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# taz.de -- Die Wahrheit: La La Land ist abgebrannt
> Burn, Hollywood, burn: Machen sich die Deutschen am Ende wieder zu viel
> Sorgen, nur weil das mit den Oscars abgeblasen wird?
Bild: Zündelt mal ganz gerne: Cowboy Til S
Feuer wärmt uns seit Urzeiten, ist Grillbedingung Nummer eins und eine
Grundfeste der Gemütlichkeit. Trotzdem starren viele von uns mittlerweile
lieber von der Couch aus auf das künstliche Feuer des Fernsehschirms statt
auf den lodernden Kamin. Denn spätestens als 2019 in Australien nicht nur
Urwald, Tierwelt und 33 Menschen den Flammen zum Opfer fielen, sondern auch
die Produktion des RTL-„Dschungelcamps“ in Gefahr war, wissen wir:
Buschbrände bedrohen nicht irgendwelche Existenzen, sondern Stars. Und nun
finden sie sogar da statt, wo gar kein Busch mehr ist, sondern echte Promis
sind.
Wie bedrohlich die Lage in Südkalifornien wirklich ist, wurde klar, als die
Nominierungen für die diesjährigen Academy Awards verschoben wurden. Die
Vorstellung, dass nun hochbezahlte Filmschaffende in ihren noch höher
bezahlten Villen in den Hollywood Hills saßen und nicht nur nicht mehr
wussten, was sie zur Oscar™-Verleihung anziehen sollten, sondern vor allem
nicht: wann, und vielleicht ob überhaupt, stimmt nachdenklich: Was, wenn
die ganze Veranstaltung abgeblasen wird?
Abgesehen davon, dass wir Premium-Cineasten in Europa darum gebracht
würden, bei der Live-Übertragung Popcorn noch vor dem Frühstück zu essen,
wäre der Ausfall der Show ein schreckliches Zeichen an die Welt: Denn ohne
saisonale Skandale, die modischen und moderatorischen Fehltritte fehlte uns
Futter für Memes, und die einzige Antwort, die wir auf die Frage geben
können, wie wir einen Film finden, den wir nicht gesehen haben, nämlich:
„überbewertet“.
Als die Feuer ausgerechnet auf noble Wohngegenden wie Pacific Palisades und
Pasadena übergriffen, tat der erst ab dem 20. Januar amtierende
US-Präsident Donald Trump das, was ein Donald Trump tut, und benannte die
Verursacher der Brände: Die liberalen Demokraten sind die Brandstifter,
allen voran natürlich der Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom. Denn
statt wie seit Jahrzehnten das dringend für Poolfüllung und Rasenpflege
benötigte Nass in die bedürftige Großstadt zu pumpen, hatte Newsom schon
2022 beschlossen, das Quellwasser aus den Bergen einfach in den Pazifik zu
leiten. Nur um so für das Überleben eines kleinen Fisches, nämlich des
Stints, zu sorgen, welcher angeblich größte Wichtigkeit für den Erhalt
eines Ökosystems hat. Trump ließ vorerst unklar, ob ein derartiges System
überhaupt existiert, nennt den kalifornischen Gouverneur aber seither in
seinen öffentlichen Verlautbarungen konsequent „Newscum“.
## Thea II
Vielleicht in Bewunderung ob dieser geistigen Reife verkündete Mark
Zuckerberg solidarisch, dass er die lästige Faktencheckerei in seinem
Meta-Universum stoppen will. Auch, um den Anteilnehmenden weltweit
Gelegenheit zu geben, eventuell brennbare Fragen aus den Köpfen zu bergen.
Um unsere Gedanken auf die wahren Dramen zu konzentrieren. Denn wenn wir
hören, dass Veronica Ferres, Ralf Möller und Thea Gottschalk (zum zweiten
Mal!) ihre Häuser verlieren könnten, können wir uns nicht um die
ärgerlichen Begleitinformation vom kaum noch vorhanden Ort des Geschehens
kümmern: Die Einsatzkräfte aus Kanada und Mexiko, die dem unterbesetztem
Los Angeles Fire Department zur Hilfe eilen, die Strafgefangenen, die gegen
die Flammen kämpfen, und die Mietbörsenhaie von Airbnb, die jetzt ihre
Zeitwohnobjekte für Bedürftige zu Verfügung stellen – angeblich!
Denn das ist ganz offensichtlich Hollywoodkitsch! Wie wir unschwer an den
Hubschraubern erkennen, die irgendwie Zeit gefunden haben, ihr Löschwasser
pink zu färben. Im besten Fall um „Barbie II“ zu bewerben, im schlimmsten
Fall ist dieser Einsatz der LGBTQ+-Gemeinde zu verdanken, die
höchstwahrscheinlich mit anderen grellen Farben nachlegen wird, um
Regenbögen herzustellen! Geschmacklos woke, und dass zu einem Zeitpunkt, an
dem unsere letzte Info zu Bill Kaulitz ist, dass dieser aus seinem
Frank-Lloyd-Wright-Haus fliehen musste, aber niemand zu wissen scheint, ob
er bei Tom und Heidi in Bel Air untergekommen ist! Und ob er das überhaupt
sollte. Denn: Wie viel Verwandtschaft im Haus kann man denn ertragen, so
kurz nach Weihnachten? Die Antwort darauf lautet natürlich: keine! Aber
selbstverständlich hinter vorgehaltener Hand.
Und während sich Harry und Meghan Windsor unter Einschluss der kompletten
Restöffentlichkeit von Los Angeles reroyalisieren und all jenen auf die
hängenden Schultern patschen, die nicht gerade mit Plündern beschäftigt
sind, fragt man sich: Was tut eigentlich die deutsche Politik? Das wäre
auch im Hinblick auf den Wahlkampf interessant.
## Come on baby, light my fire
Ist das der richtige Zeitpunkt dafür, dass Friedrich Merz sich ins
Privatflugzeug setzt und mit einem Blick ins verkohlte Valley gewohnt
gefühlsduselig verlauten lässt: „Gestern sah es hier noch aus wie im
Sauerland, heute wie im Ruhrgebiet. Schlimm! Arbeit muss sich wieder
lohnen!“ Und wird Jens Spahn dazu die aus Corona übriggebliebenen
FFP2-Masken verteilen, die noch nicht verbrannt wurden? Kann Christian
Lindner seine Erfahrungen in LA teilen, da er selbst ja schon seit November
auf der Straße sitzt? Wird Robert Habeck überwältigt davon sein, dass die
Menschen dort nicht einmal mehr einen Küchentisch haben?
Alles unschöne Bilder, aber bevor Alice Weidel losmarschiert, um
Klump-Kaulitzens persönlich aus den Fängen der von ihr ernannten
Kolonialherrschaft zu befreien und sie mit dem Slogan: „Remigration ist
keine Einbahnstraße!“ auf Magdeburg und Bergisch-Gladbach wieder
umverteilt, müssen wir uns gewahr werden, was uns von den Amis
unterscheidet: Besonnenheit.
Deswegen haben wir erst mal nur unseren besten Mann losgeschickt. Der eine,
der das Show-Biz kennt, aber auch starke Meinungen unverständlich
vorbringt. Nein, nicht Markus Söder. Sondern der, der uns zeigt, dass wir
uns auch zu viel sorgen können. Um uns, die Welt, und auch um ihn. Müssen
wir aber gar nicht.
Wenn Til Schweiger ein Foto vom Sonnenuntergang postet und dazu ebenso
knapp wie klar kommentiert: „Back in L. A. Herzchen-Emoji“, ist alles halb
so wild. Denn auf dem Foto sehen wir keine brennenden Wälder. Oder
verbrannte Häuser. Keine fliehenden Menschen, keine verendeten Tiere, keine
Asche, und keinen Staub, sondern nur: Gewissheit. Denn immer, immer wieder
geht die Sonne unter.
17 Jan 2025
## AUTOREN
Katinka Buddenkotte
## TAGS
Die Wahrheit
Kalifornien
Waldbrände
Hollywood
Anti-Feminismus
Pflanzen
Die Wahrheit
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