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# taz.de -- Die Wahrheit: Mein Leben als Blödelautor
> Der aus Wien stammende Comedy-Musikant Manfred Tauchen hat das Zeitliche
> gesegnet. Statt eines ernsthaften Nachrufs eine komische
> Jugenderinnerung.
Manfred Tauchen ist tot. Nicht, dass ich wirklich irgendein Verhältnis zu
dem aus Wien stammenden Kabarettisten und Teilzeitmusikanten gehabt hätte.
Aber es gab eine Schallplatte aus dem Bestand meines Onkels, auf dem sein
Name stand: Tauchen – Prokopetz – DÖF.
Über die ersten zwei Namen habe ich mich damals gewundert, dachte mir aber
nichts dabei. Ich mochte die Platte, ich war 12, fast 13, „Codo …“ war ein
Riesenhit, mehr gefielen mir aber die zwei auf der LP versteckten Lieder
„Taxi“ („I steh in der Költ’n und woat auf a Taxi, oba es kummt net“…
das Stück mit der Zeile „Denn keiner, nur einer, der hat / so sinnliche
Lippen wie der Yassir Arafat“. So etwas wie Shit-Stürme gab es in den
frühen Achtzigerjahren nicht.
Mein Onkel war Schlagerfan, hatte eine enorme Plattensammlung, spielte in
einer Tanzkapelle und trat beim Karneval auf. Eine feuchtfröhliche, typisch
rheinländische Karriere in Provinzversion. Von den Einnahmen finanzierte er
sich sein Studium, vom Karneval erholte er sich beim sturzlangweiligen
Bürojob oder umgekehrt.
Auch mein Vater war Hobbykarnevalist, und irgendwoher musste die
Inspiration ja kommen, also schlugen die neuesten Blödelplatten bei uns
ein. Otto und Loriot galten als hohe Kunst, Mike Krüger gab es auf
Kassette, auf meiner Lieblingsplatte aus dem Genre spielte Jürgen von der
Lippe mit: „Bla-Bla-Blattschuss“ von den Gebrüdern Blattschuss. Die Musik
ist teilweise sogar richtig gut! Man höre nur den Twist „Pettycoat Betty“
oder „Partylöwe“, inklusive dem Schüttler „Jeder Bock weiß zur Genüge…
seine Frau ist eine Ziege“.
Selbstverständlich waren da auch Gottfried Wendehals oder das Imperium aus
der Abteilung „Bananas“ und „Plattenküche“ mit Helga Feddersen, Dieter
Hallervorden und Frank Zander („Hier kommt Kurt / ohne Helm und ohne Gurt /
einfach Kurt“) nicht weit. „Tarzan ist wieder da“ war ein Hit meiner frü…
Kindheit. Nur die Insterburg-&-Co.-Platten, die mein Onkel reihenweise
besaß, blieben für mich verschlossene Türen. Mit diesem intellektuell
angehauchten Spießer-im-Hippiegewand-Humor kam ich nicht klar.
77 Jahre alt ist er geworden, gestorben ist Manfred Tauchen lustigerweise
in Köln. Die Karnevalsmetropole ist das Mekka für derlei Blödsinn, das mir
in meinen Kölner Jahren allerdings rasch zum Hals heraushing. Puh, diese
erzwungene Lustigkeit, dieser faschistoide Verkleidungszwang! Der Klamauk,
früher noch mit anarchistischer Anmutung, war bieder und vorhersehbar
geworden.
Wäre alles besser nicht so gewesen, was hätte ich für eine
Humorautor-Karriere machen können! Stattdessen wurde ich in einer Art
Gegenbewegung immer ernsthafter. Erst das abgefuckte Berlin hat mir ein
wenig von dem wiedergeben können, was ich in meiner vorpubertären Zeit
lustig fand.
Und so schreibe ich heute Kolumne auf der Wahrheit. Manfred Tauchen, ich
danke dir.
15 May 2025
## AUTOREN
René Hamann
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Kabarett
Comedy
Nachruf
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Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
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