# taz.de -- Olympische Medaillen von Paris: Wenn Gold zu Rost wird | |
> Schon wenige Wochen nach Olympia in Paris zeigen sich die ersten | |
> Rostflecken auf den Medaillen. Die billigen Ersatzlösungen taugen eben | |
> nichts. | |
Bild: Bei der Präsentation für die Presse war die olympische Goldmedaille von… | |
In den frühen Jahren der neuzeitlichen Olympiageschichte taugten | |
Goldmedaillen noch etwas. Sie waren aus purem Gold, wenn auch kleiner als | |
die heutigen Plaketten. Seit 1904 wurden sie aufgelegt. Und wie bei | |
Währungen auch, allen voran dem Dollar, der in den 70er Jahren des | |
vergangenen Jahrhunderts seine Goldbindung verlor, ist die olympische | |
Medaille nicht mehr das, was sie einmal war. | |
[1][Der Goldgehalt liegt nur noch bei etwa einem Prozent,] der fehlende | |
Rest wird großzügig mit Silber und Bronze aufgefüllt. Bei den Sommerspielen | |
von Paris wurde [2][sogar Altmetall vom Eiffelturm] recycelt und als | |
ultimatives Design von der Medaillenschmiede Chaumet verkauft, eine Tochter | |
des LVMH-Konzerns, spezialisiert auf Luxusgedöns und Must-have-Murks | |
[3][[tolle Bezeichnung, das merke ich mir! d. säzzer].] | |
Wenn man sich heute noch einmal durchliest, mit welch absurdem | |
Wortgeklingel die Chaumetisten ihr Produkt bewarben – es verändere das | |
Leben des Trägers und so weiter –, dann kommt die Meldung von den | |
verrosteten Medaillen erst richtig zur Geltung. Schon wenige Wochen nach | |
den so gepriesenen Spielen zeigten sich die ersten Flecken auf den | |
Goldmedaillen. Sie wurden größer und hässlicher. | |
Oxidationsprozesse fanden auf der Oberfläche statt und verwandelten das | |
Prestigeobjekt, den Stolz eines jeden Olympioniken, in schiaches Altmetall. | |
Antoine Arnault, der „Head of Image & Environment“ von Chaumet, behauptete | |
einst kühn, sein Laden lasse die Sportler träumen. Nun, sie träumten dann | |
schnell davon, das gute Stück ersetzt zu bekommen. [4][Unschöne Bilder | |
gingen zuhauf durch die sozialen Medien,] und ein Schauspiel wiederholte | |
sich, das man schon von den Spielen 2016 in Rio kannte. | |
## Goldpralle Exemplare | |
Dutzende Medaillen mussten neu aufgelegt und verschickt werden, weil sie, | |
nun ja, Patina zeigten. Oder anders: Sie waren nicht mehr herzeigbar, der | |
Lack war ab. In Rio betraf das mindestens 130 Goldmedaillen, in Paris | |
dürften die Zahlen ähnlich sein. | |
Der Materialwert der „goldenen“ Plakette beträgt dabei nicht mehr als 1.500 | |
Euro, aber ideell ist er natürlich ungleich höher, und bei Ebay geht so ein | |
Teil schon mal für ein fünfstelliges Sümmchen weg – was in den 90er Jahren | |
übrigens viele Olympioniken aus dem Ostblock dazu veranlasste, ihre | |
Goldmedaille schnell zu versilbern, um finanziell beweglicher zu sein. Doch | |
kommen wir nun zur zentralen Frage: Warum sind die Medaillen so anfällig? | |
In Rio redeten sich Verantwortliche mit besonderen klimatischen Bedingungen | |
heraus, Paris gab der EU und ihrer Verordnungswut die Schuld. | |
[5][In der EU gibt es nun auch eine Organisation zur Überwachung chemischer | |
Stoffe, REACH genannt] (Registration, Evaluation, Authorisation and | |
Restriction of Chemicals). Die hat mindestens seit 2013 einen Stoff namens | |
[6][Chromtrioxid] auf dem Schirm. Er ist klassifiziert als karzinogen und | |
mutagen, kann also Krebs verursachen und zu Genveränderungen führen. | |
Die EU hat etliche Chromverbindungen verboten, ebenso wie sie den | |
Bleigehalt in Jagd- oder Sportmunition zu reduzieren versucht. Wiki | |
schreibt: „Chromtrioxid ist sehr giftig, bereits 0,6 Gramm, oral | |
eingenommen, können tödlich sein. Beim Verschlucken sind | |
Verdauungsstörungen, Nierenschäden, Krämpfe und Lähmungen die Folge.“ Der | |
rotbraune Stoff wird in der sogenannten Galvanotechnik aber gern verwendet, | |
um just diese hässlichen Rostflecken auf Medaillen zu verhindern. Chaumet | |
wollte nicht schuld sein. Die Pariser Münzstätte sei es gewesen, sagten die | |
Designer. | |
Eine Lösung wäre recht einfach. Das Internationale Olympische Komitee | |
sollte dafür sorgen, dass die Ausrichter von Olympischen Spielen den | |
Sportlern keine billigen Surrogate mehr um den Hals hängen, sondern | |
goldpralle, solide Exemplare. Sonst ist doch auch, mit Verlaub, für jeden | |
Scheiß Geld da. | |
19 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.dw.com/de/goldmedaille-fast-ohne-gold/a-19479764 | |
[2] https://www.forbes.com/sites/katematthams/2024/02/08/olympic-medals-designe… | |
[3] /Nachruf-auf-taz-Setzer-Georg-Schmitz/!6067175 | |
[4] https://www.insidethegames.biz/articles/1151449/rusting-medals-blame-game-b… | |
[5] https://echa.europa.eu/de/authorisation-list/-/dislist/details/0b0236e1807e… | |
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Chrom(VI)-oxid | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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