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# taz.de -- Sport im US-Wahlkampf: Schein und Wirklichkeit
> Der jüngste Sieg der Los Angeles Dodgers in der World Series könnte für
> Donald Trump kein gutes Omen sein. Dabei verbindet den Republikaner viel
> mit Baseball. Angeblich.
Bild: „Ich hatte großes Talent“: Donald Trump 2020 im Garten des Weißen H…
Berlin taz | Vielleicht war der Triumph in der Baseball-World-Series durch
die Dodgers am vergangenen Mittwoch nicht nur der insgesamt achte
Titelgewinn für den Verein aus LA seit 1957, sondern auch ein klares
Vorzeichen für den Ausgang der US-Präsidentenwahl. Wie Wahlforscher
Nathaniel Rakich von FiveThirtyEight auf X feststellte, hatte Donald J.
Trump nach dem letzten Titelgewinn der Dodgers im Jahr 2020 die Wahl gegen
Joe Biden verloren.
Wenig überraschend reagierten nur die Anhänger von Kamala Harris positiv
auf Rakichs Tweet. Trump dürfte ihn dagegen sehr verstimmt aufgenommen
haben, er gilt schließlich nicht nur als großer Baseballfan, sondern wäre
in seiner Jugend auch fast Profi geworden. In einem Beitrag für das 2004
erschienene Buch „The Games Do Count: America’s Best and Brightest on the
Power of Sports“ des Fox News-Moderators Brian Kilmeade hatte Trump als
einer von mehr als 80 Prominenten über sein Verhältnis zum Sport
geschrieben.
Eigentlich sollte er, so betonte er, Profi-Baseballspieler werden: „Ich war
Kapitän des Baseballteams an der New Yorker Militärakademie (NYMA).“ Er
habe genauso hart wie alle anderen trainiert, „aber ich hatte großes
Talent!“ Trump erinnert sich in seinem Text auch an „das erste Mal, als ich
meinen Namen in der Zeitung las“. 1964 sei das gewesen, in seinem letzten
Jahr an der NYMA. Damals habe er in einem Spiel gegen die Cornwall
Highschool den entscheidenden Homerun geschlagen. Die damalige Überschrift
in der Lokalzeitung, deren Namen Trump nicht nannte, habe: „Trump schlägt
Homerun und gewinnt das Spiel“ gelautet. Für ihn sei das „einfach toll
gewesen“ und „eigentlich sogar besser, als das Match zu gewinnen“.
Nun ist Trump aber nicht unbedingt für seine Liebe zu Fakten und Wahrheiten
bekannt, erst recht nicht, wenn es um eigene Lebensleistungen geht.
Entsprechend fanden sich im Lauf der Zeit auch immer wieder Journalisten,
die versuchten, die Baseballkarriere des Mannes nachzurecherchieren.
Einfach ist das wohl nicht, denn seine damaligen Trainer sind mittlerweile
verstorben. Die Erinnerungen von Mitschülern sind außerdem häufig von ihren
politischen Ansichten geprägt. Einer, der in Interviews regelmäßig über
Trumps großartige Leistungen als Pitcher sprach, hatte beispielsweise nie
mit ihm im College-Team gespielt.
## Faktencheck ins Leere
Der Sportjournalist Leander Schaerlaeckens war bereits 2020 [1][in einem
Artikel für Slate.com] zu dem Schluss gekommen, dass Trumps
Baseballerinnerungen nicht sehr zutreffend sind. In den Archiven der
einzigen beiden Lokalzeitungen, die regelmäßig über den Collegesport an der
NYMA berichteten, fand er keinen Artikel mit der von Trump im Buch so
begeistert zitierten Überschrift. Aber das ist noch nicht alles: Trumps
Team spielte in der gesamten Saison 1964 kein einziges Mal gegen die
Cornwall Highschool, wie übrigens im Jahr zuvor auch nicht.
Eine vom späteren Präsidenten gern erzählte Anekdote über das Ende seiner
Profi-Ambitionen entspricht wohl auch nicht den Tatsachen: Trump schrieb,
dass ein gemeinsam mit einem anderen Spieler namens Willie McCovey
absolviertes Probetraining ihn davon überzeugte, dass die Immobilienbranche
wohl doch die geeignetere Jobalternative für ihn sei. Willie McCovey gehört
bis heute zu den Baseballlegenden.
Der im direkten Vergleich deutlich schlechtere Spieler als der spätere Hall
of Famer gewesen zu sein, dürfte selbst für einen ausgewiesenen Egomanen
wie Trump keine Schande gewesen sein. Allerdings kann die sportliche
Begegnung der beiden Männer nicht stattgefunden haben: McCovey spielte
damals bereits als First Baseman in der Major League Baseball, seine aktive
Karriere dauerte von 1959 bis 1980.
Immerhin, ein NYMA-Trainer namens Theodore Dobias erinnerte sich sehr
positiv an den jungen Baseballspieler Donald J. Trump und wurde von ihm
2016 kurz vor seinem Tod im Alter von 98 noch genötigt, an einer
Telefonkonferenz mit einem Journalisten teilzunehmen. Dobias zufolge
beobachteten Talentscouts der Boston Red Sox und der Phillies ihn. Die
Erinnerungen des Coaches erwiesen sich jedoch als nicht ganz valide, denn
das Team, in dem Trump spielte, wurde von ihm nicht betreut.
Baseballexperten halten es überdies für ausgeschlossen, dass sich die
Späher der großen Vereine für Athleten einer kleinen Bildungsanstalt
interessierten, ehemaligen Mitschülern sind niemals Scouts aufgefallen.
Dazu kommt, dass sich in den Archiven der beiden Vereine keine Hinweise auf
Trump finden.
