Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- AfD-Attacken auf die evangelische Kirche: Der Bischof hat die Faxen…
> Jüterbogs AfD-Bürgermeister hetzt gegen Flüchtlinge, aber auch gegen die
> evangelische Kirche. Die will sich das nicht mehr gefallen lassen.
Bild: Solidarisch mit den Jüterboger PfarrerInnen: EKBO-Landesbischof Christia…
Berlin taz | Die evangelische Kirche zeigt dem AfD-Bürgermeister der
Brandenburger Stadt Jüterbog die Stirn. Landesbischof Christian Stäblein
hat sich persönlich hinter einen Pfarrer und eine pensionierte Pfarrerin
von Jüterbog gestellt, die von Rathauschef Arne Raue in einem zu Silvester
veröffentlichten Video verbal angegriffen wurden. Stäblein sagte, es dürfe
nicht zugelassen werden, „dass Hetze unser Miteinander zersetzt“. Die
Angriffe seien „unerträglich“. Der Bischof dankte zudem den angegriffenen
Pfarrern „für den sehr guten Dienst, den sie für ihre Kirche und die
Menschen in Jüterbog machen“.
Arne Raue ist seit über einem Jahrzehnt Bürgermeister der
13.000-Einwohner-Stadt im Landkreis Teltow-Fläming südlich von Berlin.
[1][Im Dezember wurde der bis dahin parteilose Kommunalpolitiker Mitglied
der AfD], der 54-Jährige ist damit das erste Stadtoberhaupt der rechten
Partei in Brandenburg. Überraschend kam der Schritt allerdings nicht: Raue,
der sich derzeit für die AfD um ein Bundestagsmandat bewirbt, fällt seit
Jahren durch fremdenfeindliche Entgleisungen auf.
Bereits 2015 hatte er die Jüterboger vor Kontakt mit Flüchtlingen gewarnt,
weil „schon bei geringfügigem Kontakt mit Neuankömmlingen Gefahr von
Infektionskrankheiten besteht“. Die Brandenburger AfD, die Schwierigkeiten
hat, Räume für Parteitage zu finden, erhielt in Jüterbog mehrmals
stadteigene Räume, 2024 dann auch der Berliner AfD-Landesverband. In
sozialen Medien fiel Raue immer wieder durch Verschwörungstheorien und
Posts auf, die Flüchtlinge verunglimpfen, aber auch durch Angriffe auf die
„Systemkirche“.
Die örtliche Kirchengemeinde, die eine Willkommenskultur praktiziert,
gehört zu den Lieblingsfeinden des bekennenden Trump-Anhängers. 2018 hatte
die Gemeinde aus Protest gegen den Bürgermeister die Türme ihrer Kirche
geschlossen, mit denen die Stadt um Touristen wirbt.
Auch die Beziehung zwischen Raue und dem Bischof der Evangelischen Kirche
Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) ist seit längerem
schwierig. Zum Stadtjubiläum 2024 weigerte sich Christian Stäblein, dem
Bürgermeister die sich im Kirchenbesitz befindliche Gründungsurkunde von
Jüterbog direkt zu übergeben. Er wollte kein gemeinsames Foto mit dem
rechtslastigen Politiker und händigte die Urkunde deshalb einem örtlichen
SPD-Abgeordneten aus.
An Silvester nun holte Raue per Videobotschaft zu seinem jüngsten
Rundumschlag aus: gegen die Flüchtlingspolitik, eine multikulturelle
Gesellschaft, gegen SPD, CDU, Grüne und die Omas gegen Rechts. Den Anschlag
von Magdeburg deutete er rassistisch um und erwähnte auch nicht, dass der
mutmaßliche Attentäter AfD-Anhänger war.
## Wettern gegen Dönerbuden
Flüchtlinge, behauptete Raue, hätten „in den letzten neun Jahren eure
Kassen geplündert, eure Sozialkassen geplündert, eure Krankenkassen
geplündert, eure Rentenkassen geplündert“. Arbeitende „Südländer“ sag…
allerdings auch nicht zu: Er wetterte gegen Dönerbuden, Barbershops, eine
von Arabern betriebene Securityfirma und ausländische Ärzte in
Krankenhäusern.
