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# taz.de -- Filmzensur in Ägypten: Tod am Nil
> Das Vorführverbot des Kurzfilms „The Last Miracle“ beim Filmfestival El
> Gouna ist nur das jüngste Beispiel für kulturpolitische Zensur in
> Ägypten.
Bild: Aus dem Programm genommen: Der Kurzfilm „Das letzte Wunder“ durfte be…
Vor Kurzem mussten Zuschauer beim Filmfestival El Gouna in Ägypten erstaunt
zur Kenntnis nehmen, dass der Eröffnungsfilm „The Last Miracle“ ohne
Angaben von Gründen durch ein anderes Werk ersetzt wurde. Es gab Hinweise,
dass die staatliche Zensurbehörde dem Film die Genehmigung zur Vorführung
verweigert hatte.
„Was hier geschieht, ist ein Zeichen für die vermehrte Einschränkung der
künstlerischen Kreativität in Ägypten. Obwohl es Zensur schon seit
Jahrzehnten gibt, erleben wir derzeit eine ihrer härtesten Phasen“, so der
ägyptische Filmkritiker Hossam Fahmy gegenüber der taz.
„Das letzte Wunder“ ist ein Kurzfilm [1][nach einer Erzählung des
ägyptischen Nobelpreisträgers Nagib Mahfus.] Er erzählt die Geschichte
eines unbekannten Journalisten, der einen Anruf von einem Sufi erhält, der
ihm mitteilt, dass er „der Auserwählte“ sei. Er glaubt das und fordert
Leute auf, ihm zu folgen, um anschließend herauszufinden, dass es sich um
einen Streich handelte, der ihn zur Zielscheibe allgemeinen Spotts macht.
## Drehbuch-Genehmigung eingeholt
Die Filmemacher hatten die Genehmigung der Zensur für das Drehbuch
eingeholt, wie es das Gesetz vorschreibt, dennoch wurde ihnen die
Vorführung verweigert. Im August wurde dem Filmdrama „The Atheist“ die
Vorführung verwehrt. Seinen Machern zufolge handelt es von religiösem
Extremismus und Atheismus.
Offizielle Regierungsstellen äußerten sich nicht zum Verbot, obwohl auch
dieses Werk die erforderlichen Genehmigungen erhalten hatte. Vor Kurzem
teilte die Justizbehörde mit, dass für die Filmvorführung eine „Genehmigung
von Al-Azhar“, der höchsten islamischen Instanz in Ägypten, erforderlich
sei, da sein Inhalt „atheistische Ansichten fördert und Religionen
verunglimpft“, was gesetzeswidrig sei.
Um die Vorführerlaubnis für Filme in Ägypten zu erhalten, ist
vorgeschrieben, dass Werke nichts andeuten dürfen, was religiöse, geistige
oder moralische Werte der Gemeinschaft oder die öffentliche Ordnung
verletzen könnte. Mit anderen Worten: Religiöse, politische und sexuelle
Tabus müssen vermieden werden.
## Sinnbild für die gesamte Lage
„Die erdrückende Zensur des künstlerischen Schaffens lässt sich von der
Lage im Land seit der Machtübernahme durch Präsident Sisi 2014 nicht
trennen“, sagt Fatima Serag, Leiterin der Rechtsabteilung der Vereinigung
für Gedanken- und Meinungsfreiheit, der taz.
[2][Das bevölkerungsreichste arabische Land] schneidet bei den Indikatoren
für Pressefreiheit, Demokratie, Justiz und akademische Lehrfreiheit äußerst
schlecht ab. Tausende sitzen seit Jahren aufgrund fadenscheiniger
politischer Anschuldigungen ohne Gerichtsverfahren in Haft.
Serag weist darauf hin, dass Sicherheitsaspekte und politische Erwägungen
die Zensur bestimmen und dass selbst der begrenzte Spielraum für die
Meinungsäußerung, der während der Ära von Präsident Mubarak bestand, nur
noch schwer zu erreichen sei. „Filmemacher und Dramaturgen sind gezwungen,
vulgäre Szenen über Patriotismus und den Fortschritt des Staates in ihre
künstlerischen Werke einzufügen, um Zensur zu umgehen. Was wir jetzt
erleben, ist beispiellos“, sagt Serag.
## Ohne Nennung von Gründen
2016 war der Film „Die letzten Tage der Stadt“ von der Vorführung beim
Filmfestival Kairo ausgeschlossen worden, und die Zensurbehörde verweigerte
ihm eine Lizenz zur Aufführung, obwohl sie das Drehbuch zuvor genehmigt
hatte. Wie üblich ohne Nennung von Gründen, es gab jedoch Hinweise, dass
die politischen Untertöne des Films zu einer Entscheidung geführt hatten,
die eine Aufführung im Land verhinderte.
Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich 2017 mit dem Film „The Nile Hilton
Incident“, der die Polizeikorruption in Ägypten vor der Revolution am 25.
Januar 2011 thematisiert. Filmkritiker Mohamed Awad äußert gegenüber der
taz, dass die Gründe für das Verbot bestimmter künstlerischer Werke neben
den bekannten Tabus auch willkürlich sein können.
Er erklärt: „Die Zensur von künstlerischen Produktionen in Ägypten
unterliegt eher Launen als festen Regeln. Es kann vorkommen, dass jemand
einen Film als Herausforderung für die gesellschaftlichen Werte, die
nationale Sicherheit oder andere vage Vorstellungen ansieht und einfach
beschließt, seine Vorführung zu verhindern. Manchmal ist es auch nur ein
Missverständnis, das zum Verbot eines Werks führt.“
„Dies schränkt nicht nur die künstlerische Kreativität ein, sondern führt
auch dazu, dass entstellte künstlerische Werke geschaffen werden, die weder
die Realität noch die Sorgen der Menschen widerspiegeln, nur um die Zensur
zu umgehen. Außerdem zerstört es Generationen von Künstlern, deren
Karrieren ruiniert werden, wenn ihre Arbeit verboten wird“, sagt Fahmy der
taz.
28 Nov 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Karim Assaad
## TAGS
Ägypten
Zensur
Islam
Film
Justiz in Ägypten
religiöse Gewalt
Libanon
Kolumne Stadtgespräch
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