# taz.de -- Schutzwohnung für Ausgebeutete: „Zeugen vor Tätern schützen“ | |
> Das Wichtige an der Schutzwohnung sind die „sozialen Auffangangebote“, | |
> erklärt LKA-Ermittler Gregor Ott. Sie sollen Betroffene zur Aussage | |
> ermuntern. | |
Bild: Bei der Schutzwohnung wollen Zoll, LKA, Sozialverwaltung, IB und Bema eng… | |
taz: Herr Ott, Sie sagen, die meisten Ausgebeuteten weigerten sich, gegen | |
ihre früheren Chefs auszusagen. Warum sollte sich das durch die | |
Schutzwohnung ändern? | |
Gregor Ott: Bisher gab es die Betreuung der Opfer nicht in der Tiefe, wie | |
wir uns das gewünscht haben. Und wenn man sich in die Perspektive dieser | |
Menschen versetzt, gibt es für sie ja keine Alternative zum Täterkreis. Sie | |
sind arm, sie kommen aus einem Land, wo sie auch beruflich keine | |
Perspektive haben. Und hier in der Stadt, in der sie sind, kennen sie | |
keinen. Das aufzufangen und ein Gegenangebot zu machen, ist die Aufgabe im | |
Zusammenhang mit der Schutzwohnung. Wenn das gelingt, können wir die | |
Arbeitsausbeutung nachhaltig bekämpfen, sodass vielleicht erst gar keine | |
Opfer entstehen. | |
taz: Aber wirklich etwas versprechen können Sie den Menschen nicht. Am Ende | |
gibt es womöglich trotzdem einen Freispruch für den Ausbeuter; sein Kumpane | |
in der Heimat bedroht weiterhin ihre Verwandten, und Arbeit und | |
Aufenthaltserlaubnis haben sie immer noch nicht. | |
Gregor Ott: Ja, so war es vielleicht bisher in der schlimmsten Ausprägung. | |
Aber in der Schutzwohnung werden ja von der „Bema“ (Berliner | |
Beratungszentrum für Migration und gute Arbeit, Anm.d.Red.) soziale | |
Auffangangebote erarbeitet, gemeinsam mit den Personen. Und dann kann das | |
aus unserer Sicht besser werden. Unser Teil als LKA ist natürlich in erster | |
Linie die Zeugenvernehmung und Ermittlung der Täter. | |
taz: Wie wählen Sie die Kandidaten für die Wohnung aus? Sie werden ja viel | |
mehr Opfer finden, als sie auf den 10 Plätzen unterbringen können. | |
Gregor Ott: Das entscheiden wir gemeinsam in dem Konsortium, dass heute | |
zusammengesessen hat. Wenn jemand von vornherein sagt, mit der Polizei | |
spreche ich überhaupt nicht, ist das logischerweise kein Kandidat für die | |
Wohnung. Im besten Fall haben wir durch die Ermittlungen Personen | |
identifiziert: zum Beispiel einen Arbeiter, der extrem geschlagen worden | |
ist. Oder wir wissen von jemandem, der sich schon offenbart hat gegenüber | |
anderen – der also grundsätzlich zur Aussage bereit ist. Solche Leute | |
werden bevorzugt in diese Wohnung gebracht, was nicht heißt, dass die | |
anderen Personen keine Hilfe erfahren. Aber bei der Wohnung geht es | |
explizit darum, Zeugen zu schützen vor dem Tätereinfluss – damit der Täter | |
bestraft werden kann in einem Hauptverfahren. | |
17 Mar 2025 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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