# taz.de -- Olympia-Attentat 1972: Es gab gar keinen Fernseher | |
> Historiker fanden über den Anschlag auf israelische Sportler 1972 heraus: | |
> Die Terroristen haben den Polizeieinsatz nicht live im TV verfolgt. | |
Bild: Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher verhandelt mit Terroristen | |
Es schien bislang zum gesicherten Wissen zu gehören, das die Welt über das | |
Attentat auf israelische Sportler bei den [1][Olympischen Spielen 1972] in | |
München hatte: Die Täter vom palästinensischen Kommando „Schwarzer | |
September“ hätten die Maßnahmen der Polizei live im Fernsehen verfolgt. Es | |
war zum „Symbol für den Dilettantismus von Polizei und Krisenstab“ | |
geworden, wie die Historiker Adrian Hänni, Dominik Aufleger und Lutz | |
Kreller formulieren. | |
Doch die drei Wissenschaftler vom Münchner Institut für Zeitgeschichte | |
(IfZ) können zeigen: Dies ist ein Mythos, es gab in den Apartments der | |
Sportler keine Fernseher und keine Radios. Der Bericht der Historiker | |
stellt ein Zwischenergebnis der [2][Erforschung des Olympiaattentats] dar, | |
bei dem elf israelische Sportler ermordet wurden. Mit der Erforschung ist | |
eine [3][Kommission von internationalen Experten] beauftragt, die mit dem | |
IfZ zusammenarbeitet. | |
Der Bericht, der am Mittwoch vorgestellt wurde, hilft auch, die Abfolge | |
besser zu verstehen. Ein Polizeiangriff auf das Apartment, in dem die | |
Sportler als Geiseln gehalten wurde, wurde nicht etwa wegen des Verdachts, | |
die Terroristen könnten alles live im TV verfolgen, abgesagt. Abgebrochen | |
wurde er vielmehr, weil sich gerade eine Verhandlungsdelegation mit | |
Innenminister Hans-Dietrich Genscher auf dem Weg ins Apartment befand. | |
Was die Historiker jedoch betonen, ist das Ziel der Attentäter, eine | |
möglichst große Weltöffentlichkeit mit Bildern zu versorgen. Der | |
Kommandoführer Issa erklärte, so könne er „die Welt, die hier in so | |
großartiger Weise zusammengekommen“ sei, „auf die Belange der Araber | |
aufmerksam machen“. | |
Auch dem nun widerlegten Mythos können die Historiker „in einem gewissen | |
Sinn eine höhere Wahrheit“ abgewinnen: Denn jede Menge Dilettantismus hatte | |
es bei den deutschen Behörden wirklich gegeben. Nur eben dieses eine Detail | |
nicht. | |
14 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Olympia-Attentat-in-Muenchen/!t5870931 | |
[2] /Olympia-Attentat-Muenchen-1972/!5958626 | |
[3] /Muenchner-Olympia-Attentat-von-1972/!5929497 | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
## TAGS | |
Olympia-Attentat in München | |
München | |
Sportgeschichte | |
GNS | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Vor und nach dem 7. Oktober: Soll sein Schulem | |
Unser Autor wuchs als Kind jüdischer Eltern in München auf, das | |
Olympia-Attentat prägte ihn stark. Heute lebt er als Journalist in London | |
und fragt sich, wo sein Platz ist. | |
Olympia-Attentat München 1972: Offene Fragen zu LH-Flug 615 | |
Während der Olympiade ermordeten Terroristen elf israelische Sportler. Eine | |
Historikerkommission geht nun Hinweisen auf eine Verschwörung nach. | |
Die Deutschen und ihr Olympia 1972: "Froh, dabei sein zu dürfen" | |
Der Kulturgeschichtler Christopher Young hat erforscht, ob und wie die | |
Olympischen Spiele in München zur Modernisierung der Bundesrepublik | |
Deutschland beigetragen haben. |