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# taz.de -- Hydrofeminismus am Schauspielhaus: Weich werden wie das Wasser
> Schwimmen, tauchen, fantasieren gegen das Patriarchat: Die ambitionierte
> und verspielte Performance „Bodies under water“ am Deutschen
> Schauspielhaus.
Bild: Verspielter Umgang mit feministischem Stoff: Alberta von Poelnitz und Sac…
Es geht ums so elementare Nass. Irgendwas zu seinem Anteil am menschlichen
Körper – sind es nun 70 Prozent Wasser oder nur zwei Drittel? – gehört mit
zum ersten, das zu hören ist in der Nebenspielstätte des Hamburger
Schauspielhauses. „Bodies under water“ ist aber kaum Sachkundetheater, wie
es zwischenzeitlich so beliebt schien, etwa die wundersame Welt der Pilze
sich zum Gegenstand nehmend – oder mehr noch auf etwas Abglanz schielend
von den vielen entsprechenden Buch-Verkaufsschlagern?
Ausdrücklich mit „hydrofeministische Transformation“ hat [1][Regisseurin
Annalisa Engheben] diesen Abend überschrieben, und so geht es kaum um
Osmose oder Elektrolyte, sondern männlich konnotierte Vorstellungen von
harten, im Sinne von: klar von ihrer Umgebung zu unterscheidenden Körpern –
und, demgegenüber, weichen, mit ihrer Umgebung ganz anders im Austausch
befindlichen.
„Wir gehen heute ins Wasser“ sagt Sachiko Hara, die zusammen mit Alberta
von Poelnitz diese erklärte „Lecture performance“ stemmt, die aber so
richtig auch wieder keine sein will. Doch, ja, es wird Wissen referiert,
über jene Tradition japanischer und koreanischer Taucherinnen etwa,
[2][„Meerfrauen“ genannt], „ohne 'jung’“, so Hara. Und durchaus sprö…
Text von Astrida Neimanis kommt zum Vortrag; die kanadische Theoretikerin
wird mit der Eigenbezeichnung „Hydrofeministin“ das erwähnte Rubrum
gestiftet haben.
Den dräuenden Fallstricken des allzu Seminarhaften entkommt „Bodies under
water“ durch Seitenschritte ins Persönliche: Ob es wirklich von Poelnitz’
reale Großmutter ist, die in ihrer entzückenden Ostseestrand-Anekdote
auftritt oder beides zweckdienlich erfunden, die Oma mit dem silbernen
Bubikopf und die Ausflüge an den Strand: Das ist eigentlich gar nicht
wichtig.
Bei allem merklichen Anspruch aufs Anbieten von Relevantem: Erfreulich
unakademisch, ja: verspielt ist dieser Abend geraten, operiert mit
avancierter Gender-Theorie wie auch mit Kindheits-Fernseh-Erinnerungen, und
natürlich simulieren die beiden Darstellerinnen auch mal das Schwimmen auf
trockenem Bühnenboden. Der Einsatz von Musik (Giovanni Verga) wie auch
Requisiten ist überschaubar und umso effektiver, Hummerscheren werden
übergestreift, Tentakel umgegürtet, auch mal eine (mutmaßlich) flauschige
Vagina gestreift übers Fischhaut evozierend glitzernd eng Anliegende
(Kostüme: Jana Sophia Schweers).
Irgendwann kommt dann doch noch eine spektakuläre Riesenmedusa von der
Decke und bietet den beiden Frauen unter Wasser das vorerst ultimative
Verschmelzungsangebot, die vielleicht finale Auf-Weichung: Qualle werden
gegen das Patriarchat.
24 Dec 2024
## LINKS
[1] /das-wird/!5887721/
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## AUTOREN
Alexander Diehl
## TAGS
Feminismus
Theater
Wasser
Schwimmen
Tauchen
American Pie
Schwerpunkt Filmfestspiele Venedig
Reiseland Südkorea
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