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# taz.de -- Prozess gegen Klimaaktivisten: Der Mönch von Lützerath kommt vor …
> Bei der Räumung von Lützerath ging ein Video von einem geheimnisvollen
> Mönch viral, der Polizisten schubste. Jetzt wird ein Franzose dafür
> vorgeladen.
Bild: Dicke Kutte, viel dahinter? Der Mönch von Lützerath im Januar 2023
Die Videos damals wurden millionenfach geteilt, nach der großen
Lützerath-Demo am 14. Januar 2023. Nicht Greta Thunbergs
Kundgebungs-Auftritt war in sozialen Medien das große Thema, auch nicht die
massive Polizeigewalt gegen die Demonstrierenden, die in das
[1][abgesperrte Braunkohle-Örtchen Lützerath] zu den BesetzerInnen
vorzudringen versuchten. Sondern: dieser Mönch. Die Bilder gingen weltweit
viral: Ein Mensch in brauner Mönchskutte schubst mehrfach Polizeikräfte in
den teils mehr als 20 Zentimeter tiefen Schlamm, in dem sie in ihrer
monströsen Kampfmontur besonders lächerlich wirken.
Die einen wussten gar nicht, wohin mit ihrer Empörung, weil durch die
schändlichen Angriffe auf Staatsbedienstete von einem scheinbar
christlichen Würdenträger auch noch die katholische Kirche in den Schmutz
gezogen wurden. Pfui Teufel!
Die anderen lachten sich schlapp. Bald gab es einen Aufkleber mit dem
Slogan „Kein Gott, kein Staat – nur der Mönch von Lützerath“. Mysteriös
zudem: Wer an diesem Tag im Schlamm stecken blieb, kam ohne Hilfe nicht
wieder raus. Der Mönch aber schien zu schweben, als sei er Jesus, der über
Wasser ging. Später am Tag der Demonstration mit über 30.000 Menschen war
der Mönch wieder spurlos verschwunden.
Nur wer war dieser Mensch? Das wusste lange niemand. Wegen seines
Franziskaner-Gewandes wurden Franziskaner-Patres interviewt, ob solches
Verhalten zu ihren Werten passen würde. Natürlich nicht! Bald kam ein
Verdacht auf: Auch in Frankreich war bei Protesten mehrfach ein Mönch
aufgetaucht. Also gab es eine Fahndungsbitte an die dortigen Behörden. Und
gleich wurde es wieder still um den Mönch von Lützerath, den bekanntesten
der „Klima-Chaoten“, wie Nordrhein-Westfalens Innenminister [2][Herbert
Reul] (CDU) die Protestierer gern nennt.
## Interview statt Beichtstuhl
Im Februar 2024 gab ein Loic S., 29 Jahre alt, dem Stern ein großes
Interview. Er sei der Mönch, erzählte er launig. Er versuche „eine
Schnittstelle zwischen Christentum, Anarchie und Klimabewegung zu finden.
Deshalb auch die Kutte als Symbol des Friedens.“ Er lebe auf einem
Bauernhof bei der französischen Stadt Nancy und arbeite als angestellter
Krankenpfleger. Das Foto von Loic S. zeigte einen smarten, braunlockigen
Wuschelkopf.
In Frankreich habe er einmal bei einer Demonstration „einen Polizisten mit
Wasser übergossen, als ob ich ihn taufen würde. Ich mag es, bei Protesten
kreativ zu sein.“ Und grundsätzlich: „Wir nehmen uns das Recht, diesen
Planeten zu zerstören. Lützerath ist ein Beispiel dafür. Lokale Proteste
sind wichtig, ein globaler Wandel ist nur durch die Vervielfachung lokaler
Kämpfe möglich, deshalb wollte ich das unterstützen.“
In den Tagen nach der Mönchserscheinung wurde Lützerath weggebaggert.
Nächsten Mittwochmorgen um 9 Uhr ist vor dem Amtsgericht Erkelenz der
Prozess gegen Loic S. anberaumt, Vorwurf: tätlicher Angriff auf
Vollstreckungsbeamte. „Vor Gericht habe ich das Recht zu sprechen, ein
Prozess ist immer eine Möglichkeit, eine Botschaft zu verbreiten“, sagt er.
Ob er tatsächlich kommt? Und wenn, womöglich mit Kutte?
Nur: vielleicht ist Loic S. gar nicht der, für den er sich ausgibt. Sondern
nur der Darsteller eines Mönchsdarstellers. Wieso hätte er sich sonst so
leichtgläubig mit einem Interview selbst belastet? Auf taz-Anfrage sagt der
Sprecher der Staatsanwaltschaft, Florian Scheffel, man sei sicher, den
richtigen Mann „mit hinreichendem Tatverdacht“ zu haben, und ja: Hauptgrund
sei das Stern-Interview.
16 Jan 2025
## LINKS
[1] /Klimaprotest/!5982855
[2] /Kriminalitaet-in-NRW/!6033211
## AUTOREN
Bernd Müllender
## TAGS
Lützerath
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Kohleindustrie
Aktivismus
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Schwerpunkt Klimawandel
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Schwerpunkt Hambacher Forst
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