# taz.de -- Aus für Berliner Sorgentelefon: Nicht mal eine Nummer wert | |
> Trotz steigender psychischer Probleme bei Kindern und Jugendlichen wird | |
> die Berliner Nummer gegen Kummer nicht mehr finanziert – ein fatales | |
> Signal. | |
Bild: Niedrigschwellige Angebote wie Hilfetelefone machen es Jugendlichen leich… | |
Wo ruft man eigentlich an, wenn man sich Sorgen macht, dass Kinder und | |
Jugendliche bald kein Sorgentelefon mehr haben? Vermutlich nicht beim | |
schwarz-roten Berliner Senat. Schließlich hat der die [1][Finanzierung des | |
Berliner Standorts der Nummer gegen Kummer kurzfristig gestrichen]. Sogar | |
das Bundesfamilienministerium protestiert. Das Diakonische Werk als Träger | |
versucht nun, anderweitig Mittel einzuwerben. | |
Aber wenn – wie zu erwarten – auch im kommenden Doppelhaushalt keine | |
Förderung mehr steht, sieht es schlecht aus für das Hilfetelefon. Und damit | |
auch für die dort anrufenden jungen Berliner*innen. | |
Bislang hatte das Land Berlin mit 100.000 Euro pro Jahr dazu beigetragen, | |
dass Ehrenamtliche am Hörer die rund 10.000 Anrufe entgegennehmen können. | |
Im Vergleich zu den [2][Kosten für eine Berliner Olympia-Bewerbung] oder | |
die [3][Ausrichtung von Spielen der American-Football-Liga NFL] ist das | |
Wechselgeld. | |
## Anlaufstelle in kritischen Lebensumständen | |
Ein Hilfetelefon, das ist Wertschätzung, manchmal erste Anlaufstelle in | |
kritischen Lebensumständen oder das einzige anonyme Gegenüber für | |
schambehaftete Themen. Und es ist Prävention: ökonomisch wie moralisch | |
sinnvoll. | |
Untersuchungen wie die sogenannten COPSY-Studien stellen unter Kindern und | |
Jugendlichen alarmierend [4][viele Betroffene von psychischen Problemen | |
fest.] Die Zahlen sind seit der Corona-Pandemie enorm gestiegen. Junge | |
Menschen erlebten damals die prägendsten Jahre ihres Lebens isoliert, | |
fremdbestimmt und vernachlässigt. | |
Mehr als 20 Prozent berichten nun von psychischen Auffälligkeiten, ebenso | |
viele über Angstsymptome. Beinahe drei Viertel der befragten jungen | |
Menschen gab an, sich aufgrund der aktuellen Kriege und Terrorismus zu | |
sorgen. Hinzu kommen Ängste mit Blick auf die wirtschaftliche Unsicherheit | |
und die Klimakrise. | |
All diese krisenbezogenen Ängste und Sorgen erhöhen das Risiko für | |
psychische Erkrankungen. Der Kinderschutzbund sieht wegen maroder Schulen, | |
überarbeiteter Erzieher*innen und unterbesetzter Jugendämter gar die | |
„Kindheit in der Krise“. | |
## Protest gegen Kürzung des Senats | |
Angesichts dieser Zahlen und Risiken die Förderung für ein Sorgentelefon | |
einzustellen, ist weder klug noch respektvoll den jungen Menschen (und | |
zukünftigen Wähler*innen) gegenüber. Dabei sind diese ohnehin schon | |
besonders betroffen von der Kürzungspolitik des Senats. Nicht zuletzt | |
[5][im Bereich der Sozial-, Bildungs- und Jugendhilfe wird massiv gespart]. | |
Projekte für junge Menschen und ihre seelische Gesundheit sind | |
Investitionen in die Zukunft. Immer wieder werden neue, absurd hohe | |
Gesamtkosten für Behandlungen und Produktivitätseinbußen durch psychische | |
Erkrankungen veröffentlicht. Genau hier 100.000 Euro zu kürzen, ist | |
richtiggehend frech. | |
Mehr noch: In einer Zeit, in der Menschen wie Elon Musk die Empathie als | |
größte Schwäche unserer Zivilisation bezeichnen, ist es nachgerade | |
unverzichtbar, dass es Orte gibt, an denen Kindern und Jugendlichen | |
zugehört wird. Zum Beispiel am Telefon. | |
21 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
Marie Gönnenwein | |
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