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# taz.de -- Replik auf Brief von Burkhard Garweg: Genervtes aus der Legalität
> Der frühere RAF-Terrorist Burkhard Garweg veröffentlichte in der taz
> einen offenen Brief. Den möchte ein taz-Leser nicht unbeantwortet lassen.
Bild: Klebstoff statt Knarre. Unverschämte Vereinahmung gewaltloser Bewegungen
Doch, doch, das geht schon in Ordnung: In der wochentaz vom 21. Dezember
2024 druckte die Redaktion unter dem Titel [1][„Grüße aus der Illegalität�…
einen Brief des selbsternannten Befreiungskämpfers Burkhard Garweg ab.
Schließlich gehören sowohl die Rote Armee Fraktion, die RAF, als auch ihre
geistigen Sturzflüge und fatalen Irrwege zur linken sowie deutschen
Geschichte – und zur Geschichte der taz. Aber unkommentiert bleiben sollte
solch ewiggestriges Revolutionsgeschwafel nicht.
Daher folgt hier ein ebenfalls offener Brief.
Hallo Burkhard „Martin“ Garweg, das schon mal vorweg: Legal war und ist sie
und weder illegal noch scheißegal: die [2][Verhaftung von Daniela Klette]
und anderen bekennenden RAF-Militanten. Deshalb ist Ihre Forderung nach
deren sofortiger Freilassung völlig ungerechtfertigt. Erst einmal sollten
die Vorwürfe strafbarer Handlungen und Gewalttaten gesetzeskonform
aufgearbeitet und danach gegebenenfalls abgeurteilt werden. Oder ist das im
Kapitalismus gar nicht möglich? So jedenfalls argumentieren Sie – und das
halte ich, sorry, für Unfug.
Sie äußern „Solidarität“ mit Revolutionär:innen und stellen die
Meuchelmorde und Terroranschläge von RAF & Co in einen engen Zusammenhang
mit der Klimabewegung und anderen emanzipatorischen Kämpfer:innen. Das hat
aufgrund Ihrer Denke und Taten, bei denen Mordanschläge zum legitimen
Mittel der Befreiung werden, einen fauligen Beigeschmack. Mehr noch: Ihre
Versuche, engagierte linke und gewaltlose Bewegungen im Widerstand und im
zivilen Ungehorsam gegen herrschendes Unrecht zu vereinnahmen, sind eine
Unverschämtheit. Das ist nicht mehr als RAF-Gesäusel – und da sage ich
klar: Nein danke!
Offenkundig haben Sie die vergangenen Jahrzehnte in der Illegalität nicht
dazu genutzt, um selbstkritisch über Ihren Tellerrand zu schauen. Dabei
gibt es doch auch auf Wagenplätzen viele kluge Gesprächspartner:innen
und bestimmt auch gute Literatur wie beispielsweise die taz … Vielleicht
wäre dann in Ihnen die Erkenntnis gereift, dass in der Ideologie und in der
Praxis der RAF eine hasserfüllte, unmenschliche Revolutionsideologie mit
einem linken, emanzipatorischen Gerechtigkeitsmäntelchen nur mühsam
verhüllt wird. Die Attentatsopfer der „dritten RAF-Generation“, ob Karl
Heinz Beckurts, Gerold von Braunmühl, Alfred Herrhausen oder Detlev
Rohwedder, waren nun mal keine üblen Tyrannen, sondern von ihren
Mörder:innen und deren Umfeld in grenzenloser Arroganz und
Selbstüberschätzung ausgewählte Symbole des Kapitalismus.
## Blutspur aus Hass, brutale Gewalt
Eine bessere, humanere Welt kann doch unmöglich entlang einer von
fanatischen Menschen gelegten [3][Blutspur aus Hass] entstehen und wachsen,
aus brutaler Gewalt und geistig eingeschränktem Schwarz-Weiß-Denken. Dieses
Narrativ – „dort die bösen Kapitalist:innen und hier wir, die guten
Genoss:innen“ – erinnert an manche den Sozialismus begründenden Schriften.
Aber die sind etwa 140 Jahre alt, seither ist im Reallabor der
Menschheitsgeschichte vieles passiert, was irritieren muss, auch und gerade
uns Linke.
Dessen ungeachtet propagieren Sie – wie schon Hunderte vor Ihnen – einen
echten, wahren Sozialismus. Ohne aber Fehlentwicklungen und Flops
zentralistisch-bürokratischer Wirtschaftssysteme auch nur am Rande zu
analysieren oder all die Verirrungen realsozialistischer Parteidiktaturen
zu reflektieren. In deren Knästen, die es an sehr vielen Orten der Welt
gibt, sind politische Gefangene, darunter auch etliche links Eingestellte!
Auf solch blutbefleckte Solidaritätsbekundungen können linke,
emanzipatorische Bewegungen dankend verzichten.
## Dogmatische Sicht der Geschichte
Als habe es keinerlei erkämpfte gesellschaftliche und soziale Fortschritte
gegeben, wiederholen Sie mantramäßig Ihre dogmatische Sicht der Geschichte,
ohne dass Irritierendes erwähnt wird, zum Beispiel die faschistische
Entwicklung ehemaliger Kampfgenoss:innen wie Horst Mahler. Oder Sie
schreiben wohlfeil vom „Völkermord in Gaza“, lassen jedoch Gefahren durch
religiös motivierten Totalitarismus außen vor. Sie prophezeien
gebetsmühlenartig den unvermeidlichen Zusammenbruch des Kapitalismus, ohne
im Geringsten auf totalitäre Entwicklungen in Russland, China und anderen
(ehemals) realsozialistischen Autokratien einzugehen.
In Ihre Denkschablonen scheint auch der [4][russische Großangriff auf
seinen Nachbarstaat Ukraine] mitsamt aller Kriegsverbrechen nicht zu
passen. Sie tun so, als sei politisch und geschichtlich nichts
Widersprüchliches geschehen, als seien Ihre wackligen ideologischen
Konstrukte nicht längst zusammengebrochen.
Auch Ihre unglaubwürdigen Krokodilstränen können Sie sich sparen, nachdem
Sie bei den von Ihnen überfallenen Menschen etliche Traumata ausgelöst
haben. Ebenso beim Umfeld der von der RAF ermordeten Menschen. Denn bei
diesen Überfällen und Morden wurde mit Waffen und Waffenattrappen
geschwenkt und Arbeiter:innen (eigentlich doch in Ihrem Sinne die
revolutionäre Klientel) mit Tötung gedroht.
Es wurde viel kapitalistische Kohle geraubt (Ist das nicht durch Ausbeutung
angehäuftes Böses?), um ein langjähriges Leben im Untergrund zu
finanzieren. Währenddessen haben sich viele Menschen aus dem Volk, für das
Sie angeblich sprechen, für ein besseres Leben eingesetzt und dafür lange
und hart gearbeitet, nicht selten für eine oftmals karge Rente. Die Kluft
zwischen Arm und Reich wächst immer weiter und der immer noch existierende
Hunger auf der Welt sind tatsächliche Skandale, die von linken Bewegungen
bekämpft und beseitigt werden müssen.
Für emanzipatorische und humanistische Fortschritte hingegen taugen weder
Ihre schiefen Feindbilder noch die Helden Ihres vorgestrigen Gedankenguts.
9 Jan 2025
## LINKS
[1] /Dokumentation-des-Briefs-von-Burkhard-Garweg/!6057898&s=garweg&Suc…
[2] /Anklage-gegen-Daniela-Klette-erhoben/!6047839
[3] /RAF-Geschichte/!5993208
[4] /!6056921&s=ukraine&SuchRahmen=Print/
## AUTOREN
Albert Kunze
## TAGS
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