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# taz.de -- ZDF-Dokumentation „Inside CDU“: Nah bei Friedrich Merz, fern vo…
> Die ZDF-Doku „Inside CDU“ begleitet Unions-Politiker:innen im Wahlkampf.
> Kann sie uns etwas über Merz’ Fehlstart bei der Kanzlerwahl verraten?
Bild: Doku-Reihe „Inside CDU“
Die neue ZDF-Dokumentationsreihe [1][„Inside CDU“] will Einblicke in den
Aufstieg der CDU nach dem Scheitern der Ampel-Koalition geben. Monatelang
begleitete das Team führende CDU-Politiker:innen im Wahlkampf.
Im Mittelpunkt: Friedrich Merz, der nach langem Anlauf schließlich Kanzler
wurde – wenn auch erst [2][im zweiten Wahlgang]. Dieser Rückschlag zeigt,
dass Merz’ Koalition schon vor ihrem Start nicht geschlossen hinter ihm
steht. Keinem seiner Vorgänger:innen ist das passiert. Alle
Kanzlerkandidat:innen wurden beim ersten Versuch gewählt.
Die Frage, die sich stellt: Hätte man diesen Fehlstart erahnen können? Und
was sagt uns die Doku darüber, die am 5. Mai veröffentlicht wurde? Eine
gekürzte und aktualisierte Fassung der Doku, die auch die Ereignisse rund
um Merz' Kanzlerwahl zeigt, wurde am Dienstag, dem Kanzlerwahltag, abends
im ZDF ausgestrahlt.
Im Zentrum der Doku-Reihe stehen Kanzlerkandidat Merz und
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. Die CDU wird als Partei dargestellt,
die sich nach der Ampel-Zeit trotz globaler Krisen, wachsendem Rechtsruck
und schwieriger Koalitionsverhandlungen voller Zuversicht neu sortiert. Der
Ton ist aufbruchsvoll, es müsse einen politischen Wandel geben.
Geschlossen will die CDU wirken, als Gegenentwurf zur Ampel. Selbst in
Wahlkreisen mit starkem AfD-Einfluss, wie bei der sächsischen
Direktkandidatin Christiane Schenderlein, gibt man sich kampfbereit. Neben
ihr werden auch die Aachener Direktkandidatin Catarina dos Santos-Wintz und
Philipp Amthor im Wahlkampf begleitet. Amthor spult seine bekannten Allüren
ab: „In Deutschland kann man viel erreichen, wenn man fleißig ist, wenn man
sich anstrengt“. Schenderlein kämpft hingegen um Wählerstimmen in
Nordsachsen.
## Eine Dauerwerbesendung
Doch statt den Wahlkampf kritisch zu kontextualisieren, wirkt „Inside CDU“
über weite Strecken wie eine Dauerwerbesendung. Besonders Linnemann wird
nahezu nahbar inszeniert, er rechnete während des Wahlkampfs mit mindestens
30 Prozent der Stimmen. Dass Linnemann noch im Januar ein „[3][Register für
psychisch kranke Gewalttäter]“ forderte – ein Vorschlag mit
stigmatisierendem Beigeschmack – bleibt in der Doku unerwähnt.
Auch Merz kommt erstaunlich gut weg. Der CDU-Chef, der sich im Wahlkampf
durch populistische Töne zur Migration, rechte Rhetorik und abwertende
Kommentare gegenüber politischen Gegner:innen profilierte, wird hier als
pragmatischer Strippenzieher zwischen Markus Söder (Ministerpräsident
Bayerns) und Daniel Günther (Ministerpräsident Schleswig-Holsteins)
inszeniert.
Der wiederkehrende Konflikt innerhalb der Partei: Die Grünen. Dass Söder
eine Koalition öffentlichkeitswirksam ausschloss, gefiel Günther gar nicht,
denn in Schleswig-Holstein regieren Schwarz-Grün gemeinsam.
Außer diesem großen Konflikt werden CDU-interne Spaltungen in der Doku
nicht wirklich thematisiert. Insgesamt stehen die Protagonist:innen
relativ geschlossen hinter Merz und wirken siegessicher. Welche Gründe am
Ende dazu führte, dass Merz am Dienstag im ersten Gang der Kanzlerwahl
durchfiel, und ob auch Spaltungen innerhalb der CDU dazu beigetragen haben
könnten, erklärt die Doku nicht.
## Blick hinter die Kulissen der Macht
Der Titel „Inside CDU“ suggeriert investigative Recherche, einen Blick
hinter die Kulissen der Macht. Was geliefert wird, ist jedoch vor allem
eines: Begleitmaterial zum Wahlkampf der CDU. Fast nebenläufig kommen
kritische Stimmen zu Wort, wie die von Alisha Mendgen (RND), Helene
Bubrowski (Table.Media), Miriam Lau (Die Zeit) oder Robin Alexander (Welt).
Linke Einordnungen fehlen allerdings, interessante neue Erkenntnisse gibt
es nicht.
Eine Folge widmet sich [4][Merz „5-Punkte-Plan“ für Migration] aus dem
Januar, den er auch mit Zustimmung der AfD durchbringen wollte. Die Folge:
Deutschlandweite Demonstrationen gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD.
Merz wird an der Stelle besonders von der RND-Journalistin Mendgen als
emotional und impulsiv beurteilt. Stern-Reporter Veit Medick kritisiert den
Fokus auf Migrationspolitik als „strategische Fehlentscheidung“. Die Lage
der politischen Gegner:innen sei schlecht gewesen, deshalb hätte Merz
eigentlich ein leichtes Spiel gehabt. Grundsätzlich verpasst es die
Doku-Reihe allerdings, Merz politische Inhalte journalistisch einzuordnen
und somit auch seine migrationsfeindlichen Haltungen klar zu benennen.
## Ein politischer Schock
Das [5][Wahlergebnis der Bundestagswahl] kommt am Ende der Doku wie ein
politischer Schock für die CDU. Linnemann sagt, ihm habe das Wahlergebnis
„den Boden unter den Füßen weggezogen“. Und die Doku stellt die Frage nach
den Ursachen kaum. Merz’ Karriere ist durchzogen von Skandalen, Aussetzern
und einer Politik, die mehr den Überprivilegierten nützt als der Breite der
Gesellschaft. Dass das verhältnismäßig ernüchternde Bundestagswahlergebnis
vielleicht die Konsequenz von Populismus und einer Politik von gestern ist,
die besonders junge Menschen kaum anspricht, wird in der Doku angedeutet,
aber nicht analysiert.
In der gekürzten Fassung allerdings wird auch der gescheiterte erste
Kanzlerwahlgang gezeigt. So bewertet Hauptstadtkorrespondent der
Rheinischen Post Hagen Strauß: „Das ist ein absolutes Debakel für Friedrich
Merz, aber auch für Schwarz-Rot. Da sieht man mal, wie groß das Misstrauen
unter den Koalitionären doch noch ist.“
Und so bleibt die Frage: Hätte man ahnen können, dass Friedrich Merz keinen
reibungslosen Start ins Kanzleramt hinlegt? Eigentlich ja. Dass er es
allerdings auf den letzten Metern schwer haben würde, Kanzler zu werden,
war überraschend.
Die politischen Ziele der CDU werden in der Doku wenig beleuchtet. Wie
gefährlich die Verschiebung der Partei nach rechts ist, bleibt weitgehend
außen vor. Wer wirklich wissen will, wohin die CDU steuert, braucht keine
zweieinhalb Stunden CDU-Innenansichten.
7 May 2025
## LINKS
[1] https://www.zdf.de/dokus/inside-cdu-102
[2] /Friedrich-Merz-Kanzlerwahl/!6083359
[3] /Problematischer-Vorstoss-der-CDU/!6056569
[4] /Antrag-gegen-Migration-im-Bundestag/!6062259
[5] /Die-Bundestagswahl-in-Zahlen/!6062600
## AUTOREN
Leyla Roos
## TAGS
CDU/CSU
Friedrich Merz
Kanzlerkandidatur
Friedrich Merz
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Schwarz-rote Koalition
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