# taz.de -- DFB-Elf in der Nations League: Spielfluss mit Ballbub | |
> Die Nationalmannschaft kann nach dem irren Viertelfinale gegen Italien | |
> selbstbewusst ins Halbfinale gehen. Hinter ihr liegen zwei lehrreiche | |
> Abende. | |
Bild: Clever sind sie auch noch: Musiala überrascht die indisponierte italieni… | |
Dortmund taz | Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, das außergewöhnliche | |
3:3 (3:0) zwischen der deutschen Nationalmannschaft und Italien in die | |
kollektive Fußballerinnerung aufzunehmen, zum Beispiel die kleine | |
Balljungenanekdote, die in den Stunden nach der Partie durch alle | |
möglichen Medien geisterte. Jamal Musiala hatte ein Tor geschossen, das so | |
überraschend fiel, dass selbst die TV-Regie nicht mitkam, weil ein 15 Jahre | |
alter Teenager mit Sachverstand Joshua Kimmich sofort nach einer Parade | |
des italienischen Torhüters Gianluigi Donnarumma den Ball zur Ausführung | |
einer Ecke zugeworfen hatte. | |
„Ich habe Blickkontakt mit Jo gemacht, und er hat den Ball zu mir | |
geschossen, und ich habe geguckt, dass ich ihn gut treffe“, beschrieb | |
Musiala die Entstehung des 2:0. Der Münchner hatte den Ball aus fünf Metern | |
ins verlassene Tor geschoben, was Donnarumma gar nicht mitbekam, weil er | |
irgendwo am Elfmeterpunkt stand, um zu diskutieren. „Ich glaube, teilweise | |
haben es sogar unsere Jungs nicht mitbekommen“, sagte Kimmich später. | |
Vermutlich wird der Treffer in die Auswahl als Tor des Monats aufgenommen. | |
Nicht weil er so schön war, sondern wegen seiner Besonderheit. Und weil er | |
in jener 36. Minute einer hinreißend schönen ersten Halbzeit des DFB-Teams | |
den Geist einer faszinierenden Mannschaft verkörperte, die im Juni die | |
Nations League gewinnen will. „Das war schon sehr beeindruckend, mit Ball, | |
sehr gut defensiv, unfassbar aggressiv“, sagte [1][Bundestrainer Julian | |
Nagelsmann] zur Leistung vor der Pause. | |
Der Ball lief wunderbar, alle Spieler fanden gute Lösungen, das | |
Selbstvertrauen war enorm. Die [2][Deutschen waren einfach klarer und | |
schneller] in den Köpfen, was sich in der Halbzeit allerdings | |
erstaunlicherweise umkehrte, so dass am Ende dieses Fußballabends ein | |
Gesamtbild mit verschiedenen Facetten zu sehen war. „Man hat schon gemerkt, | |
was wir spielen können, wie gut wir sein können, wenn wir alle am Limit | |
sind“, sagte Kimmich. „Aber man hat auch gemerkt, wenn wir nicht bei | |
hundert Prozent sind, dass wir dann verwundbar sind.“ | |
## Kippen des „Momentums“ | |
Nicht nur für die Spieler war das Kippen des „Momentums“, das nach Kimmichs | |
Ansicht droht, wenn man „nicht mehr so viele Zweikämpfe gewinnt“, | |
lehrreich. Auch Julian Nagelsmann bekam die Energien des Turnierfußballs zu | |
spüren, mit denen er bislang vergleichsweise wenig Kontakt hatte. Die | |
Italiener wurden nach der Pause immer energischer und hatten in Folge eines | |
schlimmen Fehlers von Leroy Sané einen ersten Treffer erzielt, woraufhin | |
Nagelsmann Angelo Stiller und Leon Goretzka auswechselte, die mit ihrer | |
Physis und schlauen Bewegungen für Stabilität gesorgt hatten. Das schwächte | |
die Mannschaft. | |
Goretzka habe aufgrund einer Oberschenkelblessur nur 60 Minuten lang | |
spielen können, erklärte der Bundestrainer, im Fall von Stiller habe er | |
nach einer frühen gelben Karte einem Platzverweis vorbeugen wollen. Doch | |
mit den eingewechselten Nadiem Amiri und Pascal Groß ging die Kontrolle | |
verloren. Irgendwie wirkte die Auswechselaktion, als agiere Nagelsmann wie | |
ein Trainer in einem Freundschaftsspiel. „Wenn es Spitz auf Knopf gestanden | |
hätte oder wir ein Tor gebraucht hätten, hätte ich das vielleicht nicht | |
gemacht“, räumte er ein. | |
Nur weil es am Ende doch gut gegangen ist, konnte Nagelsmann schließlich | |
sagen: „Die Erkenntnis aus diesen beiden Spielen ist für uns Weltklasse.“ | |
Weil die Mannschaft einerseits gespürt hat, dass sie auf dem allerhöchsten | |
Niveau beeindruckend gut Fußball spielen kann. Und weil sie andererseits zu | |
spüren bekam, dass kleinste Nachlässigkeiten so eine Überlegenheit ins | |
Gegenteil verkehren können. | |
Damit erinnerte Nagelsmann an ein beinahe schon vergessenes Kapitel aus der | |
Vorgeschichte des WM-Titels 2014, ein Qualifikationsspiel gegen Schweden in | |
Berlin. Damals führte das Team unter Joachim Löw [3][nach einer | |
rauschhaften ersten Stunde mit 4:0; am Ende stand es 4:4], und Bastian | |
Schweinsteiger soll nach dem Abpfiff in der Kabine mit einem eindringlichen | |
Appell für mehr Robustheit und Widerstandskraft geworben haben. | |
Einen ähnlichen Lerneffekt wünschen sich die Deutschen auch jetzt, zumal | |
der kleine Zusammenbruch genau wie damals keine schweren Konsequenzen | |
hatte. 2014 gelang souverän die Qualifikation für die WM, jetzt spielt das | |
DFB-Team Anfang Juni ein Nations-League-Halbfinale in München gegen | |
Portugal und trifft im Erfolgsfall vier Tage später im Endspiel auf den | |
Sieger des Duells Spanien gegen Frankreich. „Das wird ein kurzes Turnier, | |
aber für uns ein sehr, sehr wichtiges Turnier“, sagte Kimmich, der genau | |
wie der Rest des Teams richtig Freude hat an diesem Wettbewerb, der viele | |
Jahre eher geringgeschätzt wurde. Das hat sich spätestens mit diesen beiden | |
mitreißenden Viertelfinalduellen gegen die Italiener geändert. | |
24 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Theweleit | |
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