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# taz.de -- Beziehungen zwischen USA und Afghanistan: Beginn eines Tauwetters
> Washington und Kabul tauschten Gefangene aus. Jetzt wollen sie über
> Waffen, einen Militärstützpunkt und die Wiedereröffnung ihrer Botschaften
> sprechen.
Bild: Von den Taliban freigelassene Amerikanerin Faye Hall in der katarischen B…
Berlin taz | Die Freilassung der US-Amerikanerin Faye Hall in der Nacht zum
Sonntag durch die afghanischen Taliban ist ein weiteres Zeichen für ein
politisches Tauwetter, das sich zwischen ihnen und der Trump-Regierung
anbahnt. Die Amerikanerin war nach der Machtübernahme des
Islamisten-Regimes im August 2021 im Land geblieben und hatte bis vor
Kurzem offenbar unbehelligt private Bildungskurse für Mädchen und Jungen
durchgeführt.
Doch dann wurde sie im Februar zusammen mit einem älteren britischen
Ehepaar festgenommen, als sie bei einem Ausflug ohne Genehmigung eine
Kameradrohne fliegen ließen. Das Schicksal der beiden Briten ist weiter
ungeklärt.
Halls Fall ist schon der vierte einer Reihe von Freilassungen von
US-Bürger*innen in Afghanistan seit der Amtsübernahme von Donald Trump am
20. Januar. Schon einen Tag danach kamen zwei Männer frei – als Teil eines
Deals, den noch die vorherige Regierung von Joe Biden ausgehandelt hatte.
Im Gegenzug wurde ein Afghane freigelassen, der in Kalifornien als
verurteilter Drogenhändler und Taliban-Finanzier einsaß. Ein dritter
Amerikaner folgte in der vergangenen Woche. In allen Fällen vermittelte der
Golfstaat Katar, der enge Beziehungen zu den Taliban unterhält.
## Als „Vizekönig“ bekannt
Die dritte Freilassung war besonders. Sie kam, als sich Adam Boehler,
Sonderbeauftragter für Geiselfragen in der Trump-Regierung, in Kabul
aufhielt. Denn mit Boehler betrat erstmals unter den Taliban ein
Offizieller einer US-Regierung afghanisches Territorium. Begleitet wurde er
dabei von Salmay Khalilsad, dem früheren US-Sondergesandten und
Ex-Botschafter (2004/2005) in Kabul. Er ist afghanischer Herkunft und war
damals als „Vizekönig“ bekannt.
Als Sondergesandter während Trumps erster Präsidentschaft verhandelte er
mit den Taliban das desaströse Abzugsabkommen von 2020, das zu deren
Machtübernahme in Kabul führte. Manche Beobachter glauben, dass er in diese
Rolle jetzt zurück möchte. Es war auch Khalilsad, der die Freilassung Halls
in sozialen Medien bekanntgab.
Kurz vor Boehlers Ankunft hatten die Taliban eine riesige Inschrift mit der
Schuhada – dem islamischen Glaubensbekenntnis – an einer Mauer vor der
derzeit unbesetzten amerikanischen Botschaft in Kabul verschwinden lassen.
Gemeint war sie als Triumphbotschaft der neuen Herrscher an die abziehenden
Besatzungstruppen – gemäß einer Aussage von Taliban-Chef Hebatullah
Achundsada vom Juni 2022: „Unser Gott ist Allah, nicht ihr.“
Weitere Themen für Verhandlungen mit den Taliban hat Trump bereits gesetzt.
Zum einen sollen sie dazu gebracht werden, einer erneuten US-Truppenpräsenz
auf dem ehemaligen Stützpunkt Bagram nördlich von Kabul zuzustimmen –
„nicht wegen Afghanistan“, so Trump, sondern weil es „nur eine Flugstunde
von dem Ort entfernt ist, an dem China seine Atomraketen baut.“
## Weiteres Anzeichen
Außerdem will Trump die Taliban bewegen, [1][Waffen im Wert von sieben
Milliarden US-Dollar zurückzugeben]. Die hatten die USA an Afghanistans
frühere Regierung geliefert, doch waren sie dann den Taliban in die Hände
gefallen. Zudem halten die Taliban mindestens zwei weitere US-Amerikaner
fest, die Trump zurückholen möchte. Im Gegenzug geht es um den letzten in
Guantanamo festgehaltenen Afghanen.
Ein weiteres Anzeichen für ein Tauwetter zwischen Trump und den Taliban
folgte am vorigen Dienstag, als die US-Geheimdienste ihre gemeinsame
Bedrohungsbewertung veröffentlichten: Darin tauchen die Taliban erstmals
seit drei Jahrzehnten gar nicht mehr als Gefahr für die USA auf. Und Anfang
März unterzeichneten die USA nach der alljährlichen Afghanistandebatte im
UN-Sicherheitsrat nicht mehr die Erklärung, dass die Taliban ihre
frauenfeindlichen Gesetze zurücknehmen sollen.
Auch eine separate Erklärung, [2][die den Antrag des Chefanklägers beim
Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag auf Haftbefehle wegen
Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen den Taliban-Chef und seinen
Obersten Richter Abdul Hakim Schari Hakkani unterstützt], unterzeichneten
sie nicht.
## Unbezahlte Rechnungen
Die Taliban forderten unterdessen die USA über Boehler auf, ihre Botschaft
in Kabul wiederzueröffnen. Gleichzeitig „ersuchten“ sie darum, ihnen die
afghanische Botschaft in Washington zu übergeben und dafür einen von ihnen
ernannten Diplomaten zu akkreditieren. Die Botschaft war im Mai 2022
geschlossen worden, weil die noch von der alten Regierung ernannten
Diplomaten die Rechnungen nicht mehr zahlen konnten.
Dass die USA Mitte voriger Woche Kabul zufolge das Kopfgeld auf
Taliban-Innenminister Seradschuddin Hakkani strichen, der für den Tod
vieler US-Soldaten in Afghanistan verantwortlich war, dürfte die
Taliban-Führung in Kandahar allerdings eher beunruhigen. Hakkani hatte
Taliban-Chef Achundsada wegen des weitreichenden Bildungsverbots für
Mädchen mehrmals scharf kritisiert. Damit versuchen die USA eher, einen
Keil in die Taliban zu treiben. Diese Maßnahme zeigt aber auch, dass es
wohl noch keine eindeutige Afghanistan-Politik Trumps gibt – weder gegen
noch mit den Taliban.
31 Mar 2025
## LINKS
[1] /Erbeutete-US-Waffen/!6074081
[2] /Strafgerichtshof-Den-Haag-gegen-Taliban/!6064632
## AUTOREN
Thomas Ruttig
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