglieder. Die von Kasidiaris gegründete Partei Griechen (Ellines)
wurde jedenfalls 2023 von den hiesigen Doppelwahlen für das Parlament
ausgeschlossen.
24 May 2025
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## AUTOREN
Ferry Batzoglou
## TAGS
Griechenland
Goldene Morgenröte
Rechtsradikalismus
Schwerpunkt Neonazis
Faschismus
Thessaloniki
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Kyriakos Mitsotakis
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