# taz.de -- Die Wahrheit: Der nordische Mustermensch | |
> Schurken, die die Welt beherrschen wollen – heute: Daniel „Leyla“ | |
> Günther, erster Mann zwischen den Meeren von Schleswig-Holstein. | |
Bild: Hängt gern alles an die große Puffglocke: Daniel Günther | |
Politik ist kein Himmelbett. Da wird nicht gekuschelt und geknetet, es wird | |
gebissen und getreten, und wer gestern als überlebensnotwendiger Partner | |
geherzt wurde, wird heute als Konkurrent um die Fleischtöpfe und | |
Schnapsflaschen der Macht in den Rinnstein geworfen und morgen zerstückelt | |
der Müllabfuhr überlassen. | |
Doch es gibt Ausnahmen, Ausnahmen, die im stillen Winkel eines kleinen, | |
unbedeutenden und kaum bekannten Bundeslandes zu leuchten beginnen. Die | |
aufblühen, ohne dass auf ihrem Weg links und rechts die Bäume verdorren. | |
Für diese besonderen Menschen gibt es einen Namen: Daniel Günther. | |
Immer gepflegt, immer sauber, immer bekleidet er sein Amt, ohne jemals | |
unten beim Volk und oben bei der Presse feuchten Anstoß zu erregen. Sein | |
Auftreten lässt vergessen, dass er bezahlter Politiker ist, lässt alle | |
verzeihen, dass er doch Ministerpräsident von Schleswig-Holstein ist und | |
ein Amt innehat, für das gewöhnlich Menschenleben geopfert werden. | |
Aber Daniel Günther ist kein Politiker wie andere, die hinter der | |
Wohnzimmertapete die papierdünn gewalzten Leichen ihrer Rivalen verstecken, | |
er kommt mit Menschen zurecht. Deshalb leiert er auch nicht steif und | |
verspannt seine täglichen Pflichten ab wie so viele im Amt erkaltete | |
Kollegen, nein! Er nimmt sich dick Zeit von der Uhr der anderen, lässt | |
schon mal nach der feierlichen Verabschiedung eines Landrats nicht das Bier | |
warm werden und plaudert bis in die letzten Puppen mit den Leuten, die | |
einfach nicht gehen. | |
## Promille beim Shanty | |
Ja, der Landesvater fraternisiert mit Alltagsmenschen, wie sie überall | |
vorkommen, statt nur mit den starren Ministerialbeamten zu verkehren. Ein | |
Daniel Günther darf mit einem Knäuel Promille im Holsteinerblut sogar den | |
Bierzelt-Shanty „Layla“ singen und „Ich hab ’nen Puff. Und meine Puffma… | |
heißt Layla“ behaupten, ohne dass politisch korrekte Puffmamas sich wegen | |
kultureller Aneignung aufpumpen. | |
Denn Daniel Günther ist von außen bis innen normal, ist der freundliche | |
Nachbar, der zivilisiert gewordene Deutsche, ein leibhaftig gewordenes | |
Vorbild. Ein Engel! Und katholisch ist er ja schon. | |
Dass er seit 2017 ein Amt ausfüllt, das sonst mit Knochenbrechen und | |
Blutvergießen assoziiert wird, das Amt eines Ministerpräsidenten: Paradox | |
scheint es und ist doch PPP, Produkt penibler Planung. Erst mal studierte | |
der Kieler vom milden Nachkriegsjahrgang 1973 in Kiel Politik, | |
Volkswirtschaft und Psychologie, um später in Kiel die Nase in die Kieler | |
Politik, die Kieler Volkswirtschaft und in alle Kieler hineinzustecken. | |
Zugleich dockte er bei der CDU an, lernte bei der Jungen Union und | |
verbrachte die Gesellenzeit beim erwachsenen Kreisverband | |
Rendsburg-Eckernförde; ja, er machte Sitz im Rat der Stadt Eckernförde und | |
im Kreistag – und schob sich in der CDU langsam den Berg hinauf. Das | |
Besondere: Es gelang ihm, erst die Landtagsfraktion und dann die Partei zu | |
übernehmen, ohne einen einzigen Mitbewerber mit Betonfüßen im Großen Plöner | |
See auszuschalten. | |
## Kompromisse auf Rezept | |
Der gute Mensch von Kiel: 2017 war er am Ziel. Und wusste: Um sich | |
weiterhin durchzusetzen, muss man Kompromisse schließen, erst mit den | |
Grünen und Liberalen, seit der Wiederwahl 2022 nur mit den Grünen, und 2027 | |
nur mit der CDU. | |
Sein Rezept: Man muss anderen Erfolge gönnen, solange sie kleiner als die | |
eigenen sind. Oder wie selbstgemacht schmecken: Dass er einer schwarzen | |
Grünen das Familienministerium gönnt, dass er ein Windrad nach dem anderen | |
in die flache Landschaft eintopfen lässt, kommt ihm ebenso zugute wie die | |
Anpflanzung einer schönen Batteriefabrik der schwedischen Firma Northvolt | |
im bisher schönen Dithmarschen. | |
Kleine Flecken konnte Daniel Günther leicht ausbügeln. 2018 schäumte Unmut | |
auf, weil sein Bruder zum Vizedirektor des Kieler Landtages ernannt wurde – | |
die Kritiker übersahen jedoch, dass sein anderer Bruder und seine Schwester | |
eben nicht Vizedirektoren wurden. Und dass er Patenonkel des Sohnes seiner | |
Innenstaatssekretärin inklusive ihres Ehemannes ist, der für die CDU im | |
Europaparlament brütet – er, also: Günther ist eben nicht der Vater! Hat | |
genug eigene Kinder, Stücker zwei! | |
Genug der sachlichen Debatte. Fest steht: Die Zukunft hat für Daniel | |
Günther ihr Maul weit aufgeklappt. Mit Hendrik Wüst, dem einzigen ernst zu | |
beseitigenden Rivalen im Kampf um die Nachfolge von Friedrich Merz, | |
versteht er sich vor aller Augen prächtig. Offen haben sie bei Wahlkämpfen | |
ihre Arme untergehakt, oft treffen sie sich in ihren Staatskanzleien hinter | |
zugezogenem Vorhang und essen vom selben Teller. | |
Auch ein Daniel Günther lernt die Strahlkraft der Macht täglich mehr | |
lieben. Schon wünscht er sich im Grundgesetz einen Bezug auf Gott und damit | |
auf sich. Denn eines Tages wird er der Schöpfer von allem sein und nicht | |
mehr nur von dem Nichts zwischen den Meeren. | |
12 Jul 2024 | |
## AUTOREN | |
Peter Köhler | |
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