# taz.de -- Memes über neues Bad Bunny Album: Salsa Beats mitten in die Winter… | |
> Politisch war im Januar viel los, privat bei den meisten eher nicht. | |
> Körperkult und melancholische Salsa helfen, die graue Tristesse zu | |
> übertönen. | |
Bild: Gute Laune überall: Fans vor einem Bad-Bunny-Konzert in Puerto Rico | |
Berlin taz | [1][Der Januar ist mies]. Die besinnliche Stimmung nach den | |
Feiertagen vergeht schnell, genau wie die Motivation, Neujahrsvorsätze in | |
die Tat umzusetzen. Der altbekannte Trott hat die Oberhand gewonnen und | |
nicht einmal stumpfes Scrollen kann da helfen: Auf Social Media sind Fotos | |
von Reisen, stylischen Outfits oder geselligen Runden unter Freund*innen | |
Mangelware – und niemand teilt gerne die tristen Momentaufnahmen des | |
Winterblues. | |
Stattdessen bestimmen politische Skandale die Timelines, etwa Mark | |
Zuckerberg und sein Wunsch nach mehr männlicher Energie oder Elon Musks | |
Hitlergrüße, die angeblich keine sind. | |
Zusätzlichen Stress lösen Fitnesstrends wie „12-03-30“ (12 Prozent Steigu… | |
auf dem Laufband, bei Geschwindigkeitsstufe 3, 30 Minuten lang) aus. | |
Tiktok-Coaches brüllen in die Kamera, um Verunsicherte aufs Laufband zu | |
locken. Doch selbst nach der Plackerei im Gym winkt keine Belohnung: Dry | |
January lässt keinen Raum für Drinks und Eskapismus. Einzig die | |
Skincare-Routine, die man sich eigentlich nicht leisten kann und auf Dauer | |
mehr Pickel als Freude bringt, bietet etwas Trost. | |
Vor wenigen Wochen halfen noch „In-and-Out“-Listen, um am Ball zu bleiben. | |
Dabei zählt man Dingen und Verhaltensweisen auf, die im neuen Jahr | |
übernommen (In) oder aus dem Leben verbannt werden sollen (Out). So ist | |
Dubai Schokolade out, Selbstoptimierung und Tagebuchschreiben – oder | |
Journaling, wie man es online nennt – sind dagegen in. | |
Mehr Tanzen, weniger Tränen | |
Trotz aller Bemühung klopft kurz vor Februar die bittere Erkenntnis an. | |
[2][„New Year, new me“? Fehlanzeige]. Stattdessen bleibt es beim „same | |
old“. | |
In dieses emotionale Vakuum schlägt [3][„DTMF“, das neue Album von Bad | |
Bunny], ein wie eine Bombe. Tracks wie „Debí tirar más fotos“ oder „Lo … | |
pasó a Hawaii“ handeln von Trauer, Identität und Vergänglichkeit. Es ist | |
das wohl persönlichste und gleichzeitig auch politischste Werk des | |
puerto-ricanischen Künstlers. | |
Diese Abwechslung kommt beim Publikum gut an: Die Musik füllt die leeren | |
Feeds und scheint Antworten auf das kollektive Unwohlsein zu bieten. | |
Besonders der Titel des Albums, „Ich hätte mehr Fotos schießen sollen“, e… | |
philosophischer Aufruf, den flüchtigen Moment besser zu bewahren, bleibt | |
tief in den Köpfen der Hörer*innen haften. | |
## Wir alle kennen diesen Stuhl | |
Neben emotionalem Tiefgang bietet auch der Sound eine Möglichkeit, um der | |
Winterdepression zu entgehen: Zu melancholischer Salsa dürfen Tränen | |
fließen, während der Frust im nächsten Moment bei einem energiegeladenen | |
Twerk zu Reggaeton-Beats fortgetanzt wird. | |
Nicht nur musikalisch setzt Bad Bunny neue Akzente. Das Cover des Albums, | |
das die berühmten weißen Monobloc-Plastikstühle zeigt, wird zum viralen | |
Meme. Was wie ein simples visuelles Element wirkt, entfaltet sich zu einem | |
Symbol für den nostalgischen Blick auf die Vergangenheit und die Verbindung | |
zur Heimat. Die Stühle, die Bad Bunny vor dem karibischen Grün inszeniert, | |
werden von Tiktok-User*innen in unzählige Szenarien montiert: ob im Büro, | |
im Kinderzimmer oder mitten in den bayerischen Alpen. | |
Wir alle kennen diesen Gartenstuhl und haben irgendwo schon mal darauf | |
gesessen, bis in die Nacht hinein die Gefühle ins kleinste Detail | |
geschildert, mit den engsten Vertrauten geweint und gelacht. Er steht für | |
Nostalgie, für Gespräche – vor allem aber für eine Verbindung mit dem, der | |
neben einem sitzt. | |
28 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Scheiternde-Neuanfaenge/!6061811 | |
[2] /Start-ins-neue-Jahr/!5904010 | |
[3] https://www.nytimes.com/2025/01/05/arts/music/bad-bunny-album-debi-tirar-ma… | |
## AUTOREN | |
Giorgia Grimaldi | |
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