Hinzu kamen die Verunglimpfungen der Kirchenvertreter. Raue erklärte,
Gemeindepfarrer Tileman Wiarda habe „sich längst von seinem Job und von
Nächstenliebe verabschiedet“. Wiarda hetze und spalte, heißt es in dem
Video, das Raue selbst als „privat“ eingestuft hat. Der pensionierten
Pfarrerin Mechthild Falk unterstellt der Bürgermeister wiederum, sie decke
Straftaten von Flüchtlingen, vom Fahren ohne Führerschein „bis hin zu
mehrfachen sexuellen Übergriffen“.
Die Kirchengemeinde weist all das entschieden zurück. Sie forderte den
Bürgermeister auf, sich bis vergangenen Freitag, 12 Uhr, bei den
Pfarrpersonen zu entschuldigen und künftig solche wahrheitswidrigen
Aussagen zu unterlassen. „Die Vorwürfe, die er erneut gegen Pfarrerin Falk
ins Feld führt, hat er bereits vor Jahren einmal erhoben und anschließend
vor Zeugen als unwahr zurückgenommen. Insofern handelt er hier als
Wiederholungstäter im klaren Bewusstsein, dass er lügt“, heißt es von der
Gemeinde.
Bei den Vorwürfen gegen den aktiven Pfarrer Wiarda, die juristisch
betrachtet eine Meinungsäußerung sind, handle es sich, so die
Kirchengemeinde, um Täter-Opfer-Umkehr. Die Hetze betreibe der
Bürgermeister selbst. Auch der in Jüterbog aufgewachsene
SPD-Landtagsabgeordnete Erik Stohn forderte eine Entschuldigung des
Bürgermeisters: „Guter Stil heißt, sich zu entschuldigen und haltlose
Behauptungen zu widerrufen.“
Raue selbst sagt zur taz: „Ich halte schon den Gedanken, dass ich meine
Aussagen zurücknehme, für völlig absurd.“ Die Aussagen gegen die Pfarrerin
habe er nur Medienberichten zufolge zurückgenommen. „Schon seit Jahren habe
ich mir abgewöhnt, etwas zu kommentieren oder richtigzustellen, was die
Medien bringen.“
## Rechtliche Schritte geplant
Die Landeskirche plant nun rechtliche Schritte gegen Raue und hat einen
Anwalt eingeschaltet. Auch die Polizei ermittelt aufgrund des Videos von
Amts wegen gegen Raue, wie das Präsidium Brandenburg West mitteilte.
Pfarrer Wiarda bestätigte der taz, dass er von der Polizei deswegen zu
einer Zeugenaussage eingeladen wurde.
Seit Monaten führt zudem Kornelia Wehlan, die Landrätin des Landkreises
Teltow-Fläming und damit Raues Dienstvorgesetzte, ein Disziplinarverfahren
gegen den Bürgermeister. Dazu wurde die Linken-Politikerin von der
Jüterboger Stadtverordnetenversammlung aufgefordert. Zum Stand des
Verfahrens will sich Wehlan auf Anfrage nicht äußern – auch nicht zum
Inhalt.
Der SPD-Politiker Erik Stohn sagt, Anlass seien Raues „unterirdische“
Social-Media-Auftritte, die fehlende politische Neutralität des
Bürgermeisters sowie dessen verspätete Beantwortung von Anfragen der
Stadtverordneten.
12 Jan 2025
## LINKS
[1] /Erstes-AfD-Stadtoberhaupt-in-Brandenburg/!6049174
## AUTOREN
Marina Mai
## TAGS
Evangelische Kirche
Schwerpunkt AfD
Bischöfe
Social-Auswahl
Christentum
Schwerpunkt AfD
## ARTIKEL ZUM THEMA
Evangelische Kirche im Osten: Wer will heute noch Pfarrer werden?
Ostdeutschland ist recht säkular. Aber oft sind es Kirchen, die
Zivilgesellschaft Raum geben. Keine leichte Aufgabe angesichts der
erstarkenden AfD.
Erstes AfD-Stadtoberhaupt in Brandenburg: Bürgermeister von Jüterbog tritt in…
Jüterbogs Bürgermeister Arne Raue ist schon länger als rassistisch und
AfD-nah bekannt. Sein Eintritt passt gut in die Strategie der Partei.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.