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# taz.de -- Dauerbaustellen auf Berliner Straßen: Immer schön langsam
> Warum ziehen sich in Berlin viele Straßenbaustellen so sehr in die Länge?
> Schuld sind die vielen Beteiligten – und oft fehlende Transparenz.
Bild: Ausweichen und abwarten: Berliner Baustellen sind lang(wierig)
Berlin taz | Große Aufgaben verlangen großen Einsatz: Nach der Sperrung der
A100-Brücke über die Ringbahn am Dreieck Funkturm hat die bundeseigene
Autobahn GmbH versprochen, sich ins Zeug zu legen und in zwei Jahren ein
Ersatzbauwerk auf die Beine beziehungsweise Pfeiler zu stellen. Angesichts
der berüchtigten Trägheit von Infrastrukturprojekten in Berlin wäre es
erstaunlich, wenn das nicht nur große Worte blieben.
Andererseits hat so eine Autobahnbrücke Vorteile gegenüber anderen
Straßenbaustellen: Sie setzt sich quasi über viele Komplikationen hinweg,
die in einer Großstadt auftreten, wenn auf oder unter der Geländekante
gearbeitet werden muss. Im letzteren Fall zeigt sich oft, dass es so
schnell eben nicht geht – denn unter dem Asphalt verbirgt sich ein Gewirr
aus städtischer Infrastruktur, von verschiedenen Betreibern mit
unterschiedlichen Agenden.
Das Ergebnis: Viele Straßenbaustellen ziehen sich scheinbar ewig in die
Länge. Und auch wenn es manchmal nur so aussieht, als geschehe nichts,
geschieht allzu oft tatsächlich nichts.
Ein besonders bizarres Beispiel für eine Dauerbaustelle ist seit
mittlerweile siebeneinhalb Jahren am südlichen Ende des Kreuzberger
Mehringdamms zu besichtigen, dort, wo er auf den Platz der Luftbrücke
stößt. Im November 2017 – Rot-Rot-Grün war noch kein Jahr im Amt – wurden
hier Absperrungen errichtet, die seitdem hin- und herwanderten, aber nie
verschwanden. Gerade für Radfahrende eine ärgerliche und nicht
ungefährliche Engstelle mit provisorisch angeschrägten Bordsteinkanten.
Ab diesem August soll diese Baustelle wirklich Geschichte sein. Zurzeit
fehlt noch immer ein großes Stück Asphalt, aber ein neues BVG-Wartehäuschen
für den Nachtbus wurde schon mal aufgestellt. Die BVG war auch die
hauptsächlich Verantwortliche des Marathonprojekts – es ging um den Bau
eines Fahrstuhls zur U6, aber auch die Sanierung der maroden Deckenstruktur
des fast 100 Jahre alten Bahnhofs.
Dass die Pandemie alles verlangsamte, ist zu vermuten, die BVG erwähnt dies
auf Anfrage nach der langen Dauer allerdings nicht. Auch die Verwaltung ist
hier wenig hilfreich: Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg verweist an
die Senatsverkehrsverwaltung, die verweist zurück ans Bezirksamt, das
wiederum an die BVG verweist.
## Sand, Pflaster, rostige Röhren
Ortswechsel: Unweit des S-Bahnhofs Sonnenallee in Neukölln ist die Kreuzung
von Saale- und Niemetzstraße weiträumig aufgerissen. Das Bild wirkt
chaotisch, Haufen von Sand und Pflastersteinen und rostige Röhren türmen
sich neben einigen Löchern im Boden. Die Deutsche Bahn AG hat hier die
angrenzenden S-Bahn-Viadukte saniert, nun soll noch die Unterführung
tiefergelegt werden, um auch Lkws die Passage zu ermöglichen. Dazu müssen
aber auch alle darunterliegenden Wasser-, Gas-, Strom- und Datenleitungen
neu verlegt werden.
Im Mai 2024 teilte die DB den AnwohnerInnen mit Anschlägen an den
umliegenden Wohngebäuden mit, dass die Saalestraße, eine viel genutzte
Durchgangsstraße, bis Dezember 2025 gesperrt sein würde. Seitdem wird eine
Buslinie der BVG durch Nebenstraßen umgeleitet, die dafür eigentlich zu eng
sind, immer wieder bleiben Busse stecken und müssen aufwendig rangieren, um
weiterfahren zu können. Auf der Baustelle hingegen passiert immer wieder
wochenlang – nichts.
Das liege daran, dass die Leitungsbetreiber mit ihren Arbeiten nicht zu
Potte kämen, sagt ein von der DB eingesetzter Baustellenüberwacher der taz
vor Ort, und die Pressestelle der Bahn bestätigt auf Anfrage: „Durch einige
Leitungsbetreiber sind Verzögerungen im Bauablauf eingetreten.“
Offenbar hakte es zuletzt bei der Netzgesellschaft Berlin Brandenburg
(NBB), die das Berliner Gasnetz unterhält. Die teilt mit, dass ihre
Arbeiten nun abgeschlossen seien, es aber lange nicht voranging, was an
„starken Verzögerungen bei den Baumaßnahmen von DB und Berliner
Wasserbetriebe“ gelegen habe. Eine offizielle Korrektur des Baustellenendes
gibt es nicht, der Baustellenüberwacher sagt gegenüber der taz allerdings,
er tippe auf „Frühjahr 2026“.
Die Vielzahl der Beteiligten behindert also nicht nur eine zügige
Abarbeitung, sondern auch eine transparente Kommunikation. Im
Abgeordnetenhaus hat Schwarz-Rot gerade einen Antrag verabschiedet, der
eine bessere Baustellenkoordination einfordert – durch Digitalisierung der
Abläufe und eine Beschleunigung bei der Erteilung von Genehmigungen durch
die Verwaltung.
In der Plenardebatte Mitte Februar waren sich alle Fraktionen einig, dass
es ein Problem gibt, das angegangen werden muss – zumal es in den kommenden
Jahren wohl noch deutlich mehr Baustellen geben wird. Schließlich soll das
Fernwärmenetz erweitert werden, hinzu kommt der projektierte Aufwuchs an
Lade-Infrastruktur. Grüne und Linke stimmten dem Koalitionsantrag zwar zu,
forderten jedoch noch mehr Engagement in Form einer Stabsstelle beim Senat
(Grüne) oder von Bonus-Malus-Regeln für die Bauträger (Linke).
## Ein komplexes Projekt
Die nächste – [1][wegen drohender Baumfällungen schon jetzt umstrittene] –
Großbaustelle auf dem Tempelhofer Damm wird zeigen, was die politische
Einigkeit bringt. Wobei hier eigentlich schon früh auf Koordination gesetzt
wurde: Die Berliner Wasserbetriebe, die dringend die alten
Abwasserdruckleitungen unter dem nördlichen Abschnitt ersetzen müssen,
haben dies übernommen.
Das Projekt ist komplex, die BVG will den U6-Tunnel sanieren, die Stromnetz
Berlin ihre Kabel erneuern. Hinzu kommen zwei Projekte, bei denen Wärme aus
den Abwasserleitungen gewonnen werden soll – eines im Auftrag der Tempelhof
Projekt GmbH, das andere in Kooperation mit der Berliner Energie und Wärme
(BEW) für Wohnhäuser der Vonovia.
Warum die Verkehrsverwaltung die Gesamtdauer mittlerweile mit zehn Jahren
angibt, kann sich Wasserbetriebe-Sprecher Stephan Natz allerdings auch
nicht ganz erklären: „Wir haben immer acht Jahre kommuniziert.“ Allerdings
ist aktuell immer noch unklar, ob der Verkehr auf dem Damm umgeleitet
werden soll oder in einer Schmalspurversion dort weiterrollen soll.
25 Mar 2025
## LINKS
[1] /Baumfaellungen-in-Tempelhof/!6076799
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Baustelle
Infrastruktur
BVG
Bäume
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