# taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Still und lakonisch | |
> Das Babylon Mitte widmet sich dem finnischen Kino, das Zeughauskino den | |
> Frauen in Zeiten der Aufklärung – und Erich Kästners Detektiven. | |
Bild: „Fallende Blätter“ (2023), Regie: Aki Kaurismäki | |
Im Vergleich zu Deutschland ist Finnland eher ein kleines Land. Nicht | |
unbedingt von der Fläche her, die ist ähnlich. Aber die Bevölkerungszahl | |
umfasst im hohen Nordosten Europas noch nicht einmal ein Zehntel unseres | |
dicht besiedelten Landes. Dafür ist dann eine Menge Platz für Wälder, Seen, | |
Mumins und Mücken. Viel Kino gibt es dort jedoch auch – und zwar ein | |
international überaus geschätztes. | |
Im Babylon Mitte nimmt man sich jetzt [1][mit der Reihe „Finlandia“ ] | |
(9.1.-20.1.) dieser seit Jahrzehnten lebendigen Filmszene an, in dessen | |
Mittelpunkt natürlich der ebenso unvermeidliche wie unverzichtbare Aki | |
Kaurismäki steht. Der legte erst kürzlich mit „Fallende Blätter“ (2023) … | |
überzeugendes „Comeback“ hin, mit dem er recht nahtlos an seine grandiose | |
Arbeiter-Trilogie der 1980er Jahre anknüpfte. Die Hauptrolle in der | |
lakonischen Liebesgeschichte mit allerlei großen Hindernissen spielt Alma | |
Pöysti („Tove“), sie steht nach der Filmvorführung (11.1., 20 Uhr) auch z… | |
Gespräch bereit. | |
Doch es geht nicht allein um Kaurismäki, sondern auch um andere wichtige | |
Kulturgüter des Nordens: die Sauna (im Dokumentarfilm „Was Männer sonst nie | |
zeigen“; gemeint sind ihre Gefühle, damit das niemand falsch versteht), die | |
Samen und ihre Rentiere (in der Fantasygeschichte „Das weiße Rentier“, in | |
der sich eine junge verheiratete Frau nach einem schamanistischen Ritual in | |
ein mörderisches Rentier verwandelt) und Punk-Rock (die Doku „Das | |
Punk-Syndrom“ beleuchtet Leben und Wirken eines Quartetts behinderter | |
Menschen, die sich die Freude am lauten Musizieren nicht nehmen lassen). | |
Eröffnet wird die Reihe mit Juho Kuosmanens aktueller Stummfilmkomödie | |
„Silent Trilogy“ (am 9.1., 19.30 Uhr mit Livemusik vom Ykspihlajan | |
Kino-orkesteri), die einen Bogen zur finnischen Filmgeschichte schlägt – | |
denn auch der Stummfilm um Mitternacht steht in dieser Woche im Zeichen | |
Finnlands: „Elämän maantiellä“ („On the Road of Life“) entstand 1927… | |
der Regie von Ragnar Hartwall und erzählt von der dramatischen Begegnung | |
einer Waise mit einem fahrenden Drehorgelspieler. | |
Musikalisch wird dies passenderweise von Anna Vavilkina an der Kinoorgel | |
unterstützt; der Eintritt ist wie immer frei (Silent Trilogy, 9.1., 19.30 | |
Uhr; 13.1., 21.15 Uhr; Fallende Blätter; 11.1., 20 Uhr, Elämän maantiellä, | |
11.1., 23.59 Uhr; Was Männer sonst nie zeigen, 14.1., 18.15 Uhr, 15.1., | |
21.30 Uhr; Das weiße Rentier, 12.1., 20.30 Uhr, 15.1., 21.30 Uhr; Das | |
Punk-Syndrom, 13.1., 18.15 Uhr, [2][Babylon Mitte]). | |
Mit der Filmreihe „[3][Ganz schön aufgeklärt – Arbeiterinnen, Bürgerinnen | |
und Königinnen des 18. Jahrhunderts]“ (11.1.-25.2.) kehrt das Zeughauskino | |
aus seiner kleinen Weihnachtspause zurück. [4][Begleitend zur Ausstellung | |
„Was ist Aufklärung?“] im Deutschen Historischen Museum legt die Reihe | |
ihren Schwerpunkt vor allem auf die sich verändernden Rollen der Frau in | |
der Zeit des aufgeklärten Absolutismus. | |
Ein schönes Beispiel ist Paul Czinners in England entstandenes Biopic | |
„Catherine the Great“ (1934), in dem Elisabeth Bergner als deutsche | |
Prinzessin und nachmalige Katharina die Große erst langsam (und in | |
Opposition zu ihrem Gatten) in die Rolle der selbstbewussten Herrscherin | |
Russlands hineinwachsen muss. | |
Eröffnet wird die Reihe mit Ernst Lubitschs Kostümklassiker „Madame | |
Dubarry“ (1919): Die exaltierte Pola Negri verkörpert darin die Schneiderin | |
Jeanne, die es als Mätresse von König Ludwig XV. zur mächtigsten Frau | |
Frankreichs bringt, ehe die Revolution ihrer Karriere (und ihrem Leben) ein | |
Ende setzt. Am Klavier ist Stephan Graf von Bothmer zu hören, Kurator | |
Philipp Stiasny hält eine Einführung. | |
Lubitsch inszenierte das Drama nicht ohne Humor und Leichtigkeit, vor allem | |
aber mit publikumswirksamem Gespür für die Massenszenen – letztere | |
Fähigkeit ebnete ihm dann auch den Weg nach Hollywood (Madame Dubarry, | |
11.1., 19 Uhr, Catherine the Great, 12.1., 18 Uhr, [5][Zeughauskino]). | |
Ebenfalls im Zeughauskino: „Kästners Kino“ (12.1.–23.3.) blickt auf | |
Verfilmungen der Werke Erich Kästners und eröffnet mit dem offensichtlichen | |
Klassiker des Berlin-Films: „Emil und die Detektive“ (1931) schickt | |
kindliche Spürnasen quer durch Hauptstadt, um den fiesen Dieb Herrn | |
Grundeis dingfest machen zu können. Kinder zahlen im Rahmen dieser | |
Filmreihe lediglich einen Eintritt von 2,50 Euro (12.1., 15 Uhr, | |
[6][Zeughauskino]). | |
9 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/finlandia | |
[2] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/finlandia | |
[3] https://www.dhm.de/zeughauskino/filmreihe/ganz-schoen-aufgeklaert/ | |
[4] https://www.dhm.de/ausstellungen/was-ist-aufklaerung-fragen-an-das-18-jahrh… | |
[5] https://www.dhm.de/zeughauskino/filmreihe/ganz-schoen-aufgeklaert/ | |
[6] https://www.dhm.de/zeughauskino/filmreihe/kaestners-kino/ | |
## AUTOREN | |
Lars Penning | |
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