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# taz.de -- Tierschutz bei Olympia: Kratzer im Gold
> Die deutschen Reiter:innen gewinnen Gold- und Silber. Was im
> Erfolgsrausch untergeht: die Diskussion über mehr Tierschutz im
> Reitsport.
Bild: Ob Checker nicht lieber den Blumenschmuck fressen würde, als über das H…
Berlin taz | Für die deutschen Reiter:innen hagelte es bislang
Medaillen, Gold im Einzel in der Vielseitigkeit, Gold und Silber in der
Dressur, dort auch noch Mannschaftsgold. Nach den Vielseitigkeits- und
Dressurreiter konnten nun auch die Springreiter nachlegen: Christian Kukuk
gewann mit dem Schimmel Checker die Goldmedaille im Einzelwettbewerb, vor
dem Schweizer Steve Guerdat auf Dynamix und Maikel van der Vleuten auf
Beauville.
Vor vollbesetzten Zuschauerrängen zeigten die Reiter:innen auf ihren
wunderbaren Pferden schöne Bilder im Schlosspark von Versailles. Fragt
sich, bei aller Begeisterung, nur: Was macht all das Edelmetall mit der
dringenden Diskussion darüber, wie es weitergehen soll mit der Reiterei bei
[1][Olympia]?
Bislang verläuft diese Diskussion immer nach demselben Schema. Ein Video
taucht auf, etwa aus dem Stall des dänischen Dressurreiters Andreas
Helgstrand oder, aktuell, von der britischen Dressurreiterin und
Olympiafavoritin Charlotte Dujardin oder dem österreichischen Springreiter
Max Kühner. Darin sind massive Tierquälereien zu sehen, Pferde werden mit
Peitschen geschlagen, grob geritten, man schlägt ihnen Stangen gegen die
Beine. Akteure aus dem Reitsport – Aktive, Kommentatoren, Funktionäre –
zeigen sich entsetzt über diese Misshandlungen und betonen, mit gutem
Reiten habe das nichts zu tun, man sei wütend, traurig, fassungslos ob der
Bilder.
Umso verstörender ist allerdings, was vor allem der Dressursport im
Schlosspark von Versailles darbot. Man sah Pferde, so eng geritten, dass
sie sich beim Laufen fast in die Brust bissen. Ohne Schmerzen in Hals und
Rücken geht das nicht. Man sah Pferde, die sich mit offenem Maul und
heraushängender Zunge gegen zu harte Reiterhände wehrten.
Doch weder bestraften das die Richter:innen, noch erwähnten es die
Kommentatoren. Und so prächtig sich die Trakehnerstute Dalera unter Jessica
von Bredow-Werndl bei ihrem Goldritt präsentierte – man hätte doch von der
Reiterin anschließend gerne erklärt bekommen, warum die Stute
ununterbrochen mit dem Schweif schlug. Ein Zeichen für Zufriedenheit ist
das nicht.
Es scheint, als wären alle Debatten über den Sport vergessen, sobald die
Stars das Viereck betreten, als hätten weder Richter:innen noch
Kommentator:innen den Schuss gehört. Woran das liegt? Es ist ein sehr
kleiner Kreis, der da zusammen arbeitet. Der teils gefeierte, teils
verspottete ARD-Kommentator Carsten Sostmeier zum Beispiel verdient sein
Geld auch als Sprecher auf Reitturnieren sowie als Produzent von
Imagefilmen für Stall- oder Pferdebesitzer. Die Reiter:innen, die er in
Paris kommentiert: alles potenzielle Kund:innen.
## In Paris war von Reformen noch nichts zu sehen
Isabell Werth gewann ihre 13. Medaillie – was sie zur erfolgreichsten
deutschen Olympionikin macht – mit Wendy. Der Erfolg ist umso beachtlicher,
als sie die Rappstute erst seit einem halben Jahr unter dem Sattel hat. Sie
kommt aus dem Stall von Helgstrand, ihre Besitzerin hatte sie nach dem
„Videoskandal“ aus dem Stall genommen und Werth übergeben.
Wendy präsentierte sich in Paris als hervorragend ausgebildetes Pferd – ein
Werbeträger für Helgstrand, dem man einen großen Anteil an den Medaillen
zuzusprechen gezwungen ist. Werth hat einige Pferde des dänischen
Dressurreiters im Stall und sieht die Videoaufnahmen von [2][Tierquälerei]
dort als „Ausnahmen, nicht als Regelfall“. Man kennt und man schätzt sich.
Wirklich etwas ändern wird sich aber erst, wenn die Akteure verstehen, dass
„der Regelfall“ im Viereck selbst das Problem ist und nicht nur die
skandalöse Ausnahme.
Es ist fraglich, ob die kleine Dressurgemeinschaft es von sich aus schafft,
diesem Sport eine Zukunft zu geben. Völlig unabhängig vom Fall Dujardin
beschäftigt sich laut der Deutschen Reiterlichen Vereinigung eine deutsche
Arbeitsgruppe schon seit einiger Zeit damit, einen Ansatz zu entwickeln, um
den richtigen Ausbildungsweg mit losgelassenen Pferden auf Turnieren
deutlicher zu belohnen und andererseits verspannt gehende Pferde kritischer
zu bewerten, teilt der Verband mit. Vergleichbare Prozesse seien auch auf
internationaler Ebene im Gange.
In Paris war davon noch nichts zu sehen. Derweil wird der Druck von außen
größer: [3][Eine Petition gegen die Misshandlung von Pferden im
Dressursport] haben innerhalb weniger Tage fast 70.000 Menschen
unterschrieben.
6 Aug 2024
## LINKS
[1] /Kommerzsportarten-bei-Olympia/!6025149
[2] /Pferde-im-Karnevalsumzug/!5988641
[3] https://www.change.org/p/stop-horse-abuse-pferdemissbrauch-stoppen-t%C3%A4t…
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
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