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# taz.de -- UKs Konservative in der Krise: Aus Nigeria an die Spitze der Tories
> Kemi Badenoch setzt sich bei der Urwahl zur neuen Führung der britischen
> Konservativen klar durch. Der rechte Flügel wird nun von Nigel Farage
> umworben.
Bild: Kann sich kaum halten vor Freude: Hamish Badenoch, Ehemann der neuen Tori…
London taz | Sie folgt auf Schwergewichte wie Winston Churchill, Margaret
Thatcher oder [1][Boris Johnson]. Seit Samstag ist Kemi Badenoch,
aufgewachsen in Nigeria, 44-jährige Mutter dreier Kinder und ehemalige
Handels- und Gleichstellungsministerin, [2][die neue Vorsitzende der
britischen Konservativen]. Olukemi Olufunto Adegoke, wie ihr voller Name
vor ihrer Ehe mit Hamish Badenoch lautete, ist die vierte weibliche
Parteichefin der Tories und folgt in diesem Amt auf den indischstämmigen
Rishi Sunak.
Sie ist die erste Führerin einer großen europäischen Partei mit direktem
afrikanischem Familienhintergrund überhaupt. „Ich bin froh, dass es zeigt,
dass es in meinem Land und meiner Partei keinen Unterschied macht, wie man
aussieht“, sagte sie in ihrem ersten TV-Interview am Sonntag. „Was ich
nicht will, ist, dass es zum Hauptthema wird.“
Badenoch hat den Ruf, dass sie gradlinig spricht, ohne Scheuklappen. Das
brachte ihr den Sieg in der Basisabstimmung bei den gut 130.000 Mitgliedern
der Konservativen, mit 56,5 Prozent der Stimmen gegen ihren Kontrahenten
Robert Jenrick, ehemaliger Staatssekretär für Einwanderung, der als
Kandidat des migrationsfeindlichen rechten Parteiflügels galt.
Es ist der niedrigste Sieg bei einem Basisvotum der Konservativen,
analysiert der konservative Sunday Telegraph, und die Mitgliederzahl der
Partei liegt bei einem Rekordtief, ebenso die Zahl ihrer Abgeordneten, die
bei den Parlamentswahlen im Juli von 365 auf 121 Sitze einbrach.
## Badenoch betont gerne: Es gehe ihr um Prinzipien
Badenoch kommt ebenfalls aus dem rechten Flügel der Partei, so vertritt sie
ausgesprochen konservative Positionen in der Gender- und Identitätspolitik.
Kein Wunder, dass manche Linke auf ihre Wahl allergisch reagieren. Die
Labour-Abgeordnete Dawn Butler, Tochter jamaikanischer Einwanderer und
einst Mitglied des Schattenkabinetts Jeremy Corbyns, teilte eine
nigerianische Bewertung Badenochs als „schwarzes Gesicht weißer
Vorherrschaft“. Sie scheint den Post inzwischen gelöscht zu haben.
Labour-Premierminister Keir Starmer begrüßte Badenochs Wahl hingegen als
„stolzen Augenblick für unser Land“, ebenso der schwarze
Labour-Außenminister David Lammy, der ausgerechnet an diesem Sonntag nach
Nigeria reist. Die Londoner linke Labour-Abgeordnete Florence Eshalomi,
selbst mit nigerianischem Familienhintergrund, gratulierte Badenoch sogar
auf Yoruba.
Während des Wahlkampfs betonte Badenoch immer, es gehe jetzt in der
Opposition nicht um Programmpunkte, sondern um Prinzipien. „Es geht darum,
was konservativ in den nächsten 5, 10 und 20 Jahren bedeutet“, sagte sie am
Samstag. Ihr Ziel sei, „dass wir bis zur nächsten Wahl nicht nur klare
konservative Versprechen haben, die dem britischen Volk gefallen, sondern
einen klaren Plan, wie diese umzusetzen sind, einen klaren Plan, wie man
dieses Land verändern kann, indem man die Art und Weise verändert, wie die
Regierung arbeitet“.
Robert Jenrick hatte im Gegensatz zu ihr Programmatik betont, etwa den
britischen Austritt aus der europäischen Konvention für Menschenrechte, um
eine harte Asylpolitik zu ermöglichen – das fordert auch Nigel Farages
Partei Reform UK. Farage reagierte auf Badenochs Wahl prompt mit der
Meinung, die neue Tory-Chefin werde „nichts“ ändern, und rief Jenricks
Anhänger auf, zu Reform UK zu wechseln.
## Bis Dienstag soll das Schattenkabinett ernannt werden
Kann Badenoch die Selbstzerfleischung ihrer Partei beenden? Pünktlich zu
ihrer Wahl sah ein britisches Meinungsforschungsinstitut die Konservativen
zum ersten Mal seit drei Jahren in einer Wahlumfrage vor Labour. Doch die
Tory-Schwergewichte haben bereits ihre Mitarbeit abgesagt.
Ex-Premierminister Rishi Sunak zieht sich zurück, ebenso Ex-Finanzminister
Jeremy Hunt und Exinnenminister James Cleverly, der erfolglos für die
Parteiführung kandidiert hatte.
Es wird gemunkelt, dass Badenoch vor allem auf Abgeordnete ihrer eigenen
jungen Generation setzt. Ihr Schattenkabinett will sie bis Dienstag ernannt
haben, ihren ersten großen Auftritt hat sie am Mittwoch in der
wöchentlichen parlamentarischen Fragestunde des Premierministers. Mit ihrer
Direktheit und ihrer Vita könnte Kemi Badenoch [3][gegen weiße Männer wie
Keir Starmer] und auch Nigel Farage punkten.
3 Nov 2024
## LINKS
[1] /Labours-Probleme-in-Grossbritannien/!6035375
[2] /Tories/!t5008669
[3] /Labour-Wahlsieg-in-Grossbritannien/!6021726
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
## TAGS
Tories
Großbritannien
Nigel Farage
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