# taz.de -- Krise der Labour-Regierung: Keir Starmer im Tiefflug | |
> Einst als Ablösung einer höchst unpopulären Tory-Regierung angetreten, | |
> tritt Labour nun in deren Fußstapfen. Die Partei sollte sich an ihre | |
> Werte erinnern. | |
Bild: Premierminister Keir Stamer (M) und seine angezählte Finanzministerin Ra… | |
Vor kaum mehr als einem halben Jahr gewann die Labour-Partei in | |
Großbritannien haushoch die Wahlen, und doch sieht die Labour-Regierung | |
heute schon verbraucht aus. Die Umfragewerte sind kaum besser als die der | |
konservativen Vorgänger. Premierminister Keir Starmer gelingt kein klarer | |
Kurs. Finanzministerin Rachel Reeves steht vor dem Aus. Die Wirtschaft | |
stagniert. Einen Höhenflug erlebt die rechtspopulistische Partei Reform UK | |
des schier unverwüstlichen Nigel Farage, der sich bereits als | |
Großbritanniens nächster Premierminister feiern lässt. | |
Als Starmer mit seinem Wahlsieg im Juli 2024 eine 14 Jahre lange Ära | |
konservativer Vorherrschaft beendete, waren die Hoffnungen groß. Die | |
Konservativen hatten sich selbst ins Aus gekegelt, ihre vielen Fehler | |
genügten zum Machtwechsel. Die Labour-Opposition musste nicht einmal mehr | |
genauer erklären, was an ihr eigentlich besser wäre. Das rächt sich jetzt. | |
## Korruption, Patzer, Sparzwang | |
Erst gab es die Skandale um Vorteilsnahme: Keir Starmer und viele seiner | |
Minister hatten von Lobbyisten Geldgeschenke und Sachleistungen | |
entgegengenommen, und als sie nach dem Wahlsieg damit konfrontiert wurden, | |
legten sie kein Unrechtsbewusstsein an den Tag. Dann kam der verpatzte | |
erste Staatshaushalt, der die Wirtschaft abwürgte und zugleich mit | |
unsozialen Sparvorgaben die eigene Wählerbasis vergrätzte. Und nun tritt | |
die für Korruptionsbekämpfung zuständige Staatsministerin zurück, weil sie | |
als Nichte der gestürzten Premierministerin von Bangladesch mutmaßlich von | |
deren gestohlenen Geldern profitiert hat. | |
Das internationale Umfeld ist nicht hilfreich. Progressive Politik ist | |
nirgends angesagt, überall triumphiert das identitäre Denken. Um dem zu | |
begegnen, sollte sich Starmer darauf besinnen, wofür er gewählt wurde: für | |
ehrliches und kompetentes Regieren sowie den Wiederaufbau kaputtgesparter | |
sozialer Dienste. Wenn das nicht gelingt und Labour schneller zerfällt als | |
die Konservativen sich erholen können, könnte die Vorstellung, dass der | |
nächste Premierminister Nigel Farage heißt, tatsächlich Realität werden. | |
16 Jan 2025 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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