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# taz.de -- Piefke-Kopie bei EM: Imitate aus Österreich
> Vorgeblich hassen die Ösis abgrundtief alles, was vom Piefke kommt. Zu
> dieser EM aber imitieren sie fleißig Deutschland.
Bild: Der Piefke ist der Größte: Alaba und Österreichs Bank feiern Rangnick
In ihrer EM-Kampagne erweisen sich die Österreicher als Plagiateure. Sie
kopieren recht auffällig die Deutschen. Das Klauen und Eingemeinden hat in
dem Land, das mit der Heiratspolitik der Habsburger die letzte wirklich
kluge Idee produziert hat, eine gewisse Tradition. Die Mehlspeisen kommen
aus Böhmen, das Saftgulasch aus Ungarn, die gute Musik aus dem Rheinland –
und [1][die taktischen Ideen aus Baden-Württemberg]. Die Österreicher
klammern sich an das Jahr 2006, als die „verfeundeten Nachbarn“, die
Deutschen also, im Berliner Schlosshotel Grunewald abstiegen und bis ins
WM-Halbfinale vorstießen. Dort wohnen jetzt die Österreicher.
Das Schlosshotel im feinen Berliner Ghetto ist eine kommode Herberge, wie
die taz seinerzeit testete, eine Villa, in der greise Filmdiven wunderbar
auf ihre alten Tage wohnen, mitunter auch Stollenträger. Die
Pressekonferenzen der Ösis, die [2][vorgeblich alles abgrundtief hassen,
was vom Piefke kommt], halten sie wie einst Klinsi und Co auf dem Gelände
der Berliner Messe ab, mit dem kleinen Unterschied, dass die
Verlautbarungen nicht im großen Messe-Trumm stattfinden, sondern im
Marshall-Haus. In selbigem war nun am Samstag zu erfahren, dass 92 Prozent
der Ösis einen Sieg im Achtelfinale gegen die Türken erwarten. Sie glauben
wahrscheinlich, auf einer geschichtlichen Traditionslinie zu wandeln, nur
dass Johann III. Sobieski heute Ralf Rangnick I. heißt.
Ein Journalist des Wiener Standard sprach von einer „riesigen Euphorie“
zwischen Mürzzuschlag und Dornbirn. Da denkt man unweigerlich an das Buch
von Christoph Stermann „6 Österreicher unter den ersten 5. Roman einer
EntPIEFKEnisierung“. Der Autor, der einst aus dem Ruhrgebiet nach Wien
überwechselte, bekennt darin, dass er anfangs keine Meinung zu den Ösis
hatte, aber jeder Ösi eine zu den Deutschen. Wer dort mal länger gewohnt
hat, kennt das. Es gilt als ausgemachte Sache, dass die Deutschen nicht nur
klugscheißerisch und steif sind, sondern blöderweise auch besser Fußball
spielen können. Jahrzehntelang fühlten sich die Kicker von Sturm, Rapid
oder der Austria unterlegen, dieses Gefühl wurde nur unterbrochen durch den
[3][100. Aufguss des Cordoba-Mythos].
## Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Aber jetzt: Scheint sich doch etwas getan zu haben, wie auch der „Non
playing Captain“ der Österreicher, David Alaba, bekannte. Der Defensive ist
noch rekonvaleszent, aber in Berlin am Start. Er sprach von einem
achtjährigen Prozess, der alles verändert habe. Die Qualität der Mannschaft
sei nun eine andere, sagte er. „Die Erwartungshaltung ist hoch, das wissen
wir schon.“
Aber man lasse sich nicht verrückt machen. Man mag ihm Glauben schenken,
aber noch jedes Mal in der jüngeren Vergangenheit scheiterte das Team an
der Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Alaba selbst fußballerte
als omnipräsenter Wunderwuzzi dagegen an, allein, es half nicht. Vielleicht
klappt es jetzt mit der Piefkenisierung der Ösis. Auf dass der Geist von
Grunewald in den Kopisten des ÖFB wiederaufleben möge!
30 Jun 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Markus Völker
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