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# taz.de -- Gescheiterter Sprengstoffanschlag: Geständnis nach 30 Jahren
> 1995 planten Mitglieder der militanten Gruppe Das K.O.M.I.T.E.E einen
> Anschlag auf einen Gefängnisbau in Berlin-Grünau. Nun begann der Prozess.
Bild: Die Angeklagten mit ihren Anwälten vor Gericht: Sie leben seit vielen Ja…
berlin taz | Knapp 30 Jahre nach dem gescheiterten Sprengstoffanschlag auf
ein im Bau befindliches Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau wurde der
Haftbefehl gegen zwei Tatverantwortliche außer Vollzug gesetzt. Nach einer
Verständigung mit der Bundesanwaltschaft hätten die Angeklagten eine Strafe
von einem Jahr und zehn Monaten bis zwei Jahren zu erwarten, die auf
Bewährung ausgesetzt werde. Das erklärte der Vorsitzende Richter am
Berliner Kammergericht, Gregor Herb, zum Auftakt des Prozesses gegen die
Beschuldigten Peter Krauth und Thomas Walter.
Im Gegenzug für das Strafmaß gestanden Krauth und Walter, als Mitglieder
der militanten Gruppe Das K.O.M.I.T.E.E. an dem [1][versuchten Anschlag von
1995] beteiligt gewesen zu sein. Zudem habe die Gruppe 1994 einen
Brandanschlag auf das Kreiswehrersatzamt in Bad Freienwalde verübt. Die
Bundesanwaltschaft beschuldigt die beiden, sich zur Herbeiführung einer
Sprengstoffexplosion verabredet zu haben. Frühere Tatvorwürfe wie die
Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sind heute verjährt,
ebenso wie der Angriff in Bad Freienwalde.
Krauth und Walter, heute 65 und 62 Jahre alt, [2][sind in der vergangenen
Woche aus Venezuela angereist], wo sie seit vielen Jahren leben. Sie
wussten bereits, was sie erwartet, da ihre Anwälte die Vereinbarung mit der
Bundesanwaltschaft ausgehandelt hatten. Nach ihrer Ankunft wurden sie in
Untersuchungshaft genommen, nach der Verhandlung am Montag konnten sie das
Gebäude als freie Menschen verlassen. Bis zur Urteilsverkündung, die für
den 8. April vorgesehen ist, müssen sich Krauth und Walter zwei Mal die
Woche bei der Polizei melden. Für das Verfahren sind vier Prozesstage
angesetzt.
Die Angeklagten hatten sich zwar nie von militanten Angriffen distanziert,
aber bis dato auch nie die ihnen vorgeworfene Täterschaft eingeräumt. Vor
dem Kammergericht ließen sie über ihre Anwälte bestätigen, dass sie
zusammen mit dem mittlerweile verstorbenen Bernd Heidbreder versucht
hatten, das künftige Gefängnis mit mehreren mit Sprengstoff gefüllten
Propangasflaschen zu zerstören. Das Ziel sei gewesen, dass das Gebäude
abgerissen wird.
## Untergetaucht in Venezuela
„Wir wollten keine Menschen in Gefahr bringen“, sagte Rechtsanwalt Lukas
Theune im Namen seines Mandanten Krauth. Dafür spreche auch, dass die
Sprengung auf nachts um 3.30 Uhr terminiert war und Warnhinweise die
Explosion ankündigen sollten, erklärte die Gerichtssprecherin Lisa Jani.
„Es kam ihnen auch nach ihrer Einlassung ganz explizit darauf an, keine
Menschenleben in Gefahr zu bringen“, so Jani.
Der Anschlag scheiterte, weil sich die drei Beteiligten von einer zufällig
vorbeifahrenden Polizeistreife entdeckt fühlten und flüchteten. Die Männer
tauchten daraufhin unter. Erst 20 Jahre später ließen sie [3][wieder
öffentlich von sich hören]. Zuvor war Heidbreder aufgrund eines
internationalen Haftbefehls in Venezuela festgenommen worden. Die
venezolanischen Behörden schoben den Deutschen jedoch nicht ab. [4][2022
erhielten Krauth und Walter in dem Land Asyl.] Für Heidbreder kam die
Entscheidung zu spät: Er war ein Jahr zuvor [5][an einem Krebsleiden
gestorben].
Sie seien aus freien Stücken nach Berlin gekommen, um alte Freunde zu
treffen, betonte Krauth während des Verfahrens. In Venezuela betreibt er
einen Biobauernhof, auf dem er Salat und Erdbeeren anbaue. „Das ist bis
heute mein Mittelpunkt“, sagte er. Auch Walter arbeitet in der
Landwirtschaft. Beide haben sich seit Langem im Westen Venezuelas
eingerichtet und werden sich wohl auch nicht wieder fest in Deutschland
niederlassen.
[6][Die Bundesanwaltschaft wirft den Angeklagten] vor, sie hätten mit der
Aktion in Grünau die Abschiebung von Mitgliedern der bewaffneten
Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verhindern wollen. Für Krauth kein Grund,
die Tat zu bereuen. „Wir waren und sind bis heute der Meinung, dass
Abschiebungen Verletzungen der Menschenrechte sind“, sagte er über seinen
Anwalt Lukas Theune. Diese Haltung bestätigten auch alte Freundinnen und
Freunde, die zum Prozess gekommen waren. „Abschiebung ist Folter,
Abschiebung ist Mord, Bleiberecht für alle, jetzt sofort“, riefen sie im
Gerichtssaal.
17 Mar 2025
## LINKS
[1] /!1512595&s=K+O+M+I+T+E+E&SuchRahmen=Print/
[2] /Militante-Gruppe-Das-KOMITEE/!6074009
[3] /Linksradikale-Gruppe-KOMITEE/!5464717
[4] /Autonome-in-Venezuela/!5832348
[5] /Aktivist-Bernd-Heidbreder-ist-gestorben/!5775746
[6] /Autonome-im-venezolanischen-Exil/!6060895
## AUTOREN
Wolf-Dieter Vogel
## TAGS
Linksextremismus
K.O.M.I.T.E.E.
Sprengstoffanschlag
GNS
Linksextremismus
Venezuela
Lesestück Recherche und Reportage
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