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# taz.de -- Gesunkenes Flüchtlingsboot: Strafverfahren gegen Mitglieder der gr…
> 2023 kenterte ein Boot vor der Küste Griechenlands, rund 600 Geflüchtete
> starben. Die Staatsanwältin erhebt schwere Vorwürfe gegen die
> Küstenwache.
Bild: Überlebende des Schiffsunglücks von Pylos fordern Gerechtigkeit, 16. M�…
Athen taz | Es ist ein Durchbruch in der rechtlichen Aufarbeitung des
katastrophalen Schiffbruchs im Juni 2023 vor der südwestgriechischen
Küstenstadt Pylos, bei dem mutmaßlich rund 600 Geflüchtete ertranken: Gegen
17 Mitglieder der griechischen Küstenwache ist ein Strafverfahren eröffnet
worden.
Die zuständige Staatsanwältin am Seegericht Piräus leitete nach Abschluss
der Vorermittlungen nun das Verfahren gegen den Kapitän und die Besatzung
des Schiffes LS 920 der griechischen Küstenwache, den Ex-Chef der
Küstenwache, den Leiter der griechischen Einsatzzentrale für die Suche und
Seenotrettung (EKSED) sowie gegen zwei diensthabende Offiziere ein. Dies
gaben sechs NGOs, die Überlebende und Angehörige von Opfern der Katastrophe
juristisch vertreten, in einer gemeinsamen Stellungnahme bekannt.
Vorgeworfen werden dem Kapitän die Verursachung eines Schiffbruchs sowie
der gefährliche Eingriff in den Schiffsverkehr, die eine Gefahr für das
menschliche Leben darstellten und den Tod einer großen Anzahl von Menschen
zur Folge hatten, sowie unterlassene Hilfeleistung. Die Besatzung der „LS
920“ wird wegen einfacher Mittäterschaft angeklagt.
Der Ex-Chef der Küstenwache, der EKSED-Leiter und die zwei diensthabenden
Offiziere haben sich dafür zu verantworten, andere Personen einer
lebensgefährlichen Situation ausgesetzt zu haben. Demgegenüber wurden die
Vorermittlungen gegen vier weitere Offiziere der griechischen Küstenwache
eingestellt.
Dass nach Abschluss der Vorermittlungen ein Strafverfahren eröffnet wird,
heißt noch nicht, dass es sofort zum Prozess kommt. Zuerst hat die
Staatsanwaltschaft nach Abschluss der im Fall Pylos nun einsetzenden
Hauptuntersuchung zu entscheiden, ob die 17 Mitglieder der Küstenwache vor
Gericht zu stellen sind oder nicht.
## Gekentert auf offener See
Am 10. Juni 2023 war der heillos überfüllte Fischkutter „Adriana“ mit wohl
bis zu rund 750 Menschen an Bord vom ostlibyschen Tobruk in See gestochen.
Das Ziel: Italien. [1][Das Boot kenterte] am 14. Juni, mitten in der Nacht,
auf offener See, 47 Seemeilen vor Pylos. Gerettet wurden nur 104 Menschen,
die vom Außendeck ins Meer springen konnten. Für das Gros der Passagiere
kam jede Hilfe zu spät, 82 Leichen wurden geborgen.
Neun Ägypter wurden von den griechischen Behörden verdächtigt, als
Schlepper fungiert zu haben. Nach ihrer über elf Monate dauernden U-Haft
befand das Berufungsgericht in der südgriechischen Stadt Kalamata am 21.
Mai 2024, dass es in der Strafsache nicht zuständig sei.
Schon früh richtete sich der Blick auf das Seegericht in Piräus. Mehrere
Dutzend Personen hatten dort Strafanzeige gestellt. Die griechischen
Behörden hätten den [2][Massentod vor Pylos] nicht nur verhindern können,
sondern das Unglück sogar verursacht. Die „LS 920“ habe sich der „Adrian…
zwar genähert, aber keine Hilfeleistung erbracht, was sie ob der
offenkundig gefährlichen Lage auf dem Kutter hätte tun müssen. Schließlich
hätten die Küstenwächter versucht, die „Adriana“ mit einem Seil
abzuschleppen, bevor der Kutter sank.
Klar ist jetzt: Laut der Anklageschrift drohen den Küstenwächtern
langjährige Haftstrafen wegen Kapitalverbrechen. Dass ausgerechnet die
griechische Küstenwache beim Thema Flüchtlinge derart [3][von der hiesigen
Justiz unter Druck gesetzt wird], ist ein einmaliger Vorgang und zugleich
ein Meilenstein in der rechtlichen Aufarbeitung einer unfassbaren Tragödie.
„Das ist ein bedeutender Schritt zur Rechtfertigung der Opfer und
Gerechtigkeit“, erklärten die Anwälte der Überlebenden und Familien der
Opfer.
25 May 2025
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## AUTOREN
Ferry Batzoglou
## TAGS
Griechenland
Geflüchtete
Mittelmeer
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt UN-Migrationspakt
Seenotrettung
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