# taz.de -- Trump 2.0: Gefährliche Mythen | |
> Mit Trump und Musk übernehmen zwei egomanische Milliardäre die Macht. | |
> Viele Menschen jubeln ihnen zu – und verwechseln Erfolg mit Kompetenz. | |
Bild: Auf dem Weg, die Welt ins Chaos zu stürzen: Donald Trump | |
Während der vergangenen Wochen machten viele Menschen eine überraschende | |
Erfahrung: Freunde oder Familienmitglieder, die keine rechten | |
Ultrakapitalisten sind, zeigen Bewunderung für Donald Trump oder Elon Musk. | |
Die banale Grundannahme: Die müssen recht haben, sonst wären sie nicht so | |
erfolgreich. Trump, der Immobilienmogul, der schon [1][zum zweiten Mal das | |
höchste politische Amt der USA] erobert. Musk, der exzentrische Unternehmer | |
und Visionär des 21. Jahrhunderts. Mindestens in den nächsten vier Jahren | |
werden die beiden entscheidend mitbestimmen, was in der Welt passiert. | |
Der Grund für ihren politischen Erfolg ist nicht nur, dass sie die Menschen | |
täuschen, sondern vor allem die verzerrte menschliche Wahrnehmung. Ein | |
psychologisches Phänomen hilft ihnen: fundamentale Attributionsfehler. | |
Besonders in individualistischen Kulturen neigen Menschen dazu, Verhalten | |
und Erfolg von Figuren wie Musk und Trump zu stark auf deren persönliche | |
Fähigkeiten zurückzuführen, und übersehen dabei strukturelle Faktoren, | |
Zufälle und erhebliche Fehler. Diese gilt es offenzulegen, um den Mythos zu | |
entzaubern. Beginnen wir mit Trump. Sein Image als self-made man ist eine | |
Illusion. | |
Bereits in den 1970er Jahren profitierte er massiv vom Vermögen seines | |
Vaters, der ihn mit Darlehen in Millionenhöhe unterstützte. Doch selbst mit | |
diesem finanziellen Polster scheiterte Trump mehrfach spektakulär: Die | |
Eröffnung des Taj Mahal Casinos 1990 endete in einem der größten | |
Konkursfälle der US-Geschichte, der von Trumps schlechtem Management | |
geprägt war. Seine Universitätsgründung („Trump University“) stellte sich | |
später als Betrug heraus und führte zu Millionenentschädigungen für davon | |
betroffene Teilnehmer. Viele seiner Erfolge lassen sich weniger durch | |
Genialität als durch eine gezielte Ausnutzung rechtlicher Schlupflöcher | |
erklären: Durch Steuervermeidung und Scheininsolvenzen verschaffte er sich | |
immer wieder Vorteile auf Kosten der Allgemeinheit. Medien machten ihn zur | |
Marke, und Banken stuften ihn trotz aller Insolvenzen immer wieder als | |
kreditwürdig ein. | |
Ähnlich verhält es sich bei Musk. Seine Fans verklären ihn als „Erfinder“ | |
von Tesla oder PayPal. Aber: Musk war nicht der Tesla-Gründer, sondern | |
kaufte sich in das Unternehmen ein und schaffte es, die tatsächlichen | |
Gründer aus der Geschichte zu verdrängen. Auch PayPal gründete er nicht. | |
Aufgrund seines schlechten Führungsstils und strategischer Differenzen | |
wurde er sogar frühzeitig aus der Leitung des Unternehmens entfernt, beim | |
Verkauf aber mit etwa 165 Millionen Dollar beteiligt. | |
## Toxische Unternehmenskultur | |
Zudem wäre Tesla ohne Milliarden an staatlichen Subventionen kaum | |
überlebensfähig gewesen. Musk nutzt also Ressourcen der Allgemeinheit, wenn | |
er sie braucht, will sie aber streichen, wenn andere sie brauchen. Auch | |
seine Managementmethoden stehen kaum für Innovation: Ehemalige Mitarbeiter | |
berichten von chaotischen Arbeitsbedingungen und einer toxischen | |
Unternehmenskultur, die häufig auf Musks impulsiven Entscheidungen und | |
seinem unübersehbaren Narzissmus basieren. | |
Ihren Erfolg benutzen beide gerne als [2][Totschlagargument für ihre | |
Kompetenz.] Sie selbst glauben wohl tatsächlich an ihre Genialität. Und | |
genügend andere auch, besonders in kapitalistischen Gesellschaften, wo Geld | |
die zentrale Währung für Kompetenz und Erfolg ist. Der Rückschluss vom | |
Erfolg auf die Persönlichkeit ist eine ganz menschliche gedankliche | |
Abkürzung, denn um mögliche externe Faktoren zu berücksichtigen, müsste man | |
Zeit für genauere Recherchen aufwenden. Ebenso wie Trump tut Musk alles | |
dafür, sich als „Selfmade-Milliardär“ darzustellen. | |
Doch diese Darstellung unterschlägt, dass er von Beginn an von massiven | |
Privilegien profitierte. Musk wuchs in einer wohlhabenden, weißen Familie | |
in Südafrika auf, laut seinem Vater [3][quoll der Safe der Familie | |
buchstäblich vor Geld über]. Ein Bestandteil des Reichtums der Familie Musk | |
war eine Smaragdmine in Sambia. Edelsteinminen sind ein Sinnbild | |
(neo)kolonialer Ausbeutung. Während schwarze Afrikaner dort für Hungerlöhne | |
schuften und teilweise ihr Leben riskieren, tüten Weiße wie die Musks die | |
Profite ein. | |
Musk, der heute nach eigenen Angaben die Welt retten möchte, setzte sich | |
während der Apartheid nicht gegen das rassistische Regime ein, das seine | |
Privilegien ermöglichte. Zwar verließ er Südafrika im Alter von 17 Jahren, | |
um dem obligatorischen Militärdienst zu entgehen – einer Institution, die | |
zur Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung diente –, doch dies war eine | |
pragmatische Entscheidung, kein politisches Statement. | |
## Alte Privilegien schützen | |
Die eigentliche Frage ist also: Warum sollte ihr eigener wirtschaftlicher | |
Erfolg ein Indikator dafür sein, dass sie das Leben „normaler“ Menschen | |
verbessern wollen? Trump denkt vor allem an sich, Musks Traumwelt ist eine | |
[4][menschenfeindliche Techutopie (oder -dystopie)]. | |
Gesellschaftspolitisch verfolgen beide eine rückwärtsgewandte Agenda – und | |
das ist offenbar das, was viele Menschen wollen: alte Privilegien schützen. | |
Trump verfolgte bereits während seiner ersten Amtszeit eine Politik, die | |
weiße Rassisten stärkte. Musk inszenierte sich lange als liberaler bis | |
unpolitischer Pragmatiker. Doch in den vergangenen Jahren bekundete er | |
immer offener seine Unterstützung für rechte bis rechtsextreme Bewegungen. | |
Beide Männer nutzen ihre Reichweite, um Narrative zu stärken, die weiße | |
Privilegien zementieren. Musk und Trump sind Repräsentanten einer | |
politischen Bewegung, die das Zurückschwingen des gesellschaftlichen | |
Pendels vorantreibt: weg von Diversität, Gleichberechtigung, Gerechtigkeit, | |
hin zum Recht des Stärkeren. | |
2016 hielten die führenden amerikanischen Unternehmen Trump noch für einen | |
politischen Unfall. Jetzt scheinen sie ihn als Vertreter des „neuen“ | |
Zeitgeistes zu sehen. Trump frohlockte schon im Dezember: „In der ersten | |
Amtszeit haben alle gegen mich gekämpft. Jetzt will jeder mein Freund | |
sein.“ | |
20 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Armin Ghassim | |
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