| # taz.de -- Rechtsradikalismus in Rumänien: Fragwürdige Heilige | |
| > Rumäniens orthodoxe Kirche hat drei frühere rechtsradikale Geistliche in | |
| > den Stand der Heiligen versetzt. Sie hätten Wunder vollbracht. | |
| Bild: Die Hände des ehemaligen rechtsextremen Ilie Lăcătuşu, der von der ru… | |
| Berlin taz | Das Landesinstitut für das Studium des rumänischen Holocaust | |
| „Elie Wiesel“ (INSH-EW) hat in einer Presseerklärung seine Betroffenheit | |
| über den Beschluss der rumänisch-orthodoxen Kirche (BOR) geäußert, 16 | |
| Geistliche in den Stand der Heiligen zu versetzen. Unter ihnen befinden | |
| sich auch drei Rechtsradikale und frühere [1][Befürworter der rumänischen | |
| Faschistenorganisation, der Legion des Erzengels Michael]. | |
| Namentlich erwähnt werden in der Mitteilung die Geistlichen Ilie Lăcătuşu | |
| (1909-1983), Ilarion Felea (1903-1961) und Dumitru Stăniloae (1903-1993). | |
| Seit der Wende 1989 wurden die drei Priester in rechtsextremen und | |
| fundamentalistischen Kreisen als „Gefängnisheilige“ und Märtyrer | |
| dargestellt, weil sie während der kommunistischen Zeit inhaftiert waren. | |
| Trotz einschlägiger Beweise, durch die das Wiesel-Institut deren | |
| ultrarechte und antisemitische Haltung in den 1930er und 1940er Jahren | |
| belegte, hält die Kirchenführung an ihrem Beschluss fest. In einer | |
| offiziellen Stellungnahme des Pressesprechers der Patriarchie sowie in | |
| einem in der Kirchenzeitung Lumina (Das Licht) veröffentlichten Artikel | |
| heißt es, dass viele Heilige als Menschen Fehler gemacht hätten und man | |
| deren Entwicklung bis zum Lebensende berücksichtigen müsse. In den | |
| offiziellen Erklärungen werden auch Kriterien aufgezählt, die bei einer | |
| Heiligsprechung berücksichtigt werden müssten, wie die Vollbringung von | |
| Wundern. | |
| Als „Wunderheiliger“ wird seit über zwei Jahrzehnten Ilie Lăcătuşu vere… | |
| Seine Angehörigen ließen den 1983 verstorbenen Pfarrer 1998 umbetten. Die | |
| mumifizierte Leiche wurde in einer kapellenähnlichen Gruft auf dem Friedhof | |
| „Mariä Himmelfahrt“ ausgestellt, der im Bukarester Viertel Giuleşti liegt. | |
| Nachdem sich herumgesprochen hatte, dass die Berührung der in | |
| priesterlichem Ornat gekleideten Reliquie Lăcătuşus Wunder vollbringen | |
| würde, pilgerten Tausende Gläubige zum Friedhof. | |
| ## Wundersame Heilungen | |
| Die Boulevardpresse, kirchennahe und rechtsnationalistische Publikationen | |
| berichteten von wundersamen Heilungen kinderloser Frauen, Krebskranker und | |
| Menschen mit Behinderungen. Über die Mitgliedschaft Lăcătuşus in der | |
| rechtsextremen Faschistenorganisation, der Legion des Erzengels Michael | |
| (auch als Eiserne Garde bekannt) schwiegen sich die Befürworter der | |
| Heiligsprechung aus. Ebenso über seine Tätigkeit als Missionar in dem | |
| während des 2. Weltkriegs von Rumänien eroberten und verwalteten | |
| Transnistrien, das heute zur Republik Moldau gehört. | |
| Transnistrien war auch die Region, in die das mit Hitlerdeutschland | |
| verbündete rumänische Regime ab 1941 ukrainische und rumänische Juden | |
| deportierte. Ungefähr 300.000 sind in den KZ-ähnlichen Einrichtungen ums | |
| Leben gekommen. | |
| Die Deportationen begrüßte auch das von dem nun heiliggesprochenen | |
| Theologen Dumitru Stăniloae geleitete Blatt „Telgraful Român“. In einem im | |
| November 1941 veröffentlichten Bericht befürwortete das Blatt die | |
| Verschleppung der Juden aus Chişinău (heute Hauptstadt der Republik Moldau) | |
| und die Säuberung der Stadt von dem „jüdischen Aussatz“. Die gleiche | |
| Maßnahme möge nun auch in allen anderen rumänischen Provinzen folgen. | |
| Bereits im Oktober 1941 fand in dem von rumänischen Truppen besetzten | |
| Odessa eines der grauenvollsten Massaker an der jüdischen Bevölkerung | |
| statt. Über 20.000 Juden wurden in der Stadt ermordet. | |
| ## An der Seite Francos | |
| Im Herbst 1940 pries Stăniloae die Machtübernahme durch die Legionäre und | |
| den Hitlerverbündeten General Ion Antonescu. Dass Stăniloae sich nach 1990 | |
| nicht von seinen früheren Überzeugungen distanziert hatte, beweist sein | |
| Vorschlag, zwei Eisengardisten heiligzusprechen, die während des spanischen | |
| Bürgerkriegs als Freiwillige an der Seite Francos gefallen waren. | |
| Auch der Theologe Ilarion Felea, der wie Lăcătuşu Mitglied der Eisernen | |
| Garde war, hatte in der von ihm redigierten Zeitung Biserica şi Şcoala | |
| (Kirche und Schule) zahlreiche antisemitische Beiträge veröffentlicht, | |
| gegen die Freimaurer gewettert und das Verbot so genannter religiöser | |
| Sekten durch das militärfaschistische Regime gutgeheißen. | |
| „Das gesamte rumänische Volk stimmt der begonnenen Säuberung zu. Jeder | |
| Rumäne pflichtet den Maßnahmen General Antonescus bei. […] Unter dem | |
| legionaristischen Regime werden sich die Sekten nicht weiter verbreiten, | |
| die Freimaurerlogen aufgelöst und aus der Öffentlichkeit verbannt so wie | |
| die beseitigten politischen Parteien“, hieß es im September 1940 in dem | |
| Blatt Feleas. | |
| Die Patriarchie bleibt bei ihrem Heiligsprechungsbeschluss und ignoriert | |
| jegliche Einsprüche. Auch den zuletzt von der israelischen Diplomatin, | |
| Colette Avital. In einem Brief fordert die Vorsitzende des Dachverbands von | |
| 58 Holocaust-Organisationen den Patriarchen auf, die Kanonisierung der drei | |
| Geistlichen zu überdenken, weil diese als „moralische Modelle“ ungeeignet | |
| seien. | |
| 2 Aug 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| William Totok | |
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