# taz.de -- Russischer Ringerpräsident: Kohle vom Verräter | |
> Russlands Ringerpräsident beschimpft einen albanischen Ringer, der mal | |
> Russe war. Dabei verkauft er offenbar selbst gern Ringer an andere | |
> Verbände. | |
Bild: Kann auch freundlich, solange es um Russen geht: Mamiaschwili gratuliert … | |
So bedröppelt hat wohl lange kein Europameister mehr dreingeschaut, nachdem | |
ihm die Goldmedaille um den Hals gehängt worden ist. Freistilringer | |
Tschermen Walijew jedenfalls stand kopfschüttelnd auf dem Siegerpodest und | |
alle Beobachter fragten sich, was Michail Mamiaschwili, der Vizepräsident | |
des Internationalen Ringerverbands United World Wrestling, dem fisch | |
gekürten Europameister bei der Medaillenzeremonie wohl an den Kopf geworfen | |
haben mag. Dass er Walijew die Medaille derart rüde um den Hals gehängt | |
hat, als würde er ihn gleich erwürgen wollen, hatten ja alle gesehen. | |
„Vaterlandsverräter!“, hat er Walijew genannt, wurde später bekannt. | |
Und warum? Walijew hat Gold für Albanien gewonnen, seine ringerische | |
Ausbildung hat er aber in Russland genossen. Jetzt startet er, wie so viele | |
Athleten, die den seit [1][dem Überfall Russlands auf die Ukraine] | |
bestehenden Sportbann gegen russische Athleten und die damit verbundenen | |
Visaprobleme umgehen wollen, für einen anderen Verband. Mamiaschwili hat | |
davon offenbar die Schnauze voll und hat nun Walijew auf offener Bühne | |
beschimpft. Er sei sauer darüber, dass die Ringer weiter in Russland | |
trainieren. „Sollen sie doch nach Simbabwe gehen, wenn sie ihre | |
Staatsbürgerschaft geändert haben“, wetterte er später. | |
Walijew zeigte sich verwundert. In einem Interview mit dem russischen | |
Sportsender match.tv berichtete er, dass sein Nationenwechsel korrekt und | |
mit dem Einverständnis von Mamiaschwili abgelaufen sei. 5.000 Euro habe er | |
dafür an den Weltverband überwiesen und noch einmal 5.000 Euro an den | |
Russischen Ringerverband, dessen Vorsitzender Mamiaschwili ist. Der erntete | |
heftige Kritik vom Trainer der russischen Freistilringer, Dschambulat | |
Tedejew. | |
Mamiaschwili habe mit seinem Verhalten das Ansehen des russischen Ringens | |
massiv beschädigt. Ob nicht derjenige ein Verräter an seinem Vaterland sei, | |
der sich so verhält, fragte Tedejew und zog weiter vom Leder: „Ich möchte | |
Mamiaschwili fragen, wie er es mit seinem Gewissen vereinbart, jemanden des | |
Verrats zu bezichtigen und selbst über Jahre hinweg Ringer an andere | |
Verbände regelrecht zu verkaufen.“ Das Geld komme ja auch nicht dem | |
russischen Ringersport zugute, sondern fließe auch noch direkt in | |
Mamiaschwilis Tasche. | |
## Immer wieder ausfällig geworden | |
Rufschädigendes Verhalten hätte man Mamiaschwili schon des Öfteren | |
vorwerfen können. Nachdem Sportpolitiker 2023 vorgeschlagen hatten, | |
regimekritische russische Sportler könnten doch als Mitglieder des | |
Flüchtlingsteams an den Olympischen Spielen in Paris teilnehmen, [2][meinte | |
er, die Russen könnten ja auch mit Panzern nach Paris kommen]. | |
Und auf der ganz großen Bühne ist er auch schon mal ausfällig geworden. So | |
soll er bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro der russischen | |
Ringerin Inna Traschukowa zweimal ins Gesicht geschlagen haben, weil er der | |
Meinung war, sie habe sich bei ihrer Niederlage im Kampf um Bronze nicht | |
ausreichend angestrengt. Stockbesoffen soll der ehemalige Spitzenringer da | |
gewesen sein. Das hat im russischen Verband niemanden so recht gestört. Im | |
Weltverband auch nicht. Mamiaschwili ist als Vizepräsident durch die | |
Kriegszeiten spaziert, in denen [3][seine Athleten unter neutraler Flagge | |
haben antreten müssen]. | |
## Politische Motive fast bedeutungslos | |
Jetzt, da es ums Geld geht, gibt es plötzlich Kritik in Russland. Was bei | |
der Auseinandersetzung auch deutlich wird: Beim Wechsel der Nationalität | |
spielen politische Motive keine Rolle. Der Wechsel der Staatsbürgerschaft | |
hat russischen Ringern schlicht den Weg zu Olympia in Paris geebnet. 17 | |
Russen starteten da für andere Verbände. In Walijews Gewichtsklasse bis 74 | |
Kilo kam es so bei den Spielen zu einer Art russischer Meisterschaft. Gold | |
holte der russische Neuusbeke Rasambek Schamalow, Bronze der Neualbaner | |
Walijew. Der bedankte sich übrigens nach der EM sowohl bei seiner Heimat | |
Ossetien als auch bei Russland und seinem neuen Land Albanien für die | |
Unterstützung. | |
15 Apr 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150 | |
[2] /Drohung-von-russischem-Sportfunktionaer/!5938947 | |
[3] /Olympia-Auflagen-fuer-Russland/!5996629 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
## TAGS | |
Kolumne Russisch Brot | |
Russland | |
Ringen | |
Albanien | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Kolumne Russisch Brot | |
Tennis | |
American Pie | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sportler im Ukrainekrieg: Trauer und Protest | |
Fast 600 ukrainische Sportler wurden im russischen Angriffskrieg getötet. | |
Fifa und IOC arbeiten dennoch an der Rückkehr Russlands in den Weltsport. | |
Eishockeystar Alexander Owetschkin: Eroberer aus Russland | |
NHL-Rekordtorschütze Alexander Owetschkin ist Wladimir Putins schärfste | |
Propagandawaffe. Die NHL spielte schon vor Trump bei der Russland-Show mit. | |
Tennisstar verlässt Russland: Kein Return mehr möglich | |
Die Weltranglistenzwölfte Daria Kassatkina schließt sich dem australischen | |
Tennisverband an. Für Russland ist sie jetzt gestorben. | |
Eishockey-Diplomatie der Supermächte: Auf die Propagandabühne | |
Auch mit ihren geplanten Eishockey-Spielen verändern US-Präsident Donald | |
Trump und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin die Weltordnung. |