| # taz.de -- Verkehrsberuhigung in Schöneberg: Barbarossa behält seine Autos | |
| > CDU, SPD und Linke stellen sich gemeinsam gegen ein grünes Projekt in | |
| > Schöneberg: einen komplett Kfz-freien Barbarossaplatz. | |
| Bild: Um ihn geht’s: den Barbarossaplatz in Schöneberg | |
| Berlin taz | Autofreies Schlendern und Faulenzen auf dem ganzen | |
| Schöneberger Barbarossaplatz? Aus dieser Vision wird wohl nichts: | |
| Vergangenen Donnerstag hat sich der Verkehrsausschuss der BVV | |
| Tempelhof-Schöneberg gegen die vom Bezirksamt favorisierte Variante der | |
| Umgestaltung ausgesprochen, bei der Kraftfahrzeuge den Platz nicht mehr | |
| hätten passieren können. Auf der Ost- und Südseite soll der Platz nun für | |
| Kfz geöffnet bleiben. Auch wenn ein BVV-Beschluss nicht bindend für das | |
| Bezirksamt ist, wird Verkehrsstadträtin Saskia Ellenbeck (Grüne) ihn nicht | |
| ignorieren können. | |
| „Wir gehen auf Grundlage der Beschlussempfehlung jetzt noch einmal in die | |
| Prüfung und werden die Wettbewerbsbedingungen entsprechend anpassen“, sagte | |
| Ellenbeck am Montag zur taz. Das müsse schon bald geschehen, denn „der | |
| Zeitplan ist eng, und wir wollen das Verfahren in diesem Jahr abschließen“. | |
| Die Prüfung sei abzuwarten, „aber es ist davon auszugehen, dass auch | |
| künftig Autos auf dem Barbarossaplatz fahren werden“. | |
| Das Verfahren zur Umgestaltung des Platzes zwischen Grunewald-, | |
| Hohenstaufen-, Goltz- und Martin-Luther-Straße läuft seit einiger Zeit, | |
| angestrebt wird die Umsetzung bis Ende 2026. Das Geld dafür – rund 2,7 | |
| Millionen Euro – kommt zu einem Teil aus dem Fördertopf des Landes für mehr | |
| Modellvorhaben, die den Fußverkehr verbessern, zum anderen aus dem | |
| Bundesprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“. Zur | |
| Beteiligung von BürgerInnen gab es sowohl Veranstaltungsformate als auch | |
| die [1][Möglichkeit, sich auf der Plattform mein.berlin.de] zu äußern. | |
| Zur Auswahl stellte das Straßen- und Grünflächenamt dabei drei Varianten: | |
| Alle sehen vor, die Straße auf einer der vier Platzseiten – vor der | |
| bezirklichen Volkshochschule – zu entwidmen, sodass FußgängerInnen einen | |
| ungestörten Zugang zu der mit einem Brunnen geschmückten Platzmitte haben. | |
| Zwei Varianten sehen darüber hinaus eine Sperrung für Autos auf jeweils | |
| einem weiteren Viertel des Rondells vor. In der dritten, von Ellenbeck und | |
| ihrem Amt favorisierten Variante wäre der gesamte Platz für Autos tabu, | |
| Flächen würden entsiegelt, die zuführenden Straßen zu Sackgassen. | |
| ## Mehrheit bei den BürgerInnen | |
| „Variante 3 wäre für die Zielsetzungen in Sachen Verkehr, Klimaresilienz | |
| und Städtebau die beste“, so Ellenbeck. Tatsächlich hatte diese Variante | |
| auch bei den Beteiligungsformaten am besten abgeschnitten, wenn auch nicht | |
| überall mit einer breiten Mehrheit. Nun einfach durchregieren und das Votum | |
| in der BVV ignorieren, wäre auf Bezirksebene zwar denkbar, gilt aber als | |
| schlechter Stil. Und: „Der Verkehrsausschuss hat sich ja für eine der von | |
| uns vorgestellten Varianten ausgesprochen“, sagt die Stadträtin, die | |
| immerhin hinzufügt, dass solche Beschlüsse „nicht grundsätzlich eins zu | |
| eins umgesetzt“ würden. | |
| Im Ausschuss hatten die VertreterInnen von CDU, SPD und Linken in Form | |
| einer Beschlussempfehlung an die BVV gegen die völlige Autofreiheit | |
| gestimmt, weil diese „nicht zielführend“ sei. Sie argumentierten, bei | |
| dieser Variante gingen zu viele Parkplätze verloren. Die Grünen in der BVV | |
| kritisierten das Votum scharf, ihre fußverkehrspolitische Sprecherin | |
| Annabelle Wolfsturm merkte an, dass vor allem Parkplätze rund um das | |
| Platzrondell wegfallen würden, die offiziell gar keine sind. | |
| Sauer ist auch der Sprecher des Vereins FUSS, Roland Stimpel: „Hier hat | |
| eine große Koalition der Auto-Populisten gewonnen“, findet er, es hätten | |
| sich „ein paar laute Protestierer durchgesetzt“. Verlierer sei „die | |
| Mehrzahl der Menschen in der Umgebung. Sie bekommen nicht die grüne Oase, | |
| die Kinder und alte Leute brauchen und auch alle anderen gern nahe ihrer | |
| Wohnung haben.“ | |
| 15 Jul 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://mein.berlin.de/projekte/machbarkeitsstudie-zur-umgestaltung-des-bar… | |
| ## AUTOREN | |
| Claudius Prößer | |
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