## Lächerliche Statistiken
Außerdem sprechen die Statistiken des Spielers Trump nicht für ihn. Keith
Law, ehemals Manager bei den Toronto Blue Jays, sagte gegenüber dem
Journalisten Lyndon Suvanto, eine Profikarriere sei ausgeschlossen gewesen,
„undenkbar, lächerlich. Er schlug durchschnittlich.138, er konnte einfach
nicht treffen, das steht mal fest.“
Eine Schulfreundin erinnerte sich vor einigen Jahren in der New York Daily
News an einen viele Jahrzehnte zurückliegenden Spaziergang mit ihrem
damaligen Klassenkameraden. Trump forderte sie auf zu erzählen, wie sie
eines seiner besten Spiele erlebt habe. Die junge Frau rekapitulierte
daraufhin den Verlauf des Matches: drei Punkte lag NYMA damals zurück, aber
Trump gelang ein mäßiger Schlag, den immerhin weder „der dritte Baseman
noch der linke Feldspieler rechtzeitig erreichen konnten.
Alle vier unserer Runs waren drin, und wir gewannen“. Diese Sicht der Dinge
machte den derzeitigen Präsidentschaftskandidaten leicht ungehalten, er
bestand darauf, dass er den Ball bei diesem Spiel „aus dem Stadion
geschlagen“ habe. Was, wie so vieles, nicht den Tatsachen entsprechen kann,
denn das Match hatte bloß auf dem Trainingsplatz stattgefunden.
## Und nun zum Fotball
Nach der NYMA besuchte Trump die Fordham University und die Universität von
Pennsylvania. Baseball spielte er dort nicht. Immerhin, ein Baseballfan ist
er wirklich, in den vergangenen Jahrzehnten versuchte er immer wieder, ein
Profi-Team zu kaufen. Er schaffte es nie, was vielleicht ein großes Glück
für die Sportart war, denn seine Bemühungen, Besitzer eines NFL-Teams zu
werden, endeten mit der Pleite einer kleineren Liga.
1983 hatte er nach mehreren erfolglosen Versuchen, ein großes Team zu
erwerben, die „New Jersey Generals“ gekauft, die in der US Football League
(USFL) spielten. Mit viel Geld versuchte er zunächst, die besten
Collegespieler sowie beliebte NFL-Profis zu verpflichten. Und blieb dabei
seinem Geschäftsstil treu: Die vorgegebenen Gehaltsgrenzen der USFL
ignorierte er einfach, dazu verhandelte er nicht etwa diskret mit
NFL-Spielern, sondern leakte sämtliche Details noch während geheimer
Gespräche an die Boulevardpresse. Zeitgleich war sein eigentliches Ziel
weiterhin die NFL, deren Funktionäre er bei geschäftlichen Treffen
allerdings derart überheblich und selbstverliebt behandelte, dass der
damalige Commissioner Leslie Schupak schließlich genug hatte und ihm
mitteilte: „Solange ich oder meine Erben mit der Liga zu tun haben, werden
Sie niemals Besitzer eines NFL-Teams.“
Trump sann umgehend auf Rache. Wie er es schaffte, die USFL-Besitzer dazu
zu bringen, 1986 seinen Plänen für eine direkte Konfrontation mit der NFL
zu stimmen, ist unklar. Eigentlich hätte den Geschäftsleuten klar sein
müssen, warum die USFL überhaupt erfolgreich war: Sie trug ihre Spiele im
Frühjahr während der Pause von NFL und College-Football aus und durfte dann
vertraglich geregelt die Spielstätten der großen Konkurrenz nutzen. Aber
Trump lockte großmäulig mit einer Klage der Liga wegen des
Antitrust-Gesetzes, die auf jeden Fall erfolgreich sein werde und
Milliarden in die Kassen der Vereinsbesitzer spülen werde. Im Prinzip, so
Trump, werde die NFL nach dem Urteil pleite sein und dann gehöre sie der
USFL.
## Drei Dollar und eine Pleite
Tatsächlich wurden die USFL-Spieltermine geändert und Klage eingereicht,
weil die NFL sich weigerte, ihre Stadien zur Verfügung zu stellen und
Fernsehsender lieber die Matches der großen Liga übertrugen. Alten
Zeitungsberichten zufolge machte der Immobilienmillionär während des
Prozesses keinen guten Eindruck auf die Jury, eine Jurorin sagte später, er
habe arrogant und durchtrieben gewirkt.
Am Ende wurde die NFL tatsächlich verurteilt, allerdings nur zu einem
Schadenersatz in Höhe von drei (tatsächlich: drei) Dollar. Die finanzielle
Schieflage der USFL sei, so das Gericht, von der USFL durch die
eigenmächtigen Spielplanänderungen selbst verschuldet worden. Die Liga ging
danach pleite, Trump verlor 22 Millionen Dollar.
Dass Trump wohl kein großes Baseballtalent war, hinderte ihn übrigens im
März 2023 nicht daran, [2][unsportlich mit einem Schläger zu posieren] – im
Rahmen eines mehrteiligen Wutanfalls auf Social Media anläßlich der
Anklageerhebung gegen ihn wegen der Schweigegeldzahlungen an die
Pornodarstellerin Stormy Daniels; da hatte er in einer Fotomontage mit dem
Baseball-Bat auf den Kopf des zuständigen New Yorker Distriktstaatsanwalts
Alvin Bragg gezielt.
1 Nov 2024
## LINKS
[1] https://slate.com/culture/2020/05/donald-trump-baseball-high-school-nyma.ht…
[2] https://x.com/nypost/status/1639545429804351493?lang=en
## AUTOREN
Elke Wittich
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Baseball